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Der Report der Magd

Der Report der Magd

Titel: Der Report der Magd
Autoren: Margaret Atwood
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Jahrhundert, Universität Cambridge, England.
     
    C RESCENT M OON :
    Es ist mir eine Ehre, Sie alle heute morgen hier willkommen heißen zu dürfen, und ich freue mich zu sehen, daß so viele von Ihnen zu Professor Pieixotos zweifellos faszinierendem und lohnendem Vortrag erschienen sind. Wir von der Vereinigung für Gileadforschung glauben, daß diese Periode durchaus zu weiteren Forschungen einlädt, war sie doch letztlich auch verantwortlich für den Neuentwurf der Weltkarte, besonders dieser Hemisphäre. Doch bevor wir beginnen, noch einige Ankündigungen. Die Angel-Expedition findet wie geplant statt, und diejenigen von Ihnen, die keine geeignete Regenkleidung und kein Insektenmittel mitgebracht haben, erhalten beides gegen eine geringe Gebühr im Tagungsbüro. Die Wanderung und das Open Air-Volksliedersingen in historischen Trachten sind auf übermorgen verschoben worden, da unser unfehlbarer Professor Johnny Running Dog uns für diesen Tag eine Unterbrechung des Regenwetters zusichert.
    Erlauben Sie mir, daß ich Sie noch an die anderen unter der Schirmherrschaft der Vereinigung für Gileadforschung stattfindenden Unternehmungen erinnere, die Ihnen im Verlauf dieser Tagung als Teil unseres Zwölften Symposions angeboten werden. Morgen nachmittag wird Professor Gopal Chatterjee von der Abteilung Westliche Philosophie an der Universität Baroda in Indien über »Krishna- und Kali-Elemente in der Staatsreligion der frühen Gileadperiode« sprechen, und am Donnerstag ist eine morgendliche Darbietung von Professor Sieglinda van Buren von der Abteilung Militärgeschichte an der Universität San Antonio in der Republik Texas vorgesehen. Professor van Buren wird einen, wie ich sicher bin, faszinierenden Lichtbildervortrag halten über »Die Warschau-Taktik: Die Politik der Einkreisung städtischer Kerne in den Gileadischen Bürgerkriegen«. Ich bin überzeugt, wir alle werden nur zu gern daran teilnehmen.
    Ich muß auch unseren Hauptvortragenden noch daran erinnern – obwohl das sicherlich überflüssig ist –, sich an die vorgegebene Zeit zu halten, da wir den Wunsch haben, daß Raum für Fragen bleibt, und da ich annehme, daß niemand von uns das Mittagessen versäumen möchte, wie das gestern vorgekommen ist. (Gelächter.)
    Professor Pieixoto bedarf wohl kaum einer Einführung, da er uns allen wohlbekannt ist, wenn nicht persönlich, so doch durch seine extensiven Publikationen, darunter: »Luxusgesetze im Spiegel der Zeiten: Eine Analyse von Dokumenten« und die bekannte Studie: »Iran und Gilead: Zwei Monotheokratien des späten Zwanzigsten Jahrhunderts im Licht von Tagebüchern«. Wie Sie alle wissen, ist er, zusammen mit Professor Knotly Wade, ebenfalls Cambridge, Herausgeber des Manuskripts, das heute Gegenstand unserer Betrachtung ist, und hat zur Niederschrift und Kommentierung des Manuskripts wesentlich beigetragen. Der Titel seines Vortrags lautet: »Probleme der Authentisierung in Bezug auf den Report der Magd«.
    Herr Professor Pieixoto, bitte.
    Applaus.
     
    P IEIXOTO :
    Ich danke Ihnen. Ich bin überzeugt, so wie wir alle gestern abend beim Dinner unseren vorzüglichen arktischen Salm genießen konnten, haben wir jetzt den ebenso vorzüglichen arktischen Psalm des Vorsitzenden genossen. Ich gebrauche das Wort »genießen« hier in zwei unterschiedlichen Bedeutungen, wobei ich die dritte, veraltete Bedeutung selbstverständlich ausschließe. ( Gelächter.)
    Doch lassen Sie mich zur Sache kommen. Ich möchte gern, wie der Titel meiner kleinen Plauderei andeutet, einige der Probleme betrachten, die mit dem sogenannten Manuskript verknüpft sind, das Ihnen allen inzwischen wohlbekannt ist und das den Titel Der Report der Magd trägt.
    Ich sage sogenannt, denn was wir vor uns haben, ist nicht das Werk in seiner originalen Form. Strenggenommen war es kein Manuskript, als es entdeckt wurde, und trug keinen Titel. Die Überschrift »Der Report der Magd« wurde ihm von Professor Wade beigefügt. Diejenigen unter Ihnen, die wie ich das Vergnügen haben, Professor Wade auch persönlich zu kennen, werden verstehen, wenn ich sage, daß alle Anspielungen, davon bin ich fest überzeugt, absichtlich waren, insbesondere jene, die mit der archaischen Vulgärbedeutung des Wortes Report zu tun haben; der Report war, bis zu einem gewissen Grade, die Darstellungsform gewissermaßen aller Befriedigungen, an die man sich in jener Phase der Gileadischen Gesellschaft, von der unsere Saga handelt, sicherlich sehnsüchtig
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