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Der Problemmann (German Edition)

Der Problemmann (German Edition)

Titel: Der Problemmann (German Edition)
Autoren: Sigrun Misselhorn
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Sie fühlte sich zu schwach, um den Weg, der noch eine Weile in Anspruch nahm, weiter fortzusetzen. Am Wegesrand sitzend, sah sie auf ihre Turnschuhe, die auf einmal grau wirkten, obwohl sie im Grunde schwarz waren. Wenn sie endlich das Haus erreichte, müsste sie dringend duschen. Sie freute sich auf die Terrasse und auf Francesco, den sie gleich am nächsten Morgen besuchen wollte. So wie bei ihrem letzen Besuch hatte sie in einem Supermarkt in Udine das Nötigste eingekauft. Wie verrückt freute sie sich auf ein Glas Wein. Dieser Gedanke ließ sie sich wieder erheben und sich aufraffen endlich weiter zu gehen, ganz egal, wie sehr sie ihr Magen mit Schmerzen ärgerte oder ihre Tasche samt der Einkäufe an ihr zerrte. Jetzt hör auf zu denken, mahnte sie sich.
    „Alles wird gut.“
    Wie ein Mantra flüsterte sie es leise zu sich selbst. Die Sonne hatte ihren Zenit erreicht und nun glaubte Anna zusätzlich einem Sonnenstich zu erliegen, als sie endlich die ersehnte Straße sah, die zu dem Haus führte. Dadurch beflügelt, rannte sie geradezu den Weg hinunter zum Haus. Ein unglaubliches Glücksgefühl legte sich über sie. Endlich war sie wieder hier. Jetzt würde tatsächlich alles gut werden. Ganz egal, hier wäre alles in Ordnung. Sie schloss die Tür auf, die sich knarzend dafür bedankte und sich öffnen ließ. Dunkelheit schlug ihr entgegen, die sie nun nicht mehr irritierte. Schnellen Schrittes hatte sie den Raum durchquert und das Licht eingeschaltet. Dieser eigene Geruch des Hauses, der sie anfänglich abgestoßen hatte, empfand sie nun als anheimelnd. Sie war zu Hause. Sie hatte lediglich ihre Tasche und die Einkäufe abgestellt und war sofort zur Terrasse gegangen. Blinzelnd sah sie in die vor ihr liegenden Weinberge. Tief atmete sie ein und aus. Alles sah noch genauso aus, wie sie es in Erinnerung hatte. Mittlerweile wehte ihr der Wind Aromen des Sommers um ihre Nase. Leicht wirbelten ihre Haare im lauen Wind. Ihre Haut roch nach Sonne. Dieser Geruch vermischte sich mit dem der Kräuter, die im Garten wuchsen.
    Erleichtert ging sie zurück ins Haus, verstaute die Lebensmittel im Kühlschrank und wuchtete ihre Tasche hinunter in das Zimmer, dass ihr sechs Wochen ein Heim geboten hatte. Francesco hatte inzwischen die Bettwäsche gewaschen und zurück in den Schrank gelegt. Erst als sie wieder in Deutschland war, hatte sie erfahren wie gut Uta und Oliver mit ihm befreundet waren und er sich normale Weise in Abwesenheit um das Haus kümmerte. Sie nahm sich frische Handtücher und ging auf direktem Weg unter die Dusche. Tropfnass, nur mit einem Handtuch leicht bedeckt, ging sie in den Garten zu der Bank, die ihr ebenso vertraut war, wie alles andere. Sie lehnte sich mit dem Kopf an den Baum, schloss ihre Augen und genoss wie die Sonne die Wassertropfen auf ihrer Haut trocknete. Es ging ihr gut. Sie war zufrieden in der Stille des Gartens sitzen zu können und das Leben um sie herum aufzusaugen. Unerwartet hatte sich eine Träne aus ihrem Auge getraut und lief ihr die Wange hinunter. Diese eine sollte sich nicht einsam fühlen und schon machte sich eine weitere auf den Weg. Sie wischte sie mit dem Handrücken fort und versuchte zu ignorieren, was in ihr zu arbeiten schien. Hier gab es keinen Grund zu weinen, dachte sie. An diesem Ort sollte sie glücklich sein. Doch es war zu spät. Sie brach in sich zusammen und weinte bitterliche Tränen, die heiß über ihr Gesicht liefen. Sie beweinte ihr jämmerliches Schicksal, was im Grunde keinen Anlass zum Kummer hätte geben können. Endlich hatte sie alles erreicht. Sie war erfolgreich mit ihren Illustrationen, verdiente damit sogar richtig viel Geld, in Deutschland wartete eine neue Aufgabe auf sie, die sie hätte ebenso glücklich machen sollen. Und doch verging sie in Selbstmitleid. Tiefe Traurigkeit hatte sich über sie gelegt. Sie schluchzte und weinte, zitterte, ihr Körper rebellierte und zeigte ihr erneut, wer das Sagen hatte.
     
    „Wein doch nicht.“
    Jetzt war es soweit. Sie hatte ihren Verstand verloren. Sie hörte bereits Stimmen, die ihr so real vorkamen, dass sie sich erschreckte, jedoch nicht aufhörte zu weinen. Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Tränen liefen ihre Arme hinunter, sie glaubte bereits in einer Pfütze zu stehen, so viel Flüssigkeit war aus ihr heraus gekommen.
    „Nichts kann so schlimm sein, dass du so sehr weinst.“
    Wieder diese Stimme, ganz dicht neben ihr. Vor allem war ihr diese Stimme unglaublich vertraut. Sie hatte
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