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Der Papalagi

Der Papalagi

Titel: Der Papalagi
Autoren: Erich Scheuermann
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Lagune hinauszufahren und umgekehrt. Beruf haben heißt: nur laufen, nur schmecken, nur riechen, nur kämpfen können, immer nur eines können.
    1
    Tussi = der Brief, Tussi-tussi = der Briefschreiber
    In diesem Nur-eines-Können liegt ein großer Mangel und eine große Gefahr; denn ein jeder kann wohl einmal in die Lage kommen, ein Canoe durch die Lagune zu fahren.
    Der große Geist gab uns unsere Hände, daß wir die Frucht vom Baume brechen, die Taroknolle aus dem Sumpfe heben können. Er gab sie uns, unseren Leib zu schützen gegen alle Feinde, und er gab sie uns zur Freude bei Tanz und Spiel und allen Lustbarkeiten. Er gab sie uns aber sicher nicht, daß wir nur Hütten bauen, nur Früchte brechen oder Knollen heben, sondern sie sollen unsere Diener und Krieger sein zu allen Zeiten und bei allen Gelegenheiten.
    Dies begreift aber der Papalagi nicht. Daß sein Tun aber falsch ist, grundfalsch und gegen alle Gebote des großen Geistes, erkennen wir daran, daß es Weiße gibt, die nicht mehr laufen können, die viel Fett ansetzen am Unterleib wie ein Puaa 1 , weil sie stets rasten müssen, von berufswegen, die keinen Speer mehr heben und werfen können, weil ihre Hand nur den Schreibknochen hält, sie im Schatten sitzen und nichts tun als Tussi schreiben, die kein wildes Roß mehr lenken können, weil sie nach den Sternen sehen oder Gedanken aus sich selber ausgraben.
    1
    Schwein
    Selten kann ein Papalagi noch springen und hüpfen wie ein Kind, wenn er im Mannesalter ist. Er schleift beim Gehen seinen Leib an der Luft und bewegt sich fort, als ob er dauernd gehemmt sei. Er beschönigt und verleugnet diese Schwäche und sagt, daß Laufen, Springen und Hüpfen nicht wohlanständig für einen Mann von Würde sei. Aber dies ist dennoch ein Heuchelgrund; denn seine Knochen sind hart und unbeweglich geworden, und alle seine Muskeln verließ ihre Freude, weil der Beruf sie zu Schlaf und Tod verbannte. Auch der Beruf ist ein Aitu, der das Leben vernichtet. Ein Aitu, der dem Menschen schöne Einflüsterungen macht, ihm aber das Blut aus dem Leibe trinkt.
    Doch der Beruf schadet dem Papalagi noch in anderer Weise und gibt sich noch nach anderer Seite hin als ein Aitu zu erkennen.
    Es ist eine Freude, eine Hütte zu bauen, die Bäume im Walde zu fällen und sie zu Pfosten zu behauen, die Pfosten dann aufzurichten, das Dach darüber zu wölben und am Ende, wenn Pfosten und Träger und alles andere gut mit Kokosfaden verbunden ist, es mit dem trockenen Laube des Zuckerrohres zu decken. Ich brauche euch nicht zu sagen, wie groß eine Freude ist, wenn eine Dorfschaft das Häuptlingshaus errichtet und selbst die Kinder und Frauen an der großen Feier mit teilnehmen.
Was würdet ihr nun sagen, wenn nur wenige Männer aus dem Dorfe in den Wald dürften, um die Bäume zu fällen und sie zu Pfosten zu schlagen? Und diese wenigen dürften nicht helfen, die Pfosten aufzurichten, denn ihr Beruf wäre es, nur Bäume zu fällen und Pfosten zu schlagen? Und die, welche die Pfosten aufrichten, dürften nicht das Dachgesparre flechten, denn ihr Beruf wäre es, nur Pfosten aufzurichten? Und die, welche das Dachgesparre flechten, dürften nicht helfen, es mit Zuckerrohrlaub zu decken, denn ihr Beruf wäre es, nur Sparren zu flechten? Alle aber dürften nicht helfen, den runden Kiesel vom Strande zu holen zum Belag des Bodens, denn dieses dürften nur tun, die, deren Beruf dies ist? Und nur die dürften die Hütte befeiern und einweihen, die darin wohnen, nicht aber sie alle, welche die Hütte erbauen? –
    Ihr lacht, und so würdet ihr auch sicherlich sagen: Wenn wir nur eines und nicht alles mittun dürfen und nicht bei allem helfen sollen, wozu Manneskraft dient, so ist unsere Freude nur halb – sie ist gar nicht. Und ihr würdet sicher als einen Narren erklären, jeden, welcher von euch derweise forderte, eure Hand nur zu einem Zwecke zu benutzen, geradeso als seien alle anderen Glieder und Sinne eures Leibes lahm und tot.
    Hieraus wird denn auch dem Papalagi seine höchste Not. Es ist schön, einmal am Bache Wasser zu schöpfen, auch mehrere Male am Tage; aber wer da von Sonnenaufgang bis zur Nacht schöpfen muß und jeden Tag wieder und alle Stunden, soweit seine Kraft nur reicht und immer wieder schöpfen muß – der wird schließlich den Schöpfer in Zorn von sich schleudern in Empörung über die Fessel an seinem Leibe. Denn nichts fällt jedem Menschen so schwer, als immer genau das Gleiche zu tun.
    Es gibt aber Papalagi, die
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