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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast
Autoren: Rowland
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auch nur den Versuch zu unternehmen, die Frauen zu retten; dies hätte Reiko nur das eigene Leben gekostet – mit der Folge, dass Midori, Keisho-in und Fürstin Yanagisawa auf sich allein gestellt wären.
    »Nehmt Keisho-in und flieht«, sagte Reiko zu der Fürstin. »Rasch!«
    Doch Fürstin Yanagisawa rührte sich nicht. Ihr Blick irrte zwischen den Sänften, den ermordeten Frauen am Straßenrand und deren noch lebenden, von Todesangst erfüllten Gefährtinnen hin und her. Der Mörder mit dem Dolch ging weiter die Reihe entlang und brachte Tod und Verderben, wobei seine Kumpane ihm zuschauten. Plötzlich schwankte Fürstin Yanagisawa und verdrehte die Augen. Reiko fing sie auf, bevor sie auf den Boden prallen konnte, und schlug ihr auf die Wangen.
    »Ihr dürft jetzt nicht bewusstlos werden! Ihr müsst fliehen, bevor diese Mörder bemerken, dass wir noch frei sind!« Reiko schob Fürstin Yanagisawa zu Keisho-in hinüber, die nur ein paar Schritte entfernt war.
    »Bringt euch in Sicherheit!«, rief Reiko.
    Die beiden Frauen stolperten davon.
    Reiko eilte zu Midori. Die beiden maskierten Angreifer hatten inzwischen die Beine der jungen Frau gepackt und zerrten sie aus der Sänfte, obwohl Midori verzweifelt um sich schlug. Reiko sah, dass das Kettenhemd des einen Mannes einen Riss aufwies: Ein Schwerthieb hatte unter der Achselhöhle die Knoten aus Leinen durchtrennt, mit denen die lederüberzogenen Metallplättchen verbunden waren. Reiko stach den Doch genau durch den Riss tief in den Leib des Mannes. Der Maskierte heulte auf, und seine erschlaffenden Finger lösten sich von Midoris Beinen. Leblos fiel er zu Boden. Sein Kumpan wirbelte zu Reiko herum. Seine Augen funkelten in den Sehschlitzen der Kapuze. Reiko stieß ihm blitzschnell den Dolch in die Kehle. Der Mann starb lautlos im Staub der Straße.
    »Oh, Reiko -san !«, rief Midori.
    Reiko schob den Dolch in die Hülle zurück, die an ihrem Arm festgeschnallt war, beugte sich über den Mann, den sie soeben getötet hatte, und zog dessen Schwert aus der Scheide.
    »Komm schnell, wir müssen uns beeilen«, rief sie Midori zu.
    Reiko hielt das erbeutete Schwert fest gepackt, als sie mit Midori die Straße hinauf flüchtete, an den Bannern der Tokugawa vorüber, die blutbespritzt zwischen den Leichen der niedergemetzelten Soldaten lagen. Doch wegen der Schwerfälligkeit Midoris kamen sie nur langsam voran. Schon bald erklangen Rufe und schnelle Schritte hinter ihnen. Reiko blickte über die Schulter und sah, dass sie von fünf Maskierten verfolgt wurden.
    »Schneller, Midori!«, rief sie der Freundin zu.
    »Ich … kann nicht …«, erwiderte Midori schwer atmend. »Geht ohne mich. Rettet Euch.«
    Augenblicke später hatten die Verfolger die Frauen eingeholt. Reiko wirbelte herum und ließ das Schwert durch die Luft zischen. Die Männer zogen ihre Waffen. Midori stöhnte vor Schmerz und Angst. »Bleib hinter mir«, rief Reiko ihr zu.
    Sie sprang vor und hieb nach den Maskierten, doch die Männer parierten ihre Angriffe. Ihre Schwerter trafen Reikos Klinge mit solcher Wucht, dass ihr Arm bis ins Schultergelenk erschüttert wurde. Sieben weitere Maskierte eilten herbei. Reiko hatte schon öfter solche Kämpfe gefochten, aber noch nie gegen zwölf Gegner zugleich. Die Maskierten umringten die beiden Frauen. Reiko wirbelte im Kreis; ihre Klinge blitzte. Doch Midori behinderte sie in ihren Bewegungen, und ihre Hiebe und Stiche prallten an den Kettenhemden, Waffenröcken und Helmen der Maskierten ab.
    »Hilfe!«, rief sie in der Hoffnung, von einer Patrouille der Tokugawa oder von reisenden Samurai gehört zu werden. Doch ihre Rufe verhallten ungehört in der Weite der nebligen Landschaft.
    Schließlich gelang es zwei Maskierten, Midori zu packen. »Lasst mich los!«, schrie sie. »Bitte, tut mir nichts!«
    Die verzweifelte Reiko kämpfte noch verbissener. Ihr wurde schwindelig vor Anstrengung; ihr Atem ging keuchend und ihre Muskeln schmerzten. In ihrem Kopf hallte das metallische Klirren der Waffen wider. Sie spürte, wie ihre Kräfte immer rascher erlahmten. Plötzlich hörte sie Schreie in einiger Entfernung und sah, wie mehrere Maskierte um eine Kurve bogen. Sie führten zwei Frauen mit sich: Keisho-in und Fürstin Yanagisawa. Bitterkeit stieg in Reiko auf. Ihren Freundinnen war die Flucht nicht gelungen.
    In diesem Augenblick der Unachtsamkeit legte sich von hinten ein Arm um Reikos Taille und drückte mit brutaler Kraft zu. In einem Wirbel aus schwarz maskierten
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