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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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viel darüber nachgedacht habe.
    Meine Berufswahl fiel in eine Zeit, in der ich meine Mutter nicht mehr und meinen Vater noch nicht ganz begriff. Und dann war da die Erinnerung an meinen Vater…“
    Uwe blickte nachdenklich auf das grüne Land unter ihnen. „Dein Vater war Kosmonaut?“ fragte Irina.
    „Das ist schon der zweite und umfangreichere Teil der Geschichte“, antwortete Uwe, nun wieder lächelnd, „aber vorher wollen wir uns ein bißchen Bewegung verschaffen und die Tragik aus dem Gefieder schütteln!“
    Er zog die außenbords hängenden Flugschwingen in den Korb und half Irina, die Flügel und Fußflossen anzuschnallen und mit der Rückenhaube zu verbinden, in der Motor und Steuerungsautomatik untergebracht waren.
    „Das ist ein neues Modell“, erklärte er, „du brauchst nicht mehr zu schalten. Die Hydraulik überträgt automatisch so viel Kraft, wie notwendig ist, um deinen Kraftaufwand zu ergänzen. Du wirst sehen, da macht das Fliegen noch mal soviel Spaß!“
    Er setzte seinen Apparat selbst zusammen, schlüpfte mit Armen und Beinen hinein und kletterte – ungeschickt wie ein Mauersegler – auf den Rand des Korbes.
    „Los, du Vogel Greif, jag mich!“ rief er, spannte die Flügel auf und stieß sich ab. Zuerst schien er in die Tiefe zu gleiten, aber ein paar kräftige Flügelschläge brachten ihn wieder auf die Höhe des Korbes. „Komm schon!“ rief er. „Oder hast du Angst?“
    Er wußte, daß Irina immer etwas Scheu vor der Tiefe hatte, wenigstens vor dem Start, und daß sie das nie zugeben würde. Auf diese Aufforderung hin breitete sie nun auch die Flügel und löste sich flatternd vom Korb.
    Für Uwe war dies das stolzeste und freieste Gefühl, das er kannte: sich im Winde wiegen, mit gebreiteten Armen durch die Luft segeln oder mit kräftigem Flügelschlag höher und höher steigen, ins Blaue, das nicht nach einiger Zeit schwarz wurde wie beim Start eines Raumschiffs. Denn das hier war weitaus mehr erfüllter Menschheitstraum als alle sonstige gigantische Technik. Vom Betreten fremder Sterne konnten die Menschen erst träumen, als sie wußten, was Planeten und Monde eigentlich sind, aber vom Flug des Vogels träumten sie schon, als sie noch den Donner für eine Gottheit hielten…
    Er bremste mit ein paar flatternden Schlägen seinen Flug, bis Irina neben ihm auftauchte. „Angst überwunden?“ rief er.
    „Mach den Mund zu, die Fliegen kommen rein“, antwortete sie lachend.
    Statt einer Entgegnung setzte er zum Sturzflug an. Irina folgte ihm. Die Bäume und Büsche wurden größer, auf einer Straße hielt ein Gleitwagen an, und die Insassen stiegen aus, um ihnen zuzusehen. Der scharfe Luftzug machte das Atmen schwer. Da drehte Uwe die Handflächen leicht nach vorn – in sanftem Bogen ging der Sturzflug über zu waagerechtem Gleiten. Über sich, schon weit voraus, sah er Irina fliegen, die sich früher abgefangen hatte. Mit schnellen Flügelschlägen stürmte er ihr nach, überholte sie und rief ihr zu, es sei Zeit, zum Ballon zurückzufliegen.
    Die Landung war das schwierigste – man mußte auf einer Ecke des Korbes aufsetzen und durfte dabei nicht die Trossen streifen, die von der Mitte jeder Seite zum Ballon führten. Aber Uwe beherrschte das Manöver vollkommen, er landete und half dann Irina.
    Beide atmeten schnell und erregt, als sie wieder im Korb saßen, und ihre Augen glänzten.
    „Du hast mich noch gar nicht gefragt, was sie vorige Woche beim Kosmischen Rat von mir wollten!“ sagte Uwe.
    Irinas Augen wurden stumpf. „Ein neuer Auftrag?“ fragte sie. „Ein Angebot“, erwiderte Uwe.
    Beide schwiegen.
    Alle Freude, die Irina empfunden hatte und deren Höhepunkt der gemeinsame Flug gewesen war, erlosch. War das der Grund für die Einladung gewesen? Aber warum hatte er dann von Kindheit und Mutter erzählt?
    „Sei nicht traurig“, bat Uwe, „ich habe noch nicht angenommen. Sie haben mir Bedenkzeit gegeben, und außerdem, auch wenn ich einverstanden bin, geht es erst in zwei Jahren los. Ich muß die Sache mit dir besprechen, aus vielen Gründen. Du mußt mir zuhören. Und dann wirst du mich auch verstehen.“
    „Gut“, sagte Irina leise.
    „Ist dir der Name PROJEKT RELAIS ein Begriff?“
    „Ich habe in der Schule davon gehört, und dann, vor ein paar Jahren, stand wieder etwas davon in der Zeitung. Aber weil ich damals noch keinen Kosmonauten kannte, hat es mich nicht weiter interessiert.“
    „Dann muß ich dir einen Vortrag darüber halten“, entschied
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