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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens
Autoren: Christian Endres
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geräumigeren Korridors, an dessen von der Dunkelheit verborgenen Ende die Tür zu Nugals Zauberwerkstatt wartete. Lorn registrierte, dass die Düsternis hier oben eine andere Qualität als im Erdgeschoss hatte. Nicht nur, dass hier keine Lampe künstliche Helligkeit spendete und lediglich ein kärgliches Oberlicht dafür sorgte, dass fahles Mondlicht ins Haus sickern konnte. Irgendetwas an der Atmosphäre hier oben fühlte sich auch schlichtweg falsch an. Es war fast so, als hätte Lorn eine unsichtbare Schwelle übertreten.
Kaum dass dieser Gedanke hinter Lorns Stirn Gestalt angenommen hatte, leuchteten vor ihm in der Dunkelheit zwei grüngelbe Augen auf, die scheinbar nur auf seine lautlose Vermutung gewartet hatten.
Die Stimme, die darüber hinaus in Lorns Kopf ertönte, war ebenso körperlos wie seine ungute Ahnung davor.
Verschwinde, sagte diese Stimme, während sich gut fünf Meter vor dem Jagam ein Schemen aus der Finsternis schälte. Genau genommen sah es für Lorn so aus, als ob die Schatten vor ihm in einem wilden Wirbel miteinander verschmolzen, bis sie um das leuchtende Augenpaar die Gestalt einer kleinen schwarzen Katze gesponnen hatten.
Verschwinde, wiederholte die hohle Stimme hinter Lorns Stirn inzwischen noch einmal tonlos ihr Wächtermantra, wobei sie nun ein klein wenig fester und greifbarer wirkte.
Der Jagam schüttelte den Kopf, um die fremde Präsenz aus seinen Gedanken zu vertreiben, und biss die Zähne zusammen, als daraufhin ein grässlicher Kopfschmerz durch seinen Schädel zuckte.
Aber er wich nicht zurück.
Als die Katze Lorns hartnäckigen Widerstand bemerkte, öffnete sich ihr Mund zu einem lautlosen Fauchen.
Dann gerieten die Schatten erneut in Bewegung ...
*
    Mit einer einzigen Silbe der Macht entzündete Nugal wie beiläufig die Kerze aus weißem Bienenwachs.
»Haltet still«, wies der Zauberer DeRául danach brüsk an und schnitt dem Vampir mit einer raschen Bewegung der Sichelmondsilberklinge nacheinander in die Handflächen.
Nugal schauderte, als sich die Wunden fast umgehend wieder schlossen und er den kostbaren dunkelroten Lebenssaft des Vampirs vorsichtig von der Dolchscheide in die leicht flackernde Kerzenflamme tropfen ließ. Das Zischen der Blutstropfen war noch nicht ganz verstummt, als der Magier einen Schritt zurück trat und einen fremd klingenden Singsang in einer beinahe vergessenen, rauen Sprache anstimmte, der das Ritual einleiten sollte.
Jenes Ritual, das Nugals unliebsamen Gast zumindest einen Teil von dessen alter Menschlichkeit zurückgeben sollte.
*
    Die Schatten kreisten wie Wirbel aus dunkler Tinte um die leuchtenden Zwillingssterne im Gesicht der Katze .
Lorn umfasste das Heft seines Schwertes fester.
Schließlich machten auch die gespenstisch im Dunkeln glimmenden Katzenaugen eine Verwandlung durch und schwollen bis auf die Größe zweier Nüsse an. Der Rest der rotierenden Schatten schien derweil wieder feste Gestalt anzunehmen, und wo eben noch ein kleines Kätzchen in der Dunkelheit gesessen hatte, stand nun ein ausgewachsener schwarzer Panther . Die Kontur der Katze verschwamm gelegentlich flimmernd mit der Finsternis, so als ob die zum Leben erwachten Schatten ihre Gestalt nicht ohne weiteres aufrecht erhalten könnten.
Lorn wusste, dass mit dem Schutzgeist trotzdem nicht zu spaßen war. Der einzige Zweck eines solchen Wesens – in der Regel ein niederer Dämon aus einer anderen Dimension oder gar aus einer der Sieben Höllen – bestand darin, seinem Meister zu dienen und dessen Willen geschehen zu lassen. Allerdings musste Nugals Schutzgeist, insofern er den Jagam wirklich am Vordringen zur Werkstatt seines derzeitigen Herrn hindern wollte, einen Teil seiner dämonisch-geisterhaften Essenz in physischer Form auf diese Ebene bringen.
Wo Lorns Klinge bereits auf ihn wartete ...
*
    Die Magie des Rituals drang tief in Viscos Geist ein, wo sie mit frevelhafter Leichtigkeit die verschlossenen Türen seines Verstandes zerschlug und in den Schubladen seiner Erinnerung wühlte. Visco spürte einen grellen Schmerz durch seinen Kopf jagen, der ihn augenblicklich an den Rand der Besinnungslosigkeit beförderte. Jeder Muskel krampfte sich zusammen, und seine Gedärme schienen sich in endlosen Windungen um seine Knochen zu wickeln, während sich seine Wirbelsäule anfühlte, als ob sie von titanischen Kräften jeden Moment in zwei gebrochen werden würde.
Doch auch Viscos Verstand litt. Vor seinem inneren Auge sah er Josephinés bezauberndes, unschuldiges Gesicht
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