Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
wir in den letzten sechs Monaten aufgetan haben.
    Die Kanzlei hat dreitausendvierhundert Dollar auf der Bank und ein paar offene Rechnungen.
    Wir einigen uns über die Details, während wir essen, und der geschäftliche Aspekt der Trennung ist leicht. Nicht dagegen das persönliche Auseinandergehen. Deck hat keine Zukunft. Er kann das Anwaltsexamen nicht bestehen, und er kann nirgendwo hingehen. Er wird ein paar Wochen damit verbringen, meine Fälle abzuwickeln, aber ohne einen Bruiser oder einen Rudy, die ihm eine Fassade liefern, kann er nichts unternehmen. Das wissen wir beide, aber es bleibt unausgesprochen.
    Er gesteht mir, daß er pleite ist. »Glücksspiel?« frage ich.
    »Ja. Es sind die Casinos. Kann mich einfach nicht von ihnen fernhalten.« Er ist jetzt entspannt, scheinbar die Ruhe selbst. Er beißt ein großes Stück von einer Gewürzgurke ab und zermalmt es laut.
    Als wir im letzten Sommer unsere Kanzlei eröffneten, hatten wir gerade jeweils einen gleich hohen Anteil aus dem Van-Landel-Vergleich erhalten. Jeder hatte fünftausendfünfhundert Dollar, und jeder hat zweitausend eingebracht. Ich war ein paarmal gezwungen, meine Ersparnisse anzugreifen, aber ich habe immer noch zweitausendachthundert auf der Bank. Ich habe Geld gespart, indem ich sehr bescheiden lebte und soviel wie möglich auf die hohe Kante legte. Auch Deck gibt sein Geld nicht aus. Er verschleudert es an den Black-Jack-Tischen.
    »Ich habe gestern abend mit Bruiser gesprochen«, sagt er, und ich bin nicht überrascht.
    »Wo ist er?«
    »Auf den Bahamas.«
    »Ist Prince bei ihm?«
    »Ja.«
    Das ist eine gute Nachricht, und es freut mich, das zu hören. Ich bin sicher, Deck weiß es bereits seit geraumer Zeit.
    »Sie haben es also geschafft«, sage ich, schaue zum Fenster hinaus und versuche, mir die beiden mit Strohhüten und Sonnenbrillen vorzustellen. Schließlich haben sie hier praktisch im Dunkeln gelebt.
    »Ja. Ich weiß nicht, wie. Nach manchen Dingen fragt man nicht.« Decks Gesicht macht einen leeren Eindruck. Er ist tief in Gedanken versunken. »Das Geld ist immer noch hier.«
    »Wieviel?«
    »Vier Millionen in bar. Das ist das, was sie von den Clubs abgesahnt haben.«
    »Vier Millionen?«
    »Ja. Im Keller eines Lagerhauses versteckt. Hier in Memphis.«
    »Und wieviel haben sie Ihnen angeboten?«
    »Zehn Prozent. Wenn es mir gelingt, es nach Miami zu bringen. Bruiser sagt, das Weitere könnte er selber bewerkstelligen.«
    »Tun Sie es nicht, Deck.«
    »Es ist ungefährlich.«
    »Sie werden erwischt werden und ins Gefängnis kommen.«
    »Glaube ich nicht. Die Feds haben die Sache abgehakt. Von dem Geld haben sie keine Ahnung. Alle nehmen an, daß Bruiser genug mitgenommen hat und nicht noch mehr braucht.«
    »Braucht er denn noch mehr?«
    »Das weiß ich nicht. Aber er will es unbedingt haben.«
    »Tun Sie es nicht, Deck.«
    »Es ist ein Kinderspiel. Das Geld paßt in einen kleinen U-Haul-Laster. Bruiser sagt, das Einladen dauert höchstens zwei Stunden. Dann mit dem U-Haul nach Miami und dort auf weitere Anweisungen warten. Dazu brauche ich zwei Tage, und dann bin ich aus allem raus.«
    Seine Stimme klingt, als wäre er weit fort. Ich bezweifle nicht im geringsten, daß Deck es versuchen wird. Er und Bruiser haben das geplant. Aber ich habe genug gesagt. Er hört ohnehin nicht auf mich.
    Wir verlassen Miss Birdies Haus und gehen in meine Wohnung. Deck hilft mir, ein paar Kleidungsstücke zu meinem Wagen zu tragen. Wir packen den Kofferraum voll und die Hälfte des Rücksitzes. Ich kehre nicht in die Kanzlei zurück, also verabschieden wir uns vor der Garage.
    »Ich nehme es Ihnen nicht übel, daß Sie abreisen«, sagt er.
    »Seien sie vorsichtig, Deck.«
    Wir umarmen uns verlegen ein oder zwei Sekunden lang, und ich habe fast einen Kloß in der Kehle.
    »Sie haben Geschichte gemacht, Rudy, wissen Sie das?«
    »Wir haben es zusammen getan.«
    »Ja, und was hat es uns eingebracht?«
    »Wir können immer noch damit angeben.« Wir geben uns die Hand, und Decks Augen sind feucht. Ich sehe ihm nach, wie er davonschlurft und zu Butch ins Auto steigt. Sie fahren davon.
    Ich schreibe einen langen Brief an Miss Birdie und verspreche ihr, später anzurufen. Ich legen ihn auf den Küchentisch, weil ich sicher bin, daß sie bald heimkommen wird. Ich mache noch einmal eine Runde durchs Haus und verabschiede mich von meiner Wohnung.
    Ich fahre zu einer Bankfiliale und löse mein Sparkonto auf. Ein Packen von achtundzwanzig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher