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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka
Autoren: Camilla Läckberg
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welcher Betrübnis Johannes die Nachricht aufgenommen hatte, daß er seiner Gabe entwachsen war. Für Ephraim war es eine bequeme Weise gewesen, die Betrügerei zu beenden, und Gabriel hatte auf die Mitteilung mit großer Erleichterung reagiert. Johannes aber war voller Trauer gewesen. Ephraim hatte stets vorgehabt, den Söhnen zu erzählen, daß er all das nur erfunden hatte und die Menschen, die sie »heilten«, völlig gesund gewesen waren. Für ein Geldstück auf die Hand hatten sie bei dem Spektakel mitgespielt. Doch je mehr Jahre vergingen, desto mehr zögerte er. Johannes schien zuweilen so zerbrechlich zu sein. Deshalb war Ephraim jetzt so besorgt über diese Sache mit der Polizei und den Verhören seines Sohnes. Johannes war empfindsamer, als er wirkte, und Ephraim war sich nicht sicher, was all das bei ihm auslösen konnte. Deshalb war er auf die Idee gekommen, einen Spaziergang nach Västergärden zu machen und ein Stündchen mit dem Sohn zu plaudern. Ein bißchen zu hören, wie er mit alldem umging.
    Ein Lächeln umspielte Ephraims Lippen. Jacob war eine Woche zuvor aus dem Krankenhaus heimgekommen und verbrachte ganze Stunden bei ihm oben. Er liebte seinen Enkelsohn. Er hatte ihm das Leben gerettet, was sie beide für ewig ganz besonders verband. Hingegen war er nicht so leicht hinters Licht zu führen, wie die anderen dachten. Es war möglich, daß Gabriel glaubte, Jacob sei sein eigener Sohn, aber er, Ephraim, halte sehr wohl gesehen, was da abgelaufen war. Zweifellos war Jacob der Sohn von Johannes, das sah er an Johannes’ Blick. Nun ja, das war eine Sache, in die er sich nicht einzumischen gedachte. Aber der Junge war seine Freude jetzt im Alter. Sicher mochte er auch Robert und Johan gern, aber sie waren ja noch so klein. Was ihm am meisten an Jacob gefiel, waren dessen kluge Gedanken und vor allem, daß er Ephraims Geschichten mit einem solchen Eifer lauschte. Jacob liebte es, wenn er davon erzählte, wie Gabriel und Johannes als Kinder mit ihm herumgereist waren. »Die Heilergeschichten« nannte er das. »Großvater, erzähl die Heilergeschichten«, sagte er jedesmal, wenn er zu ihm heraufkam, und Ephraim hatte nichts dagegen, diese Zeiten erneut aufleben zu lassen. Schließlich hatte er damals sehr viel Spaß gehabt. Und dem Jungen schadete es auch nicht, daß er die Geschichten ein bißchen extra ausschmückte. Er hatte die Gewohnheit angenommen, seine Erzählungen mit einer dramatischen Kunstpause zu beenden, worauf er mit seinem knochigen Finger auf Jacobs Brust wies und sagte: »Und du, Jacob, du hast die Gabe auch in dir. Irgendwo, tief dort drinnen, wartet sie darauf, hervorgelockt zu werden.« Der Junge pflegte mit aufgerissenen Augen und weit offenem Mund zu seinen Füßen zu sitzen, und Ephraim liebte es, dessen Faszination zu sehen.
    Er klopfte an die Tür des Hauses. Keine Antwort. Alles war still, und es schien auch nicht so, als ob Solveig und die Jungen zu Hause waren. Die Kinder hörte man sonst schon mehrere Kilometer weit. Aus der Scheune drang ein Geräusch zu ihm, und er ging hin, um nachzuschauen. Johannes baute am Mähdrescher rum und bemerkte Ephraim erst, als er direkt hinter ihm stand. Er fuhr zusammen.
    »Viel zu tun, sehe ich?«
    »Ja, hier auf dem Hof ist immer was zu machen.«
    »Ich habe gehört, daß du wieder auf dem Polizeirevier gewesen bist«, sagte Ephraim, der die Gewohnheit hatte, die Dinge direkt anzusprechen.
    »Ja«, erwiderte Johannes kurz.
    »Was wollten sie denn diesmal?«
    »Es waren natürlich noch Fragen zu Gabriels Zeugenaussage.« Johannes werkelte weiter an dem Mähdrescher und schaute Ephraim nicht an.
    »Du weißt, daß Gabriel nicht die Absicht hatte, dir zu schaden. «
    »Nein, ich weiß. Er ist, wie er ist. Aber das Ergebnis ist trotzdem dasselbe.«
    »Nur zu wahr.« Ephraim wippte auf den Absätzen, unschlüssig, wie er fortfahren sollte.
    »Wirklich schön, den jungen Jacob wieder auf den Beinen zu sehen, nicht wahr«, sagte er, auf der Jagd nach einem neutralen Gesprächsthema. Ein Lächeln zeigte sich auf Johannes’ Gesicht.
    »Das ist wunderbar. Es ist, als ob er nie krank gewesen wäre. « Er richtete sich auf und blickte seinem Vater in die Augen. »Ich werde dir dafür ewig dankbar sein, Vater.«
    Ephraim nickte nur und strich sich zufrieden über den Schnurrbart. Johannes sprach vorsichtig weiter: »Vater, wenn du Jacob nicht hättest retten können. Glaubst du, daß …« Er zögerte, aber fuhr dann entschieden fort, um es sich
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