Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
Tortenmesser, kam zurück bis zur Schwingtür und drohte: «Noch ein Wort, und ich schlag dir hiermit den Schädel ein. Nur damit du siehst, wie das ist. Kannst du nicht abwarten, bis die Polizei den Fall geklärt hat? Da kommt schließlich noch einer in Frage.»
    «Mach dich doch nicht lächerlich», widersprach Thea. «Heinz mit seinen siebenundsechzig Jahren. Warum soll ein Mann in dem Alter über junge Mädchen herfallen?»
    Zweifel an Theas Version gab es in den ersten Tagen nicht. Es fragte sich nur manch einer, woher sie es so genau wissen wollte. Sie ging allen entsetzlich auf die Nerven, wenn sie Einzelheiten beschrieb, als sei sie dabei gewesen. Sie war es nicht, zumindest, als wir Britta Lässlers Kopf fanden und ihr Fahrrad sicherstellten, gab es keinen Schaulustigen aus dem Dorf.
    Die Situation in Lukkas Bungalow war für uns nicht auf Anhieb eindeutig gewesen, zwei Schwerverletzte, ein Toter, ein blutiges Messer und ein gebrochener Vater, der mit seinen ersten Worten an uns die gesamte Schuld auf sich nahm. «Ich hätte dafür sorgen müssen, dass er in eine Anstalt kam, als er anfing, Puppen zu zerreißen», sagte Jakob.
    Es war nach diesem Hinweis naheliegend, eine Durchsuchung seines Anwesens zu veranlassen. Wir wurden rasch fündig. Das Fahrrad in der Scheune und der vergrabene Kopf im Garten sprachen für Bens Schuld. Hinzu kam Heinz Lukkas Alibi für den Sonntagabend. Er war kurz nach neun im Versammlungsraum erschienen. Gegen halb neun hatte er Britta Lässler ins Haus gerufen,wie Nicole Rehbach bezeugte. Für die Fahrt nach Lohberg musste man mindestens zehn Minuten ansetzen. Es war demnach nicht viel mehr Zeit gewesen, als den Moment abzuwarten, bis der tobende Riese außer Sichtweite war. Und das passierte ziemlich schnell.
    Vor allem Nicole Rehbachs Aussage belastete Ben stark. Wieder und wieder rief sich die junge Frau in Erinnerung, wie sie sich noch einmal umgedreht und niemanden mehr auf dem Weg hinter sich gesehen hatte. Sie war auch ziemlich sicher, Brittas Rad nicht mehr vor Lukkas Grundstück gesehen zu haben.
    Das deckte sich mit der Erklärung, die Heinz Lukka gegenüber Antonia Lässler abgegeben hatte. Das Rad war mit Sicherheit im Mais gewesen, das bewies das Stückchen vertrockneten Blattes, welches auch Trude zwischen den Speichen des Vorderrades bemerkt hatte.
    Wir gingen davon aus, dass Ben Brittas Rad versteckt hatte, um zu verhindern, dass sie ihm noch einmal entwischte. Er hatte nur abwarten müssen – im Höchstfall fünf oder zehn Minuten.
    Und dann? Wohin war Britta geschleppt, wo war sie getötet worden? Was war mit Edith Stern geschehen, als sie Lukkas Haus verließ? Wie war Ben in den Besitz ihrer Jacke gelangt? Wo war Marlene Jensen? Stammte der Fetzen aus dem Einweckglas, den Jakob erwähnte, tatsächlich von ihrer Jacke? Von Svenja Krahl, die den grauenhaften Reigen dieses Sommers eröffnet hatte, wussten wir immer noch nichts.
    Aber wir kannten die Aussagen von Klaus und Eddi, die regelmäßig auf Höhe des Stacheldrahts angehalten hatten. Und Bruno Kleu, der uns in seiner ersten Erleichterung eine große Hilfe war, erklärte, die Apfelwiese sei Bens Refugium von frühster Jugend an gewesen. Von Lukkas Grundstück waren es nur fünfhundert Meter.Wir kontrollierten den Zaun der Wiese und entdeckten – nur einen knappen Meter vom Weg entfernt – an der Seite, die an Gerta Frankens ehemaligen Garten grenzte   –, eine Stelle, wo der Stacheldraht mehrfach entfernt und wieder angebracht worden sein musste. Die Krampen, die ihn auf den Holzpfosten hielten, saßen so locker, dass ich sie mit den Fingern herausziehen konnte.
    Ich forderte einen Leichenspürhund an, weil Bruno Kleu sagte: «Wenn Ben das Mädchen vergraben hat, brauchen Sie eine Lupe.» Für den Kopf hatten wir keine gebraucht. Und nach Lage der Dinge mussten wir annehmen, dass Ben ihn im Garten seiner Mutter versteckt hatte.
    Der Hund führte uns zu einer Senke zwischen den Apfelbäumen. An andere Stellen zog es ihn nicht, gewiss nicht in die dornige Wildnis nebenan. Insgesamt drei blaue Müllsäcke lagen in einer flachen Grube, ähnlich der, die acht Jahre zuvor im Bruch für Ursula Mohn ausgehoben worden war. In den Säcken befanden sich die Überreste von Britta Lässler. Sie waren notdürftig mit Erde und etwas Unkraut bedeckt.
    Und Bruno Kleu sagte: «Das passt nicht zu Ben. Ich habe ihn so oft beobachtet, wenn er sich im Bruch oder am Bendchen beschäftigte. Ehe er ein Loch aushob, entfernte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher