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Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin
Autoren: Vampira VA
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kaum ein Lichtschein glomm.
    Hölzern stand der Deutsche auf. Wie jede Nacht trieb es ihn zu einem der Höfe hinter den annektierten Häusern, wo obdachlos gewordene Frauen, Kinder, Alte und Kranke eingepfercht gehalten wurden.
    Einer der beiden Lagerwächter stammte aus demselben Dorf wie Ludwig und war sein Freund. Der andere würde für ein paar Münzen wegsehen. Als Bewacher eines solchen Zugangs konnte man mit etwas Geschäftssinn reich werden. Niemanden interessierte wirklich, was in den Elendslagern geschah, und ganz bestimmt nicht den Herzog von Bourbon, der die kaiserliche Armee gegen Rom geführt hatte und der seines Mangels an menschlichen Gefühls wegen berüchtigt war.
    Menschlichen Gefühls ...
    Ludwigs mageres Gesicht verzog sich zur Grimasse.
    »Was für eine Nacht«, stöhnte auch Clemens, der seinen federgeschmückten Hut aufsitzen hatte, während an der Hüfte Schwert und Dolch baumelten. Das Wams war mit aufgenähten Lederflicken gepanzert, und die dürren Beine steckten in Bundhosen, die, eng geschnürt, dicht unter den Knien endeten. Sein besorgter Blick sog sich wie ein Blutegel an Ludwigs Gesicht fest, das vage in den Mondschatten zu erkennen war. »Du siehst schlecht aus, Kamerad. Noch übler als gestern. Warum gehst du nicht endlich zum Bader? Er sollte sich deine Wunden ansehen .«
    »Ich bin in Ordnung«, log Ludwig. Sein Blick irrte zu dem anderen Landsknecht, der bereits in Erwartung des Schweigegelds nervös von einem Fuß auf den anderen trat. Sein Name war Eberhard. Zwischen ihm und Clemens stand eine windgeschützte Kerze auf dem Pflaster. Nachdem Ludwig die Münzen in Eberhards Hand hatte gleiten lassen, bückte sich dieser und zählte im Kerzenschein nach.
    Sein Brummen klang unzufrieden, aber es hinderte ihn nicht, zur Seite zu treten.
    »Wie du in solchen Nächten an so etwas denken kannst ...«, hörte Ludwig die verständnislose Stimme seines Freundes, der - welche Ironie! - ebenso hieß wie der in die Engelsburg geflüchtete Papst. »Ich begreife dich nicht! Aber sei auf der Hut. Wenn herauskommt, daß wir dich -«
    »Keine Sorge«, versicherte Ludwig, ehe er, ohne sich noch einmal umzudrehen, in den Innenhof trat, wo die Finsternis schwärzer war als draußen vor dem Tor.
    Und wo er die Angst der Menschen riechen konnte, deren Nähe und Ohnmacht die letzte Hemmschwelle in ihm niederriß.
    Er war nicht gekommen, um den niederen Trieb zu bedienen, an den Clemens dachte.
    Er war hier, um jene Begierde zu stillen, von der seine Existenz abhing.
    Seit er in Trastevere gestorben war .
    *
    Die Finsternis, durch die er sich schlafwandlerisch sicher bewegte, übte einen bizarren Zauber auf Ludwig aus. Die Dunkelheit hatte sich verwandelt - seit er sich gewandelt hatte. An jenem Abend in Trastevere, unmittelbar vor der Überquerung des Tibers.
    Ludwig hatte einen Mann, der ihm den Zutritt zu seinem Haus verwehren wollte, erschlagen, und später, beim Durchwühlen der Schränke, war er plötzlich von hinten von einer festen, völlig angstfreien Stimme angesprochen worden. Im Umdrehen hatte er einen in rötlich gefärbte Seide gekleideten Mann erblickt, dessen Augen ihn streng gemustert hatten. Er mußte den Enthaupteten draußen im Gang gesehen haben. Aber offenbar erschütterte ihn dies nicht sonderlich, obwohl er sagte:
    »Welche Verschwendung. Ich hatte ihn noch nicht lange. Er war ein treuer Diener .«
    Ludwig hatte sich gewundert, daß er den Fremden verstand, denn dieser benutzte die italienische Sprache, und die Laute, die dieser Kälte verbreitende Mann von sich gab, waren ebenso abstoßend wie faszinierend. Ihre morbide Melodie transportierte das, was sie be-deuteten, tief in Ludwigs Hirn und löste dort ein gespenstisches Bedürfnis nach devotem Gehorsam aus .
    Die Hand des Landsknechts lag auf dem Schaft seines Schwertes. Aber er war nicht in der Lage, die Klinge zu ziehen.
    »Wer - seid Ihr?«
    »Sein Herr. Und nun bald der deine .«
    Das Verhängnis - falls man es als solches bezeichnen konnte - war nicht aufzuhalten gewesen.
    Der Mann war nicht aufzuhalten gewesen.
    Er war über Ludwig gekommen. Das Edle seiner Züge war verschwommen wie eine Maske aus Wachs, die greller Hitze ausgesetzt wurde. Und darunter .
    Ludwig erinnerte sich nicht mehr an den Schmerz, als der Vampir die Zähne in seine Halsschlagader gestoßen hatte. Aber er wußte noch genau, wie das Sterben gewesen war.
    SCHRECKLICH.
    Anfangs, mit dem Verlust des Blutes und der lähmenden Schwäche, die sich in
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