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Der Rache Suesser Klang

Der Rache Suesser Klang

Titel: Der Rache Suesser Klang
Autoren: Karen Rose
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»Wo bist du?«
    »O-Ocean City.«
    Wenigstens war er schlau genug gewesen, es nicht in diesem elenden Kaff namens Wight’s Landing zu tun. Ocean City war eine Stunde Fahrt entfernt. Niemand würde die zwei Ereignisse miteinander in Verbindung bringen, selbst wenn die Vaughns die Bullen riefen. »Ich melde mich bei Earl. Du hältst den Mund und die Augen offen.« Sie grinste. »Und wenn jemand die Seife fallen lässt, bück dich nicht, um sie aufzuheben.«
    »D-das ist nicht l-lustig, Sue.«
    Als sie ihn ihren Namen nennen hörte, schwand das Grinsen augenblicklich. »Nein, ist es nicht. Und dass du mich aus dem Knast anrufst, auch nicht.« Sie brach die Verbindung ab und starrte aus dem Rückfenster in den dunklen Wald, in dem sie geparkt hatte, um ein wenig zu schlafen. Sie war weit weg von allen größeren Straßen, und das schon, seit sie am Morgen zuvor die Ostküste Marylands verlassen hatte.
    Sie war nur langsam vorangekommen, weil sie alle paar Stunden anhalten musste, um dem Kind im Kofferraum zu trinken zu geben, damit es nicht dehydrierte, aber es war besser, die großen Straßen zu meiden. Sie war nicht sicher, wann die Vaughns wieder zu Hause eintreffen würden, und obwohl sie sie gewarnt hatte, nicht die Polizei zu informieren, konnten sie es dennoch tun. Aber sie würden sie nicht kriegen. Zu viel stand auf dem Spiel. Der Preis, der auf sie wartete, war zu wertvoll.
    Sie stieg aus dem Wagen und machte den Kofferraum auf. Betrachtete die zwei Gestalten darin, die sich wie Föten zusammengerollt hatten. Sie waren noch da, sie waren noch gefesselt.
    Ihr Preis. Ihre Rache.
    Alexander Quentin Vaughn. Ein großer Name für ein so schmächtiges Kind. Er war zwölf, sah aber nicht älter als zehn aus. Bryce hatte es hübsch treffend ausgedrückt, als sie den Bengel, der sich im Schrank des Strandhauses versteckt hatte, gesehen hatten. »Sieht nicht aus, als ob er ’ne Million wert ist.« Aber wörtlich genommen hatte er Recht. Der Junge war fünfmal so viel wert.
    Aber Geld war nicht alles.
    Manchmal war die Rache bedeutender.
    Und wenn man beides gleichzeitig bekommen konnte … war das ausgleichende Gerechtigkeit.
    Alexander Quentin Vaughn und seine Sprachtherapeutin, die sich gewehrt hatte wie eine Löwin. Cheryl Rickman hätte in Zukunft ein Leibwächter-Gehalt verdienen können, falls sie denn eine Zukunft gehabt hätte, was natürlich nicht der Fall war. Und der entsetzte Ausdruck ihrer Augen belegte, dass sie das auch wusste. Sue hatte Rickman nur deshalb bisher am Leben gelassen, weil sie mit dem Jungen kommunizieren konnte.
    Der Junge versuchte gerade, seine Tränen zurückzudrängen. Versuchte zurückzuweichen, bis sein magerer Körper gegen Rickmans stieß. Ihn zu fesseln war wahrscheinlich unnötig gewesen. Triefend nass konnte er nicht mehr als achtzig Pfund wiegen, und er kämpfte wie eine Gummipuppe. Der Knebel war wahrscheinlich auch überflüssig, aber Sue war sich nicht sicher, ob er nicht schreien konnte. Taubstumm zu sein bedeutete nicht, keine Laute ausstoßen zu können.
    Seine Behinderung hatte Sue anfangs ein wenig durcheinandergebracht. Sie hatte eindeutig eine gute und eine schlechte Seite. Er konnte den Leuten, die sie auf dem Weg trafen, zwar nichts verraten, aber er konnte auch seine Eltern nicht herzerweichend anflehen, das Lösegeld zu bezahlen. Sehr schade. Sie hatte sich auf dieses Flehen so gefreut. Aber so musste man eben umdisponieren.
    Annehmen, anpassen, verbessern.
Ein guter Leitsatz. Witzigerweise der ihres alten Herrn. Wenn sie nicht die Stimme des Kindes verwenden konnte, würde sie eben sein Gesicht nehmen. Ein Foto sagte mehr als tausend Worte.
    Sie blickte hinab auf ihre Geisel, auf ihren Gewinn, und spürte, wie sie die Kontrolle zurückerlangte. Bryces Verhaftung hatte im Grunde nur wenig geändert. Solange sie ihn da herausholte, bevor er einem übereifrigen Rechtsverdreher irgendetwas erzählen konnte, hatte sie nur einen Beobachtungsposten eingebüßt. Und es wäre zwar schön gewesen, von Bryce zu hören, wie entsetzt die Vaughns gewesen waren, aber letztendlich spielte es keine Rolle. Sicher hätte es ihr genützt zu wissen, ob Streifenwagen vor dem Strandhaus standen, aber auch die Bullen würden sie nicht kriegen. Sie würde schon weit, weit weg sein und sich in Earls Haus verstecken. Das musste sich nicht ändern. Es war sogar noch einfacher, wenn Earl und Lucy unterwegs waren, um Bryce aus dem Knast zu holen. So würde Sue das Haus noch ein paar Tage
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