Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
dem Gefängnis kenne, alte Freunde. Sie waren gut, aber du hast ihnen die Sache leicht gemacht.
    Sie haben eine Wanze unter dem Stoßfänger deines schnuckeligen kleinen Autos angebracht und dich über das GPS-Satellitensystern verfolgt. Wir wussten immer, wo du warst. Ein Kinderspiel.«
    »Warum hast du das Haus niedergebrannt?«
    »Ich streite jegliche Gesetzesübertretung ab«
    »Wegen der Versicherung? Oder um mich ganz vom Erbe auszuschlie-
    ßen?«
    Forrest schüttelte den Kopf, er leugnete alles. Die Tür öffnete sich, und Allison steckte ihr langes, eckiges Gesicht herein. »Alles in Ordnung hier drin?«
    »Ja, danke, uns geht es super.«
    »Noch sieben Minuten.« Damit schloss sie die Tür. Eine Ewigkeit lang schienen beide irgendwelche Punkte auf dem Boden anzustarren. Von draußen war kein Geräusch zu hören.

    »Ich wollte nur die Hälfte, Ray«, sagte Forrest schließlich.
    »Du kannst jetzt die Hälfte haben.«
    »Dafür ist es zu spät. Inzwischen weiß ich, was ich mit dem Geld anfangen werde. Du hast es mir gezeigt.«
    »Ich hatte Angst davor, dir das Geld zu geben, Forrest.«
    »Angst?«
    »Angst, dass du dich damit umbringen würdest.«
    »Tja, und dabei sitze ich hier.« Forrests rechter Arm beschrieb eine Geste, die den Raum, die Ranch, ja den gesamten Staat Montana umfasste.
    »Das tue ich mit dem Geld. Man kann nicht gerade behaupten, dass ich mich umbringe, oder? Ich bin wohl doch nicht ganz so verrückt, wie alle dachten.«
    »Ich habe einen Fehler gemacht.«
    »Was für einen Fehler? Den Fehler, dich erwischen zu lassen? Den Fehler, mich für einen kompletten Idioten zu halten? Die Hälfte des Geldes zu wollen?«
    »Alles.«
    »Ray, auch ich habe Angst davor, es zu teilen, genau wie du. Angst davor, dass dir das Geld zu Kopf steigt, dass du es für Flugzeuge und in Kasinos ausgibst. Du könntest ein noch größeres Arschloch werden, als du ohnehin schon bist, Ray. Davor muss ich dich schützen.«
    Ray verlor die Beherrschung nicht. Bei einer Prügelei mit seinem Bruder konnte er nur verlieren. Am liebsten hätte er ihm mit einem Baseballschlä-
    ger eins übergezogen, aber was hätte das gebracht? Selbst wenn er ihn erschießen würde, würde er das Geld nicht finden.
    »Und wie sehen deine Pläne aus?«, fragte er so beiläufig wie möglich.
    »Keine Ahnung, ich habe mich noch nicht festgelegt. In der Therapie träumt man viel, aber sobald man herauskommt, erscheinen einem alle Träume albern. Auf jeden Fall gehe ich nicht nach Memphis zurück. Zu viele alte Freunde dort. Und nach Clanton auch nicht. Ich werde mir irgendwo eine neue Heimat suchen. Was ist mit dir? Was wirst du tun, jetzt, wo du die Chance deines Lebens verspielt hast?«
    »Ich hatte früher ein Leben, Forrest, und das habe ich auch jetzt noch.«
    »Sehr richtig. Du sackst pro Jahr hundertsechzigtausend Dollar ein, und ich wage zu bezweifeln, dass du hart dafür arbeitest. Keine Familie, keine hohen Fixkosten, jede Menge Geld, um zu tun, was du willst. Du hast doch alles. Gier ist ein merkwürdiges Phänomen, nicht wahr, Ray? Du findest drei Millionen Dollar und beschließt, du brauchst alles. Nichteinen Cent für deinen verkorksten kleinen Bruder, nicht einen einzigen miesen Cent.

    Du nimmst dir das Geld und versuchst, damit abzuhauen.«
    »Ich wusste nicht, was ich mit dem Geld anfangen sollte, genau wie du.«
    »Aber du hast es genommen, alles, den ganzen Batzen. Und du hast mich belogen.«
    »Das stimmt nicht. Ich habe es nur in Verwahrung genommen.«
    »Und es ausgegeben - in Kasinos, für Flugzeuge.«
    »Nein, verdammt! Ich spiele nicht, und ich miete schon seit drei Jahren immer wieder mal eine Maschine. Ich hatte das Geld in Verwahrung genommen, Forrest, um in Ruhe überlegen zu können. Das alles ist doch kaum fünf Wochen her.«
    Der Ton war lauter geworden, und das Echo hallte in dem leeren Raum.
    Allison warf einen Blick ins Zimmer, bereit, das Gespräch zu beenden, sollte der Patient unter Stress stehen.
    »Hör mir doch eine Minute zu«, sagte Ray. »Wir wussten beide nicht, was wir mit dem Geld anfangen sollen. Kaum hatte ich es gefunden, begann jemand, mich zu terrorisieren, und ich vermute, das warst du mit deinen Kumpeln. Da kannst du es mir wohl kaum verdenken, dass ich mit dem Geld die Flucht ergriffen habe.«
    »Du hast mich belogen.«
    »Und du hast mich belogen. Du hast nicht mit Vater gesprochen, du hast neun Jahre lang keinen Fuß in das Haus gesetzt - alles gelogen, Forrest, alles Teil eines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher