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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Leuchtpatronen gekennzeichnet, ich gebe euch die Zündfrequenz durch. Wir ziehen alles ein und laufen aus.“
    Drei Stunden dauerte der schwere Sturm, dann kehrte der Katamaran zum Atoll zurück und lief in die Lagune ein. Am Ufer standen schon die Insassen der TERRA und winkten.

    „Heute nachmittag wecke ich Jochen“, sagte Irina. „Die Hand ist fertig ausgebildet.“
    „Das muß ich mit den Urmenschen gemeinsam haben“, scherzte Uwe, „daß mich die Kunst der Medizin ehrfürchtig erschauern läßt.“
    „Deine Ehrfurcht in allen Ehren – aber was wirst du nun Jochen sagen, wenn er fragt, ob du hierbleibst? Bist du dir schlüssig geworden?“
    „Ich war mir von Anfang an schlüssig, und ich habe, denke ich, auch keinen Zweifel daran gelassen, daß ich immer noch die gleiche Meinung vertrete.“
    „Das glaube ich nicht“, meinte Irina, „denn du hast noch nie mit mir darüber gesprochen.“
    „Vielleicht habe ich deine Entscheidung als selbstverständlich vorausgesetzt?“
    Irina lächelte. „Das würdest du nie tun. Ich erinnere mich an unsere Ballonfahrt von Rostock aus. Du hast mich erst dann vor die Entscheidung gestellt, als alle Konsequenzen klar zu überblicken waren, für dich wie für mich. Also schließe ich aus deiner Schweigsamkeit in dieser Sache, daß du dir selbst noch nicht klar bist.“
    „Und wenn ich dich jetzt frage – was willst du, unabhängig von meiner Entscheidung: hierblieben oder zur Erde zurückkehren?“
    Irina schwieg und dachte nach.
    Weiß ich wirklich, was ich will? überlegte Uwe. Oder hat Irina recht? Auf psychologischem Gebiet beobachtet sie zweifellos schärfer als ich. Sind meine Motive, meine Gründe und Prinzipien wirklich unantastbar? Oder bin ich bisher zu oberflächlich an die Frage herangegangen? Oberflächlich – nein, sicher nicht. Aber subjektiv. Trotzdem – das ist doch eine subjektive Entscheidung, oder nicht? Nein, keine subjektive – eine individuelle Entscheidung. Aber ob es wirklich eine ist, das hängt jetzt von ihrer Antwort ab. Eins hat sie jedenfalls erreicht: Sie hat mich unsicher gemacht. Auch das kann helfen – allzu große Sicherheit macht manchmal blind. Und noch etwas: War das wirklich sie, die mich unsicher gemacht hat? So oder so, richtig ist auf alle Fälle, daß ich Problemlösungen finden muß für alle technischen Fragen, die durch unseren Abflug entstünden. Das wäre sogar dann nötig, wenn wir hierblieben.
    Als er versuchte, sich diese Möglichkeit vorzustellen, überfiel ihn ein solches Gefühl der Trostlosigkeit; alle Erinnerungen an die irdische Schönheit überfluteten ihn, so daß er dankbar war, als Irina sagte: „Meine Entscheidung und mein Wille sind die gleichen wie damals auf der Ballonfahrt: Ich bleibe da, wo du bleibst, und ich gehe dahin, wo du hingehst.“ Und nach einer kleinen Pause setzte sie hinzu: „Versteh mich nicht falsch – das ist meine ehrliche Meinung, das hat nichts mit Unterordnung zu tun. Es gibt da für mich wirklich keinen Konflikt. Und“ – sie sah ihn aufmerksam an – „daß ich dir eine Krücke für deine Entscheidung baue, hast du doch wohl nicht erwartet?“

    Am Nachmittag versammelten sich alle, die noch in der Station weilten, im Behandlungsraum – die Rudloffs betraten ihn sogar zum erstenmal, seit Jochen eingeschläfert worden war, denn die Ärztinnen hatten außer seiner Frau niemanden zu ihm gelassen, und auch Uwe hatte ihn nur gesehen, als er mit Erika die Geräte zur Erzeugung der magnetischen Abschirmfelder installierte.
    Jochen lag schon frei von allen Apparaten im Bett. Er sah abgemagert aus, die Gesichtszüge traten scharf hervor, und die nachgewachsene Hand, die auf der Bettdecke lag, war bleich und knochig.
    Sie saßen und warteten. Langsam rückte die Zeit vor. Endlich schaltete Irina die Weckmusik ein.
    Jochen schlug die Augen auf. Eine Weile sah er die Versammelten ratlos an, als müsse er erst begreifen, was sie von ihm wollten. Dann fiel sein Blick auf seine Hand, ein Staunen kam in sein Gesicht – und dann lächelte er.
    „Alles wieder da!“ flüsterte er.
    Irina hob seinen Kopf an und flößte ihm einen Trunk ein. Dann nahm sie seine nachgewachsene Hand.
    „Es ist alles gut gegangen“, sagte sie, „du mußt mir jetzt nur ein paar Fragen beantworten. Paß auf“ – sie legte ihm einen metallenen Gegenstand hinein –, „was fühlst du, kalt oder warm?“
    „Kalt“, flüsterte Jochen.
    „Gut“, sagte sie, „und jetzt mach die Augen zu. Was berühre
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