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Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber
Autoren: Petra Hammesfahr
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hinnehmen.»
    Es war Trude sehr wohl bewusst, in welche Situation sie sich gebracht hatte. Sie hätte ihre Aussage widerrufen können, Beweise gegen sie gab es nicht. Ihre älteste Tochter beschaffte ihr eine gute Strafverteidigerin, die dringend zum Widerruf riet. Trude lehnte ab. «Die Mädchen sollen ein ordentliches Grab bekommen, und wenn Ben weiß, wo sie sind   …»
    Als der Amtsrichter Anfang März endlich – mit ein wenig Druck vonseiten des Staatsanwalts   – Bens Entlassung aus der Landesklinik verfügte, weigerte Jakob sich, seinen Sohn heimzuholen, er war noch nicht so weit, sich wieder mit Ben auseinanderzusetzen. Trude rief mich an. «Wenn Sie vielleicht so nett wären, Frau Halinger, wir können dann sofort einen Versuch mit ihm machen.»
    Sie wollte es nur noch hinter sich bringen, hatte bereits ein Köfferchen gepackt und war überzeugt, ich würde sie festnehmen, sobald die Leichen gefunden waren. Sie war sehr gefasst, als ich sie abholte, und sehr erleichtert, als ich ihr erklärte, dass in ihrem Fall eine Untersuchungshaft unangemessen sei und sie bis zur Verhandlung zu Hause bleiben könne.
    Auf dem langen Flur im zweiten Stock hielt sie sich noch aufrecht, aber als sie ihm dann gegenübertrat   … Ihren ersten Besuch an seinem Bett hatte er nicht registriert. Von weiteren Besuchen hatte Trude Abstand genommen, um ihm den jeweiligen Abschied zu ersparen. Er hatte sie seit sieben Monaten nicht mehr gesehen, sprang auf sie zu, umklammerte sie mit beiden Armen, wohl zwanzigmal stammelte er: «Fein.»
    Seine Freude gab Trude Zeit, ihre Fassung zurückzugewinnen. Als er sie endlich losließ, strich sie ihm über die Wange und sagte: «Wir fahren jetzt mit dem Auto nach Hause. Da musst du aber ganz lieb sein.»
    Er war lieb, saß bei ihr im Wagenfond, strich immerwieder durch ihr Gesicht, drückte sich ihre Hand gegen seine Wange und legte schließlich den Kopf an ihre Schulter. Ich sah es im Rückspiegel, ich sah auch, wie Trude gegen die Tränen ankämpfte.
    Mich akzeptierte er als nette Frau, jedenfalls nickte er, als Trude ihm die entsprechende Frage stellte. Er war auch bereit, mir eine Freude zu machen, weil ich ihn doch nach Hause brachte. Und dafür blamierte er mich zum Dank bis auf die Knochen.
    Er führte uns tatsächlich zum Grab der vermissten jungen Frauen. Es lag nur gute dreißig Meter von der Stelle entfernt, an der wir Britta Lässlers Überreste geborgen hatten. Unter der alten Viehtränke beim Birnbaum in Gerta Frankens ehemaligem Garten war eine Grube von fast anderthalb Metern Tiefe ausgehoben und sorgsam wieder aufgefüllt worden. Darin lag das, was noch übrig war von Svenja Krahl, Marlene Jensen und Edith Stern.
    Nur dreißig Meter! Und wir hatten der dornigen Wildnis keine Beachtung geschenkt, waren nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dort könne sich in den letzten Jahren noch jemand herumgetrieben haben. Nie zuvor hatte ich mich derart inkompetent gefühlt, nie vorher waren mir die Grenzen so bewusst geworden, die einem logisch denkenden Menschen gesetzt sind, der sich an Fakten orientiert, an dem, was er sieht und hört.
    Trotzdem, ich hatte mein Ziel erreicht mit Bens Hilfe. Mir war auch klar, dass Heinz Lukka die Leichen dort nicht vergraben haben konnte. Zumindest in dieser Hinsicht musste Ben der Täter sein. Aber ich fragte mich keine Sekunde lang, in welcher Situation ich ihn zurückließ. Ich hatte noch keine Ahnung von den diversen Banden und Stricken und machte mir keine Gedanken um Lukkas Erbe.

Informationen zum Buch
    Der geistig behinderte Ben wächst auf dem Land auf. Mit liebevoller Fürsorge bewahrt ihn seine Mutter vor Anfeindungen und lässt ihm die Freiheit, in den Feldern herumzustreunen. Doch der Zweiundzwanzigjährige mit dem Verstand eines Kleinkindes ist vielen ein Dorn im Auge. Als im Sommer mehrere junge Mädchen verschwinden, sucht das Dorf einen Schuldigen.
     
    «Eine deutsche Autorin, die dem Abgründigen ihrer angloamerikanischen Thriller-Kolleginnen ebenbürtig ist.» . (Welt am Sonntag)

Informationen zur Autorin
    Petra Hammesfahr schrieb bereits mit siebzehn ihren ersten Roman. Seitdem hat sie einen Bestseller nach dem anderen veröffentlicht. Sie lebt mit ihrem Mann in der Nähe von Köln.
     
    Weitere Veröffentlichungen:
    Die Sünderin
    Die Mutter
    Lukkas Erbe
    Das Geheimnis der Puppe
    Bélas Sünden
    Roberts Schwester
    Die Chefin
    Merkels Tochter
    Meineid
    Die Lüge
    Das letzte Opfer
    Ein süßer Sommer
    Mit den Augen eines
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