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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin
Autoren: Vampira VA
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Rande der Stadt von einer Karawane aufgeschlagen worden war, weit weg von dem marktschreierischen, lasterhaften Getöse, mit dem Kinder an zahlungskräftige Kunden verhökert wurden .
    Ich hatte zu essen und zu trinken erhalten und ein neues, zartes Gewand, wie ich noch nie im Leben eines berührt, geschweige denn getragen hatte.
    Es umschmeichelte meine Haut, und irgendwo im Innern glaubte ich fast, es spendete mir Trost, so daß ich gar nicht auf den Gedanken kam, mir etwas antun zu wollen.
    Dabei wußte ich so gut wie nichts über den Fremden, dessen Haut schwarz und glänzend wie Ebenholz war. Und dessen Augen keineswegs voller Güte auf mich herabgeblickt hatte, sondern mit einer festen, mir jedoch verborgen gebliebenen Absicht, hinter der sich durchaus schlimmere Pein verbergen konnte als die, die manch anderes der Kinder erwartete.
    Aber bei all der Ungewißheit gab es doch auch eine Stimme in mir, die herausfinden wollte, wie es weiterging. Die mir zuredete, Ruhe zu bewahren, abzuwarten, voller Hoffnung zu sein .
    Gegen Mittag dieses Tages kam einer seiner stummen Diener und holte mich, um mich zu meinem Besitzer (was für ein Wort!) zu führen.
    Er empfing mich in seinem Prunkzelt und schickte wieder seinen Diener sogleich wieder fort, so daß er mit mir allein sein konnte.
    Auch er trug ein Gewand, und es war makellos weiß, so daß die makellose Schwärze seiner sichtbaren Haut noch unterstrichen wurde.
    Er wirkte auf mich schön wie ein junger Gott.
    Aber von Anfang an wußte ich, daß er nicht nur zu edlem, nicht nur zu uneigennützigem Handeln fähig war.
    Mit wohlklingender Stimme sagte er: »Darf ich dir das hier zum Geschenk machen?« Er zeigte auf ein zusammengefaltetes Tuch, das ihm zu Füßen auf dem Teppich lag, wo er auf einem seltsamen Schemel Platz genommen hatte. »Ich denke, es ist der Feier des Tages angemessen. Man sollte nicht einfach darüber hinweggehen, wenn ein weiteres Lebensjahr vollendet ist ... Dafür ist die Jugend zu kostbar.«
    Ich sah ihn an. Maßlos irritiert und zugleich bemüht, sein Alter zu schätzen.
    Es gelang mir nicht.
    Vater, dachte ich, frei von Spott, hätte ihn für zwanzig oder vierzig gehalten ...
    »Woher wißt Ihr -«
    Er stoppte mich mit einer unmerklichen Geste und den Worten: »Ich bin ein Magier, und als solcher weiß ich vieles. Ich habe in meine Tücher geschaut und dich gefunden. Dein ganzes bisheriges Leben. Es war genauso bemerkenswert, wie ich es mir erhoffte, als ich dein Antlitz gestern zum ersten Mal schaute .«
    Ich wußte nicht, was ich sagen sollte.
    Doch er wartete schweigend, bis ich mich einigermaßen gefaßt hatte.
    »Was ... habt Ihr mit mir vor?« Mir fiel kaum auf, daß ich ihn und er mich mühelos verstand. »Wozu habt ihr mich ... gekauft?«
    Seine Augen spielten mit meinen Blicken; ich wußte nicht, wie mir geschah. Und dann sagte er: »Um dir die Freiheit zu schenken. Um dich vor ihren schmutzigen Händen zu bewahren ...«
    In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Ich glaubte nicht, was ich hörte. Ich argwöhnte ein böswilliges Spiel dahinter.
    »Und die anderen?« fragte ich deshalb aufgebracht. »Waren sie es weniger wert, geschützt zu werden?«
    »Keines der anderen Kinder war wie du. Was aus ihnen wird, ist mir egal.«
    Da war es.
    Das Eingeständnis, auf das ich unbewußt die ganze Zeit gewartet hatte. Das Geständnis, wie sehr die äußere Makellosigkeit und die Reinheit seines Gewandes täuschten!
    Zugleich nahm er mir aber auch jeden Angriffspunkt.
    »Du erwiderst nichts?« fragte er.
    »Was sollte ich? Was erwartet Ihr also von mir?«
    »Zur Zeit ... nichts.«
    »Zur Zeit?«
    »Du kannst nicht nur gehen, du sollst. Ich habe keine Verwendung für dich. Was sollte ich mit einem Kind? Und was ich erwarte? Koste dein Leben aus - lebe es! Lerne die Welt kennen, und eines Tages, wenn du erwachsen bist, wenn du eine Frau bist, kehre zu mir zurück!«
    Ich versuchte zu ergründen, ob er dies wirklich ernst meinte. Ob er glaubte, man könnte einem Menschen im Kindesalter diktieren, als Erwachsener zu jemandem zurückzukehren, von dem man wußte, daß er einem irgendwann einmal aus undurchschaubaren Gründen, vielleicht nur aus purer Langeweile, die Sklaverei erspart hatte .
    »Ich würde nicht zu Euch zurückkehren!«
    »Das bleibt dir völlig überlassen .«
    Er log. Aber damals wußte ich noch nicht, woher er seine Gewißheit nahm, mich in der Zukunft wiederzusehen.
    Hatte er auch dies in seinen >Tüchern< gelesen?
    »Wenn Ihr
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