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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch
Autoren: Daniel Silva
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oder nicht.«
    »Vorsichtig, mein Sohn. Sonst rate ich ihm, dich hart anzufassen.«
    Navot kam herüber und lehnte sich an die Balustrade.
    »Was machen wir mit ihm, Ari?«
    »Meiner Ansicht nach sollte er mit seiner Frau in ein Zimmer gesperrt werden, in dem er bleiben muß, bis sie wieder schwanger ist.«
    »Abgemacht.« Navot wandte sich an Gabriel. »Das ist ein Befehl. Und du hast doch nicht vor, weitere Befehle von mir zu missachten, oder, Gabriel?«
    »Nein, nein.«
    »Was hast du also, im Ernst, mit so viel Freizeit vor?«
    »Erholung. Anschließend …« Gabriel zuckte ratlos mit den Schultern. »Keine Ahnung, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Komm bloß nicht auf die Idee, das Land verlassen zu wollen«, sagte Schamron. »Deine Adresse bleibt vorerst Haus Nummer sechzehn in der Narkiss-Straße.«
    »Ich muss arbeiten.«
    »Dann finden wir ein paar Gemälde, die du reinigen kannst.«
    »Die Gemälde sind in Europa.«
    »Nach Europa kannst du nicht«, sagte Schamron. »Noch nicht.«
    »Wann dann?«
    »Wenn wir Charkow erledigt haben. Dann kannst du ausreisen.«

76 J ERUSALEM
    Gabriel und Chiara bemühten sich entschlossen, Navots Befehl auszuführen. Sie fanden daneben wenig Grund, ihre Wohnung zu verlassen; in Jerusalem herrschte wie immer im August eine wahre Brutofenhitze und tagsüber war es unerträglich heiß. Sie wagten sich nur nach Einbruch der Dunkelheit hinaus – und auch dann nur kurz. Erstmals seit vielen Jahren empfand Gabriel den starken Drang, wieder selbst etwas zu malen. Sein Modell war natürlich Chiara. In nur drei Tagen malte er einen hinreißenden Akt, den er an die Wand gegenüber vom Bett stellte. Immer wenn das Zimmer im Halbdunkel lag und er von Chiaras Küssen berauscht war, war es fast möglich, das Gemälde mit der Realität zu verwechseln. Bei einer dieser Halluzinationen klingelte unerwartet das Telefon auf dem Nachttisch. Weil Chiara auf ihm ritt, war er versucht, es klingeln zu lassen. Doch dann hielt er sich widerstrebend den Hörer ans Ohr.
    »Wir müssen miteinander reden«, sagte Adrian Carter.
    »Ich höre.«
    »Nicht am Telefon.«
    »Wo?«
    Zwei Tage später trafen sie sich zum Frühstück auf der Terrasse des Hotels King David. Als Gabriel ankam, saß Carter, der einen verknitterten Leinenanzug trug, bereits mit der International Herald Tribune an seinem Tisch. Sie hatten sich seit vielen Monaten nicht mehr gesehen. Zuletzt waren sie sich am Morgen nach dem G8-Gipfel auf dem irischen Flughafen Shannon begegnet. Nach der mit dem russischen Präsidenten getroffenen Vereinbarung hatten Gabriel, Chiara, Michail und Irina Bulganowa Moskau so verlassen dürfen, wie Gabriel angekommen war: von Secret-Service-Agenten umgeben an Bord des »Autoflugzeugs«. Sie waren bei einer Zwischenlandung ausgestiegen und getrennte Wege gegangen. Irina hatte Graham Seymour nach England begleitet, während Gabriel, Chiara und Michael mit Schamron nach Israel heimgeflogen waren. An jenem Morgen war Carter so gerührt gewesen, dass er vergessen hatte, von Gabriel den amerikanischen Reisepass mit dem Aufdruck OFFICIAL zurückzufordern, mit dem Gabriel in Russland eingereist war. Das tat er jetzt, sobald er wieder Platz genommen hatte. Gabriel warf den Pass mit dem Wappen nach unten auf den Tisch.
    »Hoffentlich haben Sie ihn nicht auf Ihrer kleinen Europareise in diesem Sommer benutzt.«
    »Ich habe Israel seit meiner Rückkehr aus Russland nicht mehr verlassen.«
    »Netter Versuch, Gabriel. Aber ich weiß aus sehr guter Quelle, dass Sie und Ihr Team den Sommer damit verbracht haben, Anton Petrows Freunde und Helfer zu liquidieren. Und Sie haben verdammt gute Arbeit geleistet.«
    »Das waren nicht wir, Adrian. Das war Charkow.«
    »Dieses Gerücht haben meine europäischen Stationschefs auch gehört.«
    Carter schlug den Reisepass auf und fing an ihn durchzublättern.
    »Keine Sorge, Adrian, Sie finden darin keine neuen Visa. Das würde ich Ihnen und dem Präsidenten nicht antun. Dass meine Frau lebt, verdanke ich Ihnen beiden. Das kann ich nie wieder gutmachen.«
    »Trotzdem stehen wir weiter tief in Ihrer Schuld, glaube ich.« Carter trank einen kleinen Schluck Kaffee, dann wechselte er das Thema. »Wie wir hören, steht am King Saul Boulevard ein Wachwechsel bevor. Langley ist mit der Nachfolgeregelung natürlich sehr zufrieden. Uzi ist mir schon immer sympathisch gewesen.«
    »Aber?«
    »Wir haben natürlich gehofft, der nächste Direktor würden Sie werden. Aber wir verstehen, weshalb das
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