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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch
Autoren: Volker Kutscher
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an, bevor er antwortete.
    »Ich hab was.«
    Weinert schaute überrascht. »Wirklich?«
    »Nicht das, was du denkst.«
    »Natürlich. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.«
    »Finde dich damit ab, dass du auf dem Holzweg bist. Im Polizeialltag passiert einem das dauernd.«
    »Ich bin kein Polizist, ich bin Journalist.«
    »Mit ein wenig zu viel Phantasie.«
    »Diese Waffenschiebereien sind keine Phantasie. Karabiner und Maschinenpistolen mit Inventarnummern von Polizei und Reichswehr
     werden bei Stahlhelm-Wehrübungen eingesetzt. Mein Informant ist kein Spinner.«
    »Seit Wochen gehst du mir mit diesem Mist auf den Wecker.«
    »Ja, weil ihr plötzlich einen Beamten in den Himmel lobt, der mehr Dreck am Stecken hat als ein kaschubischer Schweinehirte!«
    »Oberkommissar Wolter ist den schweren Verletzungen, die ihm in Ausübung seines Dienstes zugefügt wurden, im Krankenhaus erlegen.«
    »Du hörst dich an wie eine Gebetsmühle, weißt du das? Wolter war ein strammer Stahlhelmer, das hat nicht einmal Zörgiebel
     dementiert. Und er gehörte zu einer Seilschaft alter Kriegskameraden. Das weiß ich von der Behnke.«
    »Der Stahlhelm ist ein Frontkämpferbund. Viele Polizisten waren im Krieg.«
    »Aber nicht alle bilden für eine paramilitärische Vereinigung junge Leute an der Waffe aus. Damit die Reichswehr dereinst,
     wenn sie wieder groß und stark ist, auf genügend ausgebildete Soldaten zurückgreifen kann. Die Reichswehr besteht doch fast
     nur noch aus Offizieren. Die einfachen Soldaten, die werden bei den rechten Paramilitärs herangezüchtet. Stahlhelm, Scharnhorstbund,
     Wiking und wie sie alle heißen. Die werden doch alle von der Reichswehr und ihren Finanziers aus der Rüstungsindustrie gepäppelt.
     Und jetzt auch die Völkischen mit ihrer SA.«
    »Das ist ein Problem der Reichswehr und keines der preußischen Polizei.«
    »Es gibt Verbindungen zur Polizei, es hat zumindest welche gegeben, das weiß ich. Nur kann ich es nicht beweisen. So demokratisch,
     wie es die Sozis gerne hätten, ist die Polizei jedenfalls nicht.«
    »Die Polizei ist nicht politisch, sie hat für Recht und Ordnung zu sorgen.«
    Weinert schüttelte den Kopf. »Sag bloß, das glaubst du auch noch selbst?«
    Rath blies den Rauch seines letzten Zuges über den Tisch und drückte die Zigarette aus. In den vergangenen Wochen hatte er
     sich immer wieder eingeredet, Bruno Wolter habe seine gerechte Strafe gefunden. Doch eigentlich hatte er nie daran geglaubt.
     Der Polizeipräsident hatte aus Wolter einen Helden gemacht, die Presse hatte die Geschichte geschluckt. Eine Geschichte, die
     auch die Stahlhelmer in Schach hielt, die damals am Ostbahnhof dabeiwaren: Wollten sie die offizielle Version der Polizei in Frage stellen, müssten sie ihren eigenen Mann demontieren, den Helden
     Bruno Wolter. Dass das nicht passierte, dafür sorgte schon Rudi Scheer, der in der Baupolizei Charlottenburg nun zwar nicht
     mehr an Waffen herankam, aber nach wie vor im Stahlhelm etwas zu sagen hatte. Rath wusste inzwischen: Wolter wäre es nicht
     anders ergangen als Scheer, hätte er seine Verätzungen überlebt: kaltgestellt, aber nicht bestraft. Etwas anderes hatte der
     Polizeipräsident nie vorgehabt. Und ein Mann wie Generalmajor Seegers war völlig unbehelligt geblieben. Diese ganze Schmierenkomödie
     hatte Rath nicht gepasst. Nur konnte er darüber mit Weinert nicht reden.
    Nun, es gab noch andere Möglichkeiten.
    Aber erst einmal das Offizielle.
    »Kennst du die Depositenkasse der Deutschen Bank am Reichskanzlerplatz?«, fragte Rath.
    Weinert nickte. »Ziemlich protzig, oder?«
    »Ziemlich reiche Kundschaft. Große Bareinlagen. Die Nordpiraten wollen da ein Ding drehen. Ein großes. Wie diese Nummer am Wittenbergplatz …«
    »Wie die Brüder Sass?«
    »Nur nicht so erfolgreich. Die Kollegen von der Inspektion C werden die Piraten nämlich auf frischer Tat ertappen. Wenn du dich rechtzeitig mit ein paar Fotografen heute Abend da postierst, bekommst du
     schöne Bilder.«
    »Na, nicht gerade die große Enthüllung.« Weinert wirkte nur mäßig begeistert.
    »Immerhin wird da ein ganzer Ringverein aus dem Verkehr gezogen. Und ein paar sensationelle Fotos dürften drin sein. Damit
     machst du deinem Chef Freude, glaub mir.«
    »Und deinem Chef auch.« Weinerts Zeigefinger malte eine Schlagzeile in die Luft. » Berlins Polizei im Kampf gegen das organisierte Verbrechen! « Er stand auf und gab ihm die Hand. »Ich muss los. Danke für den Tipp,
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