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Der Raecher

Titel: Der Raecher
Autoren: Frederick Forsyth
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Aura des Milliardärs.
    Er prahlte nie damit, vergaß nie seine Wurzeln, spendete viel für wohltätige Zwecke, mied die Politik, blieb leutselig und galt als guter Familienvater.
    Im Lauf der Jahre gab es tatsächlich ein paar Narren, die von seinem freundlichen Auftreten auf den ganzen Mann schlossen und versuchten, ihn zu betrügen, zu belügen oder zu bestehlen. Sie mussten, häufig zu spät aus ihrer Sicht, erkennen, dass Steve Edmond so hart war wie der Stahl in jedem Flugzeugmotor, hinter dem er gesessen hatte.
    Er heiratete nur einmal, und zwar 1949, kurz vor seiner großen Entdeckung. Er und Fay waren ein Liebespaar, und sie blieben es, bis sie 1994 an amyotrophischer Lateralsklerose starb. Sie hatten ein Kind, die 1950 geborene Tochter Annie.
    Steve Edmond vergötterte sie auch im Alter noch, hielt große Stücke auf Professor Adrian Colenso, den Mathematiker der Georgetown University, den sie mit zweiundzwanzig geheiratet hatte, und liebte seinen einzigen Enkel Ricky über alles, der sich, damals zwanzig Jahre alt, irgendwo in Europa herumtrieb, ehe er das Studium aufnehmen wollte.

    Die meiste Zeit war Steve Edmond ein zufriedener Mann, und er hatte allen Grund dazu. Doch es gab auch Tage, an denen er unruhig und reizbar war. Dann durchschritt er sein Penthousebüro hoch über der Stadt Windsor in Ontario und blickte wieder in die jungen Gesichter auf dem Foto. Gesichter aus einer anderen Welt, einer anderen Zeit.
    Das Telefon klingelte. Er kehrte zum Schreibtisch zurück.
    »Ja, Jean?«
    »Mrs. Colenso ruft aus Virginia an.«
    »Schön. Stellen Sie durch.« Er lehnte sich in seinem gepolsterten Drehstuhl zurück, während er verbunden wurde. »Hi, mein Schatz. Wie geht es dir?«
    Sein Lächeln erstarb, während er zuhörte. Er lehnte sich vor und stützte sich auf den Tisch.
    »Was meinst du mit ›vermisst‹? … Hast du versucht, ihn anzurufen? … Bosnien? Keine Verbindung … Annie, du weißt doch, dass die jungen Leute heutzutage nicht schreiben … Vielleicht hat die Post da drüben geschlampt … Ja. Ich weiß, er hat es hoch und heilig versprochen … In Ordnung, überlass die Sache mir. Für wen arbeitet er?«
    Er nahm einen Kugelschreiber und schrieb auf, was sie diktierte.
    »Loaves’n’ Fishes. Ist das der Name? Ist das eine Hilfsorganisation? Nahrungshilfe für Flüchtlinge. Schön, dann wird sie registriert sein. Sie muss registriert sein. Überlass alles mir, Liebes. Ja, sowie ich etwas in Erfahrung gebracht habe.«
    Er legte den Hörer auf, überlegte einen Augenblick und rief seinen Generaldirektor an.
    »Haben Sie unter Ihren Jungs einen, der im Internet recherchieren kann?«, fragte er.
    Der Direktor war verdutzt. »Selbstverständlich. Dutzende.«
    »Ich brauche den Namen und die Privatnummer des Leiters einer Hilfsorganisation namens Loaves’n’ Fishes. Nein, mehr nicht. Und bitte beeilen Sie sich.«

    Er hatte beides nach zehn Minuten. Eine Stunde später beendete er ein langes Telefonat mit einem von diesen Fernsehpredigern, der in einem Glitzerbau in Charleston, South Carolina, seine Bürozentrale hatte, einem von der Sorte, die er verachtete, weil sie Leichtgläubigen riesige Spenden abschwatzten und ihnen dafür das Seelenheil versprachen.
    Loaves’n’ Fishes war der karitative Arm des Erlösers mit Schmalztolle und sammelte Spenden für die bedauernswerten Flüchtlinge in Bosnien, die zu der Zeit unter einem grausamen Bürgerkrieg litten. Wie viel von den Spendendollars an die armen Teufel floss und wie viel in den Wagenpark des Reverends, das konnte man nur vermuten. Doch wenn Ricky Colenso als Freiwilliger für Loaves’n’ Fishes in Bosnien gearbeitet habe, so erfuhr er von der Stimme aus Charleston, dann in ihrem Verteilungszentrum in einer Stadt namens Travnik.
    »Jean, erinnern Sie sich an den Mann in Toronto, dem vor ein paar Jahren bei einem Einbruch in sein Landhaus ein paar wertvolle alte Gemälde gestohlen wurden? Es stand in der Zeitung. Später tauchten sie wieder auf. Jemand im Klub sagte, er habe eine diskrete Agentur damit beauftragt, sie aufzuspüren und zurückzubringen. Ich brauche seinen Namen. Rufen Sie mich zurück.«
    Der gesuchte Name war mit Sicherheit nicht im Internet zu finden, doch es gab andere Netze. Jean Searle, seit vielen Jahren seine Privatsekretärin, nutzte das Sekretärinnennetz, und eine ihrer Freundinnen saß im Vorzimmer des Polizeichefs.
    »Rubinstein? Schön. Finden Sie Mr. Rubinstein, in Toronto oder sonst wo.«
    Das dauerte
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