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Der neunte Ton: Gedanken eines Getriebenen (German Edition)

Der neunte Ton: Gedanken eines Getriebenen (German Edition)

Titel: Der neunte Ton: Gedanken eines Getriebenen (German Edition)
Autoren: Peter Maffay
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Positionen, die er in der Politik eingenommen hat, stets ein offenes Ohr für uns gehabt. Dies gilt auch für Frank-Walter Steinmeier. Bei beiden schätze ich ihren politischen Sachverstand sowie ihre ethische Grundeinstellung und soziale Kompetenz. Bernd Neumann, der Staatsminister für Kultur und Medien, ist maßgeblich an der Entwicklung unseres Projekts in Rumänien beteiligt und versucht mit seinen Möglichkeiten die wunderbare siebenbürgische Kultur zu erhalten. Nicht alle Projekte, die bei diesen Begegnungen besprochen werden, können tatsächlich umgesetzt werden, aber der Gedankenaustausch ist mir wichtig und der Versuch, etwas im Sinne der Kinder und damit der Gesellschaft zu erreichen. Politik ist ein wichtiger Schutzraum für Kinder, denn hier werden Entscheidungen über ihr Schicksal getroffen. Daher brauchen wir Allianzpartner in der Politik. Ein Beispiel hierfür ist unsere Zusammenarbeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen, die im Jahr 2008 begonnen hat. Gemeinsam führen wir seitdem einen trilateralen Jugendaustausch mit Teenagern aus Israel und den palästinensischen Gebieten durch.
    Der erste Anstoß für diese Austauschmaßnahmen ging wiederum von Shimon Peres aus, aber unabhängig davon kenne ich Israel schon ziemlich lange – ein faszinierendes Land, ein Schmelztiegel unterschiedlicher Ethnien. Schon früh bin ich mit dem Motorrad die Region abgefahren. Israel ist die Wiege dreier Weltreligionen. Es ist entsetzlich, dass seit so vielen Jahrzehnten ein Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern tobt. Wir versuchen, mit der Stiftung einen kleinen Beitrag zur Verständigung zu leisten. Ich bin mehrfach mit Jugendgruppen nach Israel gereist, habe mit ihnen in Jugendherbergen gewohnt, ihnen zugehört. Wir haben gesehen, wie Israelis und Palästinenser erstmals aufeinandertreffen. Junge Deutsche waren dabei die Mediatoren, indem sie frei von Vorurteilen Brücken bauten. Ich habe erlebt, wie nach einer Stunde Israelis und Palästinenser gemeinsam tanzten. Abrocken für den Frieden. In ihren Köpfen war kein Platz für den Konflikt. Sie dachten nur an ihre gemeinsame Zukunft.
    In Israel lernte ich auch Samuel »Shmulik« Lahar kennen. Die Jugendlichen, die an den trilateralen Austauschprogrammen teilnehmen, nennen ihn »Daddy Cool« – eine sehr treffende Beschreibung für den schlaksigen Israeli mit den wuscheligen Haaren, dessen Mund und Hände nie stillzustehen scheinen. Die Begeisterung für die Sache steht ihm ins Gesicht geschrieben und trotz seines Alters (Shmulik ist weit über 60) leuchten die Augen des Historikers, der sein Land auch im diplomatischen Dienst vertreten hat, wie die eines kleinen Jungen, wenn er mit den Jugendlichen durch die Straßen zieht und sie an geschichtsträchtige Orte führt. Seit Jahren ist Shmulik nun schon unser Partner und baut wie selbstverständlich Brücken zwischen den Kulturen. Seine Familie hat selbst den Holocaust mit all seinen grausamen Auswirkungen zu spüren bekommen. Nichtsdestotrotz glaubt Shmulik unbeirrt an das Gute. Seine Hoffnungen ruhen vor allem auf den jungen Menschen. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, seinen Beitrag zur Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen zu leisten. Er möchte das Deutschlandbild in den Köpfen der Israelis zurechtrücken. Er ist ein Idealist, der einen Großteil seiner Zeit ehrenamtlich im Dienste der Völkerverständigung unterwegs ist.
    Ein Abend im Herbst 2008 in Masada ist mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Der damalige Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, begleitete mich, und laut offiziellem Programm hatte die Gruppe Freizeit. Wir beobachteten das Spektakel aus der Ferne, und es war wunderbar, zu sehen, wie plötzlich aus den vielen kleinen Grüppchen eine große Gemeinschaft wurde. Auf dem Rückflug habe ich noch lange darüber nachgedacht, was hier, einige Tausend Flugkilometer von uns entfernt, passiert …
    Jugendliche können mehr bewegen, als wir glauben. Sie gehen frei von Vorurteilen an die Themen heran, wirken im ersten Augenblick vielleicht naiv, haben aber extrem feinfühlige Antennen und wissen instinktiv, was Recht und Unrecht ist. Für mich ist es immer bereichernd, mich mit jungen Menschen auszutauschen. Spannend fand ich daher die Diskussionen, die ich mit Einzelnen auf diesen Reisen führen konnte. Viele hatten den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nur schemenhaft in den deutschen Medien wahrgenommen.
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