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Der Novembermörder

Der Novembermörder

Titel: Der Novembermörder
Autoren: Helene Tursten
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imposanten Tür.
    Irene Huss schien es, als hätte Henrik von Knecht sich während ihres Versteckspiels mit der Presse ein wenig erholt. Aber als er nun aus dem Aufzug stieg, erstarrte sein Gesichtsausdruck von neuem. Auch Kommissar Andersson bemerkte das.
    »Sie müssen nicht mit in die Wohnung kommen«, sagte er freundlich.
    »Doch, das will ich aber!«
    Die Antwort kam wie ein Peitschenknall. Der Kommissar war überrascht davon und murmelte: »Ja, ja, können Sie ja. Aber Sie müssen sich dann dicht hinter uns halten. Sie dürfen nichts anfassen, sich auf keinen Stuhl setzen und kein Licht anmachen. Wir sind natürlich dankbar, wenn Sie uns durch die Wohnung führen würden. Wie groß ist sie eigentlich?«
    »Dreihundertfünfzig Quadratmeter. Es ist eine Maisonettewohnung. Die anderen drei Wohnungen im Haus sind immer nur auf einem Stockwerk. Papa hat das Haus hier Ende der Siebziger gekauft und es sehr sorgfältig renovieren lassen. Es steht natürlich unter Denkmalschutz«, berichtete er.
    »Es gibt also nur drei andere Wohnungen im ganzen Haus?«
    »Ja.«
    Während sie miteinander sprachen, hatte der Kommissar sich ein Paar dünne Gummihandschuhe übergezogen. Mit einer Geste bat er Henrik von Knecht um den Türschlüssel. Er bekam ihn und schloss auf.
    Mit einem leichten Druck auf das äußerste Ende der Türklinke drückte er diese nach unten und öffnete die Wohnungstür.
    »Fasst keinen Lichtschalter hier im Flur an. Benutzt lieber eure Taschenlampen«, ermahnte Svante Malm sie.
    Leicht seufzend fuhr er fort: »Der Laser ist kaputt, deshalb muss ich die gute alte Pulvermethode benutzen.«
    Währenddessen suchte er mit dem Lichtkegel seiner Taschenlampe nach dem Lichtschalter. Als er ihn direkt neben der Tür gefunden hatte, bat er Irene Huss, die Taschenlampe direkt auf den Schalter zu richten. Er blies über die ganze Plastikscheibe um den Knopf herum Metallpulver. Vorsichtig pinselte er das überflüssige Pulver weg, drückte eine dünne Plastikfolie auf die Fläche und zog diese dann wieder ab. Ein Ausdruck der Überraschung zeichnete sich auf seinem länglichen Gesicht ab.
    »Total blank. Kein Krümelchen zu sehen. Jemand muss den Schalter abgewischt haben«, sagte er erstaunt.
    »Deshalb riecht es hier wohl auch nach Ajax«, sagte Irene Huss.
    Sie schnüffelten alle. Es gab noch mehr zu riechen. Zigarre. Das erklärte auch, warum sie ein Gefühl von Weihnachtsstimmung empfunden hatte, als sie in den Flur getreten war. Eine Erinnerung an die Weihnachtsfeiern ihrer Kindheit. Mutters Ajax und Vaters Weihnachtszigarre. Sie wandte sich an Henrik von Knecht.
    »Rauchte Ihr Vater Zigarren?«
    »Ja, ab und zu. Bei festlichen Gelegenheiten …«
    Seine Stimme erstarb zu einem Flüstern. Er schluckte schwer, denn auch er hatte den Zigarrenduft wahrgenommen. Mit verkniffenen Lippen fragte er Irene flüsternd: »Warum nehmen Sie Fingerabdrücke?«
    Irene dachte daran, was die Gerichtsmedizinerin gesagt hatte, beschloss jedoch, nur einen Teil der Wahrheit zu sagen.
    »Reine Routine. Das machen wir immer so, wenn wir bei einem überraschenden Todesfall an den Unglücksort gerufen werden«, erklärte sie.
    Er kommentierte ihre Aussage nicht weiter, sondern biss so fest die Zähne aufeinander, dass die Kiefermuskeln wie steinharte Polster am Ende der Kieferlinie hervortraten.
    Svante Malm knipste die Lampe im Flur an. Die Wände ragten sicher vier Meter in die Höhe. Die Eingangshalle war beeindruckend groß und geräumig. Der Boden war aus hellgrauem Marmor. Rechts von der Tür reihten sich fünf Garderobenfächer mit geschnitzten Türen aus dunklem Holz aneinander. Die mittlere war mit einem ovalen Spiegel versehen, der fast die ganze Tür bedeckte. Zusätzlich thronte einer der größten und am reichsten verzierten Spiegel, die Irene Huss je gesehen hatte, an der gegenüberliegenden Wand. Unter ihm stand eine ebenso kunstvoll geschnitzte und vergoldete Konsole.
    Kommissar Andersson wandte sich Henrik von Knecht zu.
    »Können Sie uns kurz einen Überblick über die Wohnung geben?«
    »Ja, natürlich. Die Tür neben dem Spiegel führt zu einer Toilette. Die nächste Tür geht zur Küche.«
    »Und die Tür gegenüber der Küche, neben den Garderoben?«
    »Die führt in die Gästesuite hier unten. Dort drinnen gibt es ein separates Badezimmer mit WC. Geradeaus haben wir die Tür zu dem großen Wohnzimmer. Ganz dahinten, linker Hand, ist die Treppe zum oberen Stockwerk. Dort oben liegen die Bibliothek, ein kleineres
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