Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfad der Woelfin

Der Pfad der Woelfin

Titel: Der Pfad der Woelfin
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
war seine Freundin.
    Seine Verbündete.
    Unter ihrem Mantel schwelgte er in Erinnerungen an die Vergangenheit - und in dumpfen Träumen von der Zukunft.
    Seiner Zukunft ...
    Ludwig zögerte nicht länger. In seinen oberen Augzähnen pulsierte die Kraft der Metamorphose, die seine Züge veränderte, während er den linken Arm unter das Stoffdach schob, um es ein wenig anzuheben.
    Die Berührung pflanzte sich wie ein Schock durch seinen Körper.
    Ludwig begriff nicht, was geschehen war. Er ließ los und glitt geduckt unter die Überdachung.
    Das Mädchen lag da wie hingegossen.
    Knabenhaft schlank und dennoch von solch verführerischer Aura umgeben, daß Ludwig einen Moment lang, während er beobachtete, wie sie sich am Boden rekelte, die absurde Hoffnung hegte, sein taubes Gefühl in den Lenden könnte davon tatsächlich neu belebt werden.
    Aber er verwarf den Gedanken rasch wieder.
    Totes war nicht dazu da, sich mit Lebendigem zu paaren. Es wäre über den Akt purer Mechanik nicht hinausgekommen . zumindest nicht, was das Tote anging.
    Das Mädchen war blutjung, fünfzehn oder sechzehn.
    (Junges Blut...)
    Ihr helles Haar umrahmte ein selbstbewußtes, beinahe verwegenes Gesicht, das Ludwig sonderbar bewegte. Ihre Augen hatten die Farbe reifer, aus ihren stacheligen Schalen befreiter Kastanien. Ein ganz eigener Stachel schien sich darin zu verbergen. Eher dem Gift einer Hornisse verwandt .
    Während Ludwigs Blicke das Bild des biegsamen, gertenschlanken Körpers in sich aufnahm und kurz auf ihren kleinen, perfekt mit den sonstigen Proportionen harmonierenden Brüsten verharrte, sagte sie kehlig: »Worauf wartest du? Zieh dich aus!«
    Erst jetzt fiel ihm auf, daß sie akzentfreies Deutsch sprach. Sie wirkte auch keineswegs südländisch. Der kühle Norden hätte eher ihre Heimat sein können .
    Irritiert schalt sich Ludwig, weil er sich darüber überhaupt einen Gedanken machte. Er war nicht gekommen, um .
    »Nein?«
    Es war, als erriete sie seine geheimsten Gedanken.
    Sie starrte dorthin, wo er stand. Ihre Augen standen weit offen, und plötzlich war er sicher, daß sie ihn ebenso taxierte, wie er sie.
    »Wer bist du?« schnarrte er.
    »Und du?«
    Es war sinnlos. Zeitvergeudung.
    Ludwig warf sich nach vorn.
    Mit seinem ganzen Gewicht fiel er auf das zierliche Mädchen, an dem ihn nur interessieren konnte, was sie bei aller Blöße immer noch verbarg: jener kostbare Strom, der sich unermüdlich durch die unsichtbaren Kanäle ihres jugendlichen, so makellos und gesund wirkenden Körpers wälzte - wie die dunklen Wasser durch die unterirdischen Aquädukte Roms ...
    Als seine drohenden Zähne auf ihren Hals hinabstießen, um sie zur Ader zu lassen, versank sein Denken in einem hemmungslosen Rausch, der jede andere Wahrnehmung dämpfte.
    So entgingen ihm die Warnzeichen, und bis ihm auffiel, wie sie sich verändert hatte, war es bereits zu spät .
    *
    Es ist meine erste Begegnung mit IHNEN. Nie zuvor prallte ich mit einer Kreatur von solch abstoßendem Fleische zusammen ...
    Sie sieht aus wie ein Mensch. Aber sie fletscht die Zähne wie ein Tier! Sofort geht sie mir an die Gurgel, ihre Züge verzerren sich, und ich fliehe in den Impuls, der meine andere Seite schlagartig erweckt.
    Haar sprießt. Knochen knirschen. Meine Knochen. Alles ändert sich. Selbst mein Denken verschiebt sich zu Mustern, die nur eine Befriedigung kennen. Der Jagdtrieb nimmt mich nun vollends in Besitz .
    Seit wenigen Tagen halte ich mich in dieser Stadt auf, deren Sagen mich zur beschwerlichen Reise über die Alpen animierten. Ich kam kurz vor dem Einfall der kaiserlichen Armee an und hielt mich versteckt, bis die Macht des Gestirns, das mein Dasein bestimmt, seinen allmonatlichen Höhepunkt erreichte.
    Als die Gezeiten des Fluchs das Fieber in mir wie den Spiegel eines Ozeans ansteigen ließen, suchte ich mir Plätze, an denen ich meinen Begierden nach Herzenslust frönen konnte.
    Heute Nacht entschied ich mich für dieses Armenlager, von dem ich weiß, daß es immer wieder von Übergriffen der Landsknechte heimgesucht wird. Bei Tag ließ ich mich, mit El Nabhals Tuch vermummt, hier einsperren. Dieses Tuch verlieh mir das Aussehen einer gebrechlichen alten, aussätzigen Frau. Und nun ...
    Nun töte ich - was bereits tot ist.
    Ich sehe das Grauen, das in den Augen meines Opfers lodert. Tote Augen, die dennoch nicht gegen Entsetzen gefeit sind und in denen etwas glimmt, das sich vom Leben kaum unterscheidet. Etwas - Anrührendes .
    Aber dies bedenke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher