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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller
Autoren: Aufbau
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waren mit Silber übergossene schweigende Straßen geworden,in denen es von Hunden wimmelte und überall frische Leichen herumlagen. Über ihnen ragten die Türme des Maidari-Tempels fünfundzwanzig Meter hoch wie Säulen kühn in den Himmel. Auf dem Turm der Astrologie brannte ein einziges Licht in Erwartung des Festes.
    Für Samjatin und dessen Männer war es nicht schwer gewesen, sich Zugang zum Palast zu verschaffen. Vor dem Eingang standen weniger Posten als gewöhnlich, denn die meisten waren mit Festvorbereitungen beschäftigt. Die verbliebenen leisteten kaum Widerstand, und die Revolutionäre hatten sie binnen Minuten überwältigt.
    William saß auf seinem Knie. So wie er vor Jahren als viel kleineres Kind bei ihm gesessen hatte, bevor dies alles begann. Er berichtete seinem Vater Einzelheiten von seiner Reise nach Dorje-la. Christopher unterbrach ihn nicht. Der Junge sollte sich alles von der Seele reden. Er fragte sich, ob William das Erlebte je würde verarbeiten können, vorausgesetzt, sie kamen heil hier heraus und kehrten lebend nach England zurück.
    Samdup hatte ihnen gesagt, Williams Nacken sei immer stärker angeschwollen und habe sich vor einer Woche schwarz verfärbt. Samjatin war viel zu sehr mit den Vorbereitungen auf seinen Coup beschäftigt, um Zeit auf einen Arzt für den Jungen zu verschwenden.
    »Und wie fühlst du dich jetzt, mein Sohn?«, fragte Christopher.
    »Es ist nicht besser geworden. Ich denke, es muss bald platzen. Ich habe das Gefühl, dort drinnen krabbelt ständig etwas herum. Wenn ich es anfasse, tut es furchtbar weh. Manchmal ist es so schlimm, dass ich es aufkratzen möchte. Samdup bindet mir seit zwei Tagen nachts die Hände zusammen. Ich habe Angst. Kannst du dafür sorgen, dass es bald besser wird, jetzt, wo du hier bist?«
    Wie sehr der Junge an ihn glaubte, war fast nicht zu ertragen. Christopher fühlte sich hilfloser als je zuvor in den letzten Monaten. Der Hutuktu hatte bereits nach seinem Leibarzt geschickt. Jetzt konnten sie nur noch warten.
    Der Herrscher aller Mongolen betrank sich nach und nach mit seinem Portwein. Er saß auf einem Sofa in einer Ecke des Raumes und rauchte mit der besonderen Hingabe des Blinden lange türkische Zigaretten. Chindamani und Samdup saßen bei ihm. Bei allen Differenzen verstanden sie einander. Alle drei waren Trulkus , litten an derselben Deformation.
    Samdup fühlte sich müde und zerschlagen, aber an Schlaf war nicht zu denken. Chindamani war bei ihm und der Peeling , Williams Vater, der ihnen in jener Nacht geholfen hatte, aus Dorje-la zu entkommen. Samdup war in Hochstimmung. Vielleicht passierte etwas. Vielleicht gelang es ihm und William, Samjatin endlich zu entkommen.
    Seinen anderen Körper mochte er nicht. Der Hutuktu sprach dem Alkohol zu, als sei er ein ganz gewöhnlicher Mann. Und er schien schon ziemlich betrunken zu sein. Samdup war es widerwärtig, wie der fette Alte ihn mit seinen weichen, feuchtkalten Fingern streichelte und tätschelte. Der leere Blick der blinden Augen machte ihn nervös. Da ihm Laster oder Sinnlichkeit fremd waren, wusste der Junge mit dem Wohlwollen des Mannes nichts anzufangen. Er war noch zu jung, um zu verstehen, dass die Sünde zum Leben gehörte wie das Gebet, dass Heiligkeit wie Wasser abgestanden wurde, wenn man zu lange keinen Gebrauch davon machte.
    »Komm her«, sagte der Hutuktu, stand auf und nahm Samdups Hand. Der folgte ihm zu einem großen Tisch, wo ein Apparat mit einem hölzernen Horn stand. Das erinnerte Samdup ein wenig an die großen Instrumente auf den Terrassen von Dorje-la. Der Hutuktu beugte sich nieder undlegte einen Hebel an einer Seite des Apparates um. Dann setzte er mit blinden Fingern, die von der Wirkung des Portweins und von Nervosität zitterten, eine Nadel auf eine sich drehende schwarze Scheibe. Sofort heulte eine raue Stimme aus dem Trichter, begleitet von einer schnellen, hüpfenden Musik.
    I would say such – wonderful things to you
    There would be such – wonderful things to do
    If you were the only girl in the world
    And I were the only boy .
    »Das ist ein Grammophon«, sagte der Hutuktu. »Es macht Musik, als würde jemand darin sitzen und singen.«
    »Schalten Sie die Höllenmaschine aus!« Samjatin saß an einem kleinen Tisch auf der anderen Seite des Raumes und sortierte die Papiere, mit denen er seinen Coup legitimieren wollte.
    »Bis Herr Samdup morgen zu meinem Nachfolger gekürt wird«, sagte der Hutuktu, »ist das immer noch mein Palast. Wenn
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