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Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung

Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung

Titel: Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung
Autoren: Wilfried Ahrens
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nicht an Briefkasten und Klingelleiste enthalten.
     
    Geradezu vorbildlich dagegen die Empfangsvorkehrungen dieses gewieften Erpressers, der, im Gegensatz zu vielen seiner Branchenkollegen, nicht etwa leichtfertig auf Anonymität setzte, sondern es in ansprechender Weise verstand, hart erarbeitetes Geld den Gefahren einer Hinterlegung, etwa in freier Natur, gar nicht erst auszusetzen.

    Durch die hier gewählte individuelle Zustellung im ordnungsgemäß beschrifteten Briefkasten wurde Herrn B. (wie übrigens auch der Polizei) der Zugriff enorm erleichtert.
    Beschuldigte, vor allem dicke Fische, tauchen gern mal ab. Dann weiß die Polizei nicht mehr, wohin mit ihrem Ermittlungsdrang.
    Der Beschuldigte ist seit 3 Monaten untergetaucht. Eine Hinwendungsadresse ist nicht bekannt.
     
    So etwas hat natürlich Folgen beim Einwohnermeldeamt.
    Herr Windig wurde mittlerweile durch die Stadt registerbereinigt und ist nunmehr unbekannten Aufenthaltes.
    Eine Säuberungsaktion, die Herrn Windigs Weste auch nicht weißer werden ließ, war der selbst doch mit allen Wassern gewaschen.
     
    So richtig eng wird’s übrigens, wenn der Wohnsitz als solcher abtaucht, etwa bei einer Flutkatastrophe. Dann sind die Rettungsdienste gefragt, wie beispielsweise der Arbeiter-Samariter-Bund. Über ihn schrieb das Göttinger Tageblatt:
    Zusammen mit dem Deutschen Roten Kreuz und der Bundeswehr evakuierten die ASB-ler mehrere Tausend Leute, die in zwei großen Hallen mit jeweils 100 Betten untergebracht sind.
    Raumwunder Nr. 2
     
    Wo immer möglich, hilft das Einwohnermeldeamt weiter, allerdings nur im Rahmen seines Erfassungsbereichs, also bei Adressen von Individualpersonen. Als eine Staatsanwaltschaft, deren Post an eine Versicherung als unzustellbar zurückgekehrt war, sich gleichwohl an das Einwohnermeldeamt wandte, hätte sie ihr ohnehin schon unkonventionell aufgezäumtes Auskunftsersuchen nicht auch noch mit zusätzlichen Fragezeichen vernebelnsollen.

    Mehr als Spott darf man dann nämlich nicht erwarten.

    Ganz auf Nummer sicher ging ein Polizeibeamter, als er bei einem 17jährigen Beschuldigten nicht auf eine Vorladung zum Re vier vertraute, sondern unmittelbar die Wohnanschrift aufsuchte.
    Gegen 11.10 Uhr klingelte ich an der Haustür. Ein Fenster der oberen Etage wurde geöffnet und der Vater des Mike Gelhaar sah heraus. Als ich ihm den Grund meines Erscheinens gesagt hatte, gab er an, daß ich warten oder wiederkommen soll, weil Mike gerade mit seiner Freundin eine «Nummer» schiebt. Daraufhin antwortete ich, daß ich warten würde und Mike, wenn er mit seiner «Nummer» fertig ist, zur Haustür kommen möchte. Nach ca. 5 Minuten kam Mike mit seinem Vater an die Haustür.
     
    Ließe sich dagegen ein Beschuldigter unter oder meinetwegen auch bei einer Hausnummer gar nicht antreffen, weil man esnämlich mit einem reisenden Täter ohne festen Wohnsitz zu tun hat, so könnte ihm für die Durchführung des Strafverfahrens «eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens» abgeknöpft werden (§ 132 StPO).
    Polizeilicher Vermerk:
    Staatsanwalt Kleinlich ordnete telefonisch die Erhebung einer Sicherheitsleistung an. Wegen Mittellosigkeit des Beschuldigten sei die Sicherheitsleistung auf 0 Euro festzulegen.
     
    Käme statt dessen ein Haftbefehl in Betracht, ließe sich der am ehesten auf Fluchtgefahr stützen. Ein Haftrichter formulierte das so:
    Der Beschuldigte hat keinen festen Wohnsitz und treibt sich unkontrolliert umher.
     
    Es gibt sogar doppelt flüchtige Täter:
    Beide Zeugen erklärten uns am Tatort, daß der Geschädigte von einem flüchtigen Bekannten angegriffen worden sei, der sich aber zwischenzeitlich schon entfernt habe.
     
    Ist eine Person nach Ausländerrecht abzuschieben, hat hier aber noch ein Strafverfahren offen, so kann die Staatsanwaltschaft dieses Hindernis beseitigen, indem sie von der weiteren Verfolgung absieht. Häufig wird sie dann allerdings einen Haftbefehl erwirken, der im Fall einer Wiedereinreise vollzogen würde und damit die Fortführung des Verfahrens sicherstellte. Für diese Art der Untersuchungshaft gibt es keinen Eigennamen. So ist es viel leicht eher juristischer Sprachlosigkeit denn Zynismus zuzuordnen, was hier eine Ausländerbehörde der Staatsanwaltschaft schrieb:
    Zu Ihrem Ermittlungsverfahren teilen wir Ihnen mit, daß es uns gelungen ist, Herrn X festzunehmen. Er soll von Nordrhein-Westfalen aus abgeschoben werden.
    Gemäß § 64
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