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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin
Autoren: Andrea Schacht
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Außer wir müssen lange Fußwege zurücklegen. Meine Pfoten würde ich mir ungern mit dem Staub der Großstadt besudeln. Vielleicht hast du eine einigermaßen geräumige und elegante Tasche für solche Gelegenheiten?«
    »Habe ich nicht«, wies ich sie kurz an und ging in mein Schlafzimmer, um mich etwas passender anzuziehen. Ein dunkler Rock, dunkler Rolli, Perlenkette, dunkle Pumps. Haare zum Knoten einschlagen, dezenter Lippenstift, fertig.
    Ich trat in den Flur, da saß Minni auf meiner Schultertasche, ein voluminöses Behältnis, in dem man auch mal einen Ordner verstecken konnte. Sie hatte die Tasche vom Garderobentisch gezerrt und entleert.
    »Die ist in Ordnung. Darin kannst du mich bequem tragen.«
    »Minerva, mach dich vom Acker!«
    Ein Ratsch – und meine Strumpfhose bestand nur noch aus Laufmaschen. Überzeugt!
    Mit einigen Minuten Verspätung brachen wir auf, Minni in der Umhängetasche, Kopf und Schwanz anmutig über Bord gehalten. Ich schwieg sie an, sie schwieg zurück. Im Auto verhielt sie sich diszipliniert und sah sich nur interessiert die vorbeifliegende Landschaft an.
    Mandy empfing uns in Designerjeans und einem unmöglichen grünen Sweatshirt mit der Aufschrift: »Ich bin jünger, als ich aussehe«.
    »Ach, du hast ein Kätzchen, wie niedlich. Ich hab mir schon immer gedacht, dass dir ein wenig Gesellschaft fehlt. Kommt herein.«
    Ich stolperte fast über die blassblaue Schalenkoffer-Kollektion, die sich in dem grau-weißen Flur stapelte. Bei Mandy ist immer alles schlicht und schön – sie ist eine Ästhetin in der Minimierung. Nie Muster, nie Schnörkel – und trotzdem schafft sie es, ihre Wohnung aussehen zu lassen, als sei sie von lebendigen Menschen bewohnt. Minni sprang sofort aus der Tasche und sah sich begeistert um. Die Koffer mussten ausgiebig beschnuppert werden, und ich hätte sie zu gerne gefragt, was sie aus den Düften erfuhr. Aber bevor ich mich vor Mandy mit meinen überspannten Selbstgesprächen blamierte, verhielt ich mich lieber ruhig.
    Wir nahmen an dem niedrigen Sofatisch aus dickem Glas Platz, und Mandy reichte mir eine Tasse Kaffee mit einem Sahnehäubchen.
    »Ich mag keine Sahne, Mandy, das weißt du doch.«
    »Du kannst ein paar Gramm mehr vertragen, stell dich nicht so an.«
    »Wenn du sie nicht magst, gib sie mir.«
    Minni war neben mir auf das Sofa gesprungen und linste gierig auf meine Tasse.
    »Runter da, Minni. Auf diesen Möbeln hast du nichts zu suchen.«
    »Lass sie nur. Katzen sind saubere Tiere. Hier, Schätzchen, etwas Sahne für dich.« Ich stöhnte leise auf, und Mandy kicherte. »Außerdem muss man Katzen verwöhnen, mhh, mein kleiner Schnurrtiger?«
    »Da hörst du es!«
    »Wie heißt sie?«
    »Minerva, aber ich darf sie Minni nennen.«
    »Ich auch, nicht wahr, Minni?«
    Mandy kraulte ihr das weiße Kinn, und ein gewaltiges Schnurren dröhnte durch die ganze Katze. Heftig rieb sie ihren Kopf in Mandys Hand hin und her und hielt die Augen voller Genuss geschlossen. Blödes Vieh.
    »Sehr edel, die Kleine, eine Orientalin auf jeden Fall. Hast du sie von einem Züchter?«
    »Nein, sie hat mich sozusagen adoptiert. Am Donnerstag bestand sie darauf, eingelassen zu werden, seitdem teilen wir Futter und Heim.«
    »So ist es wahrscheinlich auch am besten. Achte darauf, dass Kathy dich gut behandelt, Minerva!«
    »Da kannst du aber sicher sein, Mandy«, gurrte Minni, wobei sie verzückt die Augen rollte.
    Ich hasse es, wenn man mich Kathy nennt, aber verbieten konnte ich es meiner Großmutter wohl kaum. Außerdem gefiel mir die Richtung nicht, die das Gespräch nahm, und ich lenkte die Unterhaltung auf das eigentliche Thema.
    »Ja, also, hast du irgendwelche Unterlagen über unsere Familie, die ich meiner Bekannten zeigen kann?«
    »Tja, Kathy, ich habe vorhin schon überlegt, was du meinen könntest. Aber weißt du, nach dem Tod meiner Mutter – Oma Elfriede, erinnerst du dich? –, da habe ich den ganzen alten Plunder ausgemistet und so einem Entrümpelungsteam überlassen. Die haben mir ein paar Hunderter bezahlt, weil sie das Zeug auf dem Flohmarkt verkaufen wollten. Es wunderte mich, dass sie der Meinung waren, dafür noch etwas zu bekommen. Es war wirklich Plunder. Gut, vielleicht ein paar alte Bücher, die Sammeltassen, ein Ölschinken mit einem kitschigen Schutzengel, alte Kleider, vermutlich noch aus dem letzten Jahrhundert …«
    »Das bringt heute wahrscheinlich ein Vermögen«, flüsterte ich resigniert. Aber das war alles schon vor sechzehn oder
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