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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau
Autoren: R. Scott Bakker
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der Mandati, der Proyas begleitet – scheint beunruhigt zu sein, besonders wegen des Namens Anasûrimbor Kellhus.
    Am Tag darauf isst Kellhus mit dem Hexenmeister zu Abend, entwaffnet ihn dabei mit seinem Humor und schmeichelt ihm mit Fragen. Er erfährt von der Apokalypse, den Rathgebern und vielen anderen Dingen, und obwohl er weiß, dass Achamian eine gewisse Furcht bei dem Namen Anasûrimbor empfindet, bittet er den melancholischen Mann, sein Lehrer zu werden. Kellhus hat inzwischen erkannt, dass sich die Dûnyain in vielem geirrt haben – zum Beispiel hinsichtlich der Hexenkunst – und er noch sehr viel lernen muss, ehe er dem Vater entgegentreten kann.
    Ein letztes Treffen wird anberaumt, um das Verhältnis zwischen den Hohen Herren des Heiligen Kriegs, die marschieren wollen, und dem Kaiser, der sie nicht mit Vorräten ausstatten will, zu klären. Mit Cnaiür an seiner Seite dechiffriert Kellhus die Seelen aller Anwesenden und stellt Berechnungen darüber an, wie er sie in Bann schlagen kann. Unter den Beratern des Kaisers jedoch bemerkt er eine Miene, die er nicht lesen kann, und begreift, dass da einer ein falsches Gesicht hat. Während der Kaiser und die adligen Inrithi miteinander zanken, studiert Kellhus den merkwürdigen Mann und liest von den Lippen eines anderen dessen Namen ab. Könnte dieser Skeaös ein Kundschafter seines Vaters sein?
    Ehe Kellhus aber Schlüsse ziehen kann, bemerkt der Kaiser seinen prüfenden Blick und lässt den Berater festnehmen. Während der Heilige Krieg die Schlappe des Kaisers feiert, ist Kellhus völlig perplex. Noch nie hat er eine so tief schürfende Untersuchung durchgeführt.
    In dieser Nacht schläft er erstmals mit Serwë mit dem Ziel, Cnaiür nach und nach zu zermürben, wie er alle Männer des Stoßzahns zermürben muss. Irgendwo lauert hinter falschen Gesichtern eine Gruppe düsterer Gestalten. Und weit im Süden, in Shimeh, erwartet Anasûrimbor Moënghus den nahenden Sturm.

 
     
     
Teil 1
     
     
     
    Der erste Marsch

1. Kapitel
     
    ANSERCA
     
     
     
    Unwissenheit bedeutet Vertrauen.
     
    Altes Sprichwort der Kûniüri
     
     
     
    SÜDLICH VON MOMEMN, FRÜHSOMMER 4111
    Drusas Achamian saß mit gekreuzten Beinen in der Dunkelheit seines Zelts und schien kaum mehr als ein Schatten, der sich langsam vor und zurück wiegte und dabei finstere Worte murmelte. Licht drang aus seinem Mund. Obwohl das große, vom Mond erhellte Meneanor-Meer zwischen ihm und Atyersus lag, wandelte er im Geiste über die alten Flure seines Ordens, hinter deren Türen seine Brüder schliefen.
    Die seltsam unfassbare Geometrie der Träume verblüffte ihn immer wieder – diese Welt, in der nichts wirklich weit weg war und Entfernungen sich in einem Schaum aus Worten und einander widerstreitenden Leidenschaften auflösten, schien ihm monströs und mit dem Verstand nicht zu begreifen.
    Nachdem Achamian lange durch die Alpträume seiner Ordensbrüder geirrt war, fand er endlich den Mann, den er suchte: Nautzera, der in seinem Traum einmal mehr im blutigen Gras saß und den toten König im Schoß hielt. »Unser König ist tot!«, rief er mit Seswathas Stimme. »Anasûrimbor Celmomas ist tot!«
    Ein gespenstisches Brüllen stürmte auf Achamian ein. Er fuhr herum und erhob die Hände gegen einen riesigen Schatten.
    Wracu… Drachen.
    Brausende Böen ließen die Lebenden taumeln und zerrten an den Gliedmaßen der Gefallenen. Bestürzte und entsetzte Rufe drangen durch die Luft, ehe Nautzera und die Begleiter des Königs in golden funkelnden Flammen aufloderten. Alles ging so rasch, dass sich nicht mal Schreie erhoben. Zähne splitterten, und Männer sanken tot zu Boden und erinnerten seltsam an die glimmenden Kohlenstücke eines wütend ausgetretenen Feuers.
    Achamian drehte sich um und sah, wie der von einem Abwehrzauber geschützte Nautzera den toten König auf den Boden legte und dabei Worte flüsterte, die er nicht hören konnte, aber unzählige Male geträumt hatte: »Wende deine Seele von dieser Welt ab, teurer Freund… Wende sie ab, damit dein Herz nicht noch schlimmere Qualen leidet.«
    Mit der Wucht eines einstürzenden Turms fuhr der Drache auf die Erde nieder und ließ dabei Rauch und Asche gewaltig aufsteigen. Sein einem Fallgitter ähnelnder Zahnverhau knackte beim Zuschnappen. Seine ausgebreiteten Flügel glichen den Segeln einer Kriegsgaleere, und der Widerschein brennender Leichen schimmerte auf seinen schwarz schillernden Schuppen.
    »Unser Herr«, knarzte der Drache,
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