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Der Papalagi

Der Papalagi

Titel: Der Papalagi
Autoren: Erich Scheuermann
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Samoaner hat.
    Auf gleiche Weise werden auch den Kindern soviele Gedanken in den Kopf geschoben, als nur hineingehen wollen. Sie müssen zwangsweise jeden Tag ihr Quantum Gedankenmatten zernagen. Nur die Gesundesten stoßen diese Gedanken ab oder lassen sie durch ihren Geist fallen wie durch ein Netz. Die meisten aber überladen ihren Kopf mit sovielen Gedanken, daß kein Raum mehr darin ist und kein Licht mehr hineinfällt. Man nennt dies: »den Geist bilden« und den bleibenden Zustand solcher Wirrnis: »Bildung«, die allgemein verbreitet ist.
    Bildung heißt: seinen Kopf bis zum äußersten Rande mit Wissen füllen. Der Gebildete weiß die Länge der Palme, das Gewicht der Kokosnuß, die Namen aller seiner großen Häuptlinge und die Zeit ihrer Kriege. Er weiß die Größe des Mondes, der Sterne, und aller Länder. Er kennt jeden Fluß bei Namen, jedes Tier und jede Pflanze. Er weiß alles, alles. Stelle einem Gebildeten eine Frage, er schießt dir die Antwort entgegen, noch ehe du deinen Mund schließt. Sein Kopf ist immer mit Munition geladen, ist immer schußbereit. Jeder Europäer gibt die schönste Zeit seines Lebens daran, seinen Kopf zum schnellsten Feuerrohr zu machen. Wer sich ausschließen will, wird gezwungen. Jeder Papalagi muß wissen, muß denken.
    Das einzige, was nun alle jene Denkkranken heilen könnte, das Vergessen, das Fortschleudern der Gedanken, wird nicht geübt; daher können es die wenigsten. Die meisten tragen eine Last in ihrem Kopfe herum, daß ihr Leib müde ist vom schweren Tragen und kraftlos und welk wird vor der Zeit.
    Sollen wir nun, ihr lieben nichtdenkenden Brüder, nach alledem, was ich euch hier in treuer Wahrheit verkündet habe, wirklich dem Papalagi nacheifern und auch denken lernen wie er? Ich sage: nein! Denn wir sollen und dürfen nichts tun, das uns nicht stärker an Leib und unsere Sinne nicht fröhlicher und besser macht. Wir müssen uns hüten vor allem, was uns die Freude am Leben rauben möchte, vor allem, was unsern Geist verdunkelt und ihm sein. helles Licht nimmt, vor allem, was unseren Kopf in Streit mit unserem Leibe bringt. Der Papalagi beweist uns durch sich selbst, daß das Denken eine schwere Krankheit ist und den Wert eines Menschen um vieles kleiner macht.
    Der Papalagi will uns in seine Dunkelheit hineinziehen
L
    iebe Brüder, es gab eine Zeit da wir alle in der Dunkelheit saßen und keiner von uns das strahlende Licht des Evangeliums kannte, da wir umherirrten wie Kinder, die ihre Hütte nicht
    finden können, da unser Herz keine große Liebe kannte und unsere Ohren noch taub waren für das Wort Gottes.
    Der Papalagi hat uns das Licht gebracht. Er kam zu uns, uns aus unserer Dunkelheit zu befreien. Er führte uns zu Gott und lehrte uns ihn lieben. Wir verehrten ihn darum als den Bringer des Lichtes, als den Sprecher des großen Geistes, den der Weiße Gott nennt. Wir erkannten und anerkannten den Papalagi als unseren Bruder und wehrten ihm nicht unser Land, sondern teilten alle Frucht und alles Eßbare redlich mit ihm als eines gleichen Vaters Kinder.
    Keine Mühe ließ sich der weiße Mann verdrießen, uns das Evangelium zu bringen, auch wenn wir uns wie störrische Kinder seiner Lehre widersetzten. Für diese Mühe und für alles dies, was er unseretwegen erduldet, wollen wir ihm dankbar sein und ihn für alle Zeiten feiern und ihm huldigen als unserem Lichtbringer.
    Der Missionar des Papalagi lehrte uns als erster, was Gott sei, und er führte uns von unseren alten Göttern fort, die er irre Götzen nannte, weil sie den wahren Gott nicht in sich hatten. So hörten wir denn auf, die Sterne der Nacht anzubeten, die Kraft des Feuers und des Windes und wandten uns seinem Gotte zu, dem großen Gotte im Himmel.
    Das Erste, was Gott tat, war, daß er uns durch den Papalagi alle Feuerrohre und Waffen nehmen ließ, damit wir friedlich untereinander lebten als gute Christen. Denn ihr wißt die Worte Gottes, daß wir alle einander lieben, aber nicht töten sollen, welches sein höchstes Gebot ist. Wir haben unsere Waffen gegeben, und keine Kriege verheeren seitdem mehr unsere Inseln, und einer achtet den anderen als seinen Bruder. Wir erfuhren, daß Gott recht hatte mit seinem Befehle, denn friedlich lebt heute Dorf bei Dorf, wo einst große Unruhe herrschte und die Schrecken kein Ende nehmen wollten. Und wenn auch noch nicht in jedem von uns der große Gott ist und ihn mit seiner Liebe ausfüllt, so erkennen wir alle doch in Dankbarkeit, daß unsere Sinne
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