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Der Papalagi

Der Papalagi

Titel: Der Papalagi
Autoren: Erich Scheuermann
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Leben ohne Ruhe, verlernt immer mehr das Gehen und Wandeln und das fröhliche Sichbewegen auf das Ziel, das uns entgegenkommt, das wir nicht suchen.
    Ich sage euch darum: die Maschine ist ein schönes Spielzeug der weißen großen Kinder, und alle seine Künste dürfen uns nicht schrecken. Noch hat der Papalagi keine Maschine gebaut, die ihn vor dem Tode bewahrt. Er hat noch nichts getan oder gemacht, was größer ist als das, was Gott zu jeder Stunde tut und macht. Alle Maschinen und anderen Künste und Zaubereien haben noch keines Menschen Leben verlängert, haben ihn auch nicht froher und glücklicher gemacht. Halten wir uns darum an die wunderbaren Maschinen und hohen Künste Gottes und verachten wir, wenn der Weiße Gott spielt.
    Vom Berufe des Papalagi und wie er sich darin verirrt
J eder Papalagi hat einen Beruf. Es ist schwer zu sagen, was dies ist. Es ist etwas, wozu man viel Lust haben sollte, aber zumeist wenig Lust hat. Einen Beruf haben, das ist: immer ein und dasselbe
    tun. Etwas so oft tun, daß man es mit geschlossenen Augen und ohne alle Anstrengung tun kann. Wenn ich mit meinen Händen nichts tue als Hütten bauen oder Matten flechten – so ist das Hüttenbauen oder Mattenflechten mein Beruf.
    Es gibt männliche und weibliche Berufe. Wäsche in der Lagune waschen und Fußhäute blank machen ist Frauenberuf, ein Schiff über das Meer fahren oder Tauben im Busch schießen ist Mannesberuf. Die Frau gibt ihren Beruf zumeist auf, sobald sie heiratet, der Mann beginnt dann erst, ihn tüchtig zu betreiben. Jeder Alii gibt seine Tochter nur, wenn der Freier einen geübten Beruf hat. Ein berufsloser Papalagi kann nicht heiraten. Jeder weiße Mann soll und muß einen Beruf haben.
    Aus diesem Grunde muß jeder Papalagi, lange vor der Zeit, da ein Jüngling sich tätowieren läßt, entscheiden, welche Arbeit er sein Leben lang tun will. Man heißt das: seinen Beruf nehmen. Dies ist eine sehr wichtige Sache, und die Aiga spricht ebensoviel davon, als was sie am anderen Tage essen möchte. Nimmt er nun den Beruf des Mattenflechtens, so bringt der alte Alii den jungen Alii zu einem Manne, der auch nichts tut als Mattenflechten. Dieser Mann muß dem Jüngling zeigen, wie man eine Matte flicht. Er muß ihn lehren, eine Matte so zu machen, daß er sie macht, ohne hinzuschauen. Dies geht oft eine lange Zeit, sobald er das aber kann, geht er von dem Manne wieder fort, und man sagt nun: er hat einen Beruf.
    Wenn nun der Papalagi später einsieht, daß er lieber Hütten bauen als Matten flechten würde, sagt man: er hat seinen Beruf verfehlt; das heißt so viel wie: er hat vorbeigeschossen. Dies ist ein großer Schmerz; denn es ist gegen die Sitte, nun einfach einen anderen Beruf zu nehmen. Es ist gegen die Ehre eines rechten Papalagi zu sagen: ich kann dies nicht – ich habe keine Lust dazu; oder: meine Hände wollen mir dazu nicht gehorchen.
    Der Papalagi hat so viele Berufe, wie Steine in der Lagune liegen. Aus allem Tun macht er einen Beruf. Wenn jemand die welken Blätter des Brotfruchtbaumes aufsammelt, so pflegt er einen Beruf. Wenn einer Eßgeschirre reinigt, so ist auch dies ein Beruf. Alles ist ein Beruf, wo etwas getan wird. Mit den Händen oder dem Kopfe. Es ist auch ein Beruf, Gedanken zu haben oder nach den Sternen zu schauen. Es gibt eigentlich nichts, das ein Mann tun könnte, aus dem der Papalagi nicht einen Beruf macht.
    Wenn also ein Weißer sagt: ich bin ein Tussi-tussi 1
– so ist dies sein Beruf, so tut er eben nichts, als einen Brief nach dem anderen schreiben. Er rollt seine Schlafmatte nicht aufs Gebälk, er geht nicht ins Kochhaus, sich eine Frucht zu braten, er säubert sein Eßgeschirr nicht. Er ißt Fische, geht aber nicht zum Fischen, er ißt Früchte, bricht aber nie eine Frucht vom Baume. Er schreibt einen Tussi nach dem anderen; denn Tussi-tussi ist ein Beruf. Gerade so wie dieses alles aus sich schon ein Beruf ist: das Schlafmatten-aufs-Gebälk-Tun, das FrüchteBraten, Eßgeschirre-Säubern, das Fische-Fangen oder das Früchte-Brechen. Erst der Beruf gibt jedem eine rechte Vollmacht zu seinem Tun.
    So kommt es denn, daß die meisten Papalagi nur das tun können, was ihr Beruf ist, und der höchste Häuptling, der viel Weisheit im Kopfe hat und viel Kraft im Arm, nicht fähig ist, seine Schlafrolle aufs Gebälk zu legen oder sein Eßgeschirr zu reinigen. Und so kommt es auch, daß der, welcher einen farbenbunten Tussi schreiben kann, doch nicht fähig sein muß, ein Canoe über die
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