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Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Titel: Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis
Autoren: Pseudonymous Bosch
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bringen, würde die ganze Schule sich hinter sie stellen.
    Kass berichtete ihnen von der Giftmüllentdeckung und davon, dass sich das Gras auf dem Fußballfeld gelb verfärbt hätte. Verdächtig sei auch, dass sich sämtliche Hunde in der Umgebung seltsam benähmen und die Ohren spitzten, sobald sie in die Nähe der Schule kämen.
    Alles, was Amber dazu sagte, war: »Wow, du bist echt schlau, Kass.« Dann ging sie mit Veronika weg, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
    Als sie sich außer Hörweite glaubten, fing Veronika an zu kichern. »Deshalb hat sie diese Ohren. Um auf Gefahren zu lauschen. Wie ein Hund.«
    »Sei nicht so gemein«, hörte Kass Amber sagen.
    Aber sie hörte auch, dass Amber dabei kicherte.
    Kass schlug vorsichtshalber den Kragen ihrer Bluse über den Mund, zog die Ärmel über die Hände und grub mit unverminderter Entschlossenheit weiter. Weder Mrs Johnson noch Amber noch sonst jemand würde sie daran hindern. Und später, wenn sie sich alle bei ihr bedankten, weil sie ihnen das Leben gerettet hatte, und sie um Verzeihung baten, dann... nun, sie konnte sich ja immer noch überlegen, was sie dann tun würde.
    Plötzlich hörte sie eine Stimme hinter sich.
    »Hallo, du bist Kassandra. Ich bin Max-Ernest. Wir kennen uns nicht. Aber ich weiß, wer du bist, und du weißt vermutlich auch, wer ich bin. Na ja, jetzt weißt du es ja sowieso. Was ich eigentlich meinte, du hast es vielleicht auch schon vorher gewusst, weil hier jeder jeden kennt. Auch wenn man sich noch gar nicht begegnet ist. Ist das nicht verrückt, dass man jemanden kennt, obwohl man ihn gar nicht kennt? Wie findest du das?«
    Kass blickte auf und sah einen kleinen – ein gemeiner Mensch würde sagen kümmerlichen – Jungen, der sie anstarrte. Es stimmte, sie kannte seinen Namen, aber nur, weil sie gehört hatte, wie andere Schüler sich über ihn beschwerten. Ein Blick genügte und sie begriff, warum er diese Wirkung auf andere hatte.
    »Willst du einen Witz hören?«, fragte Max-Ernest.
    Kass setzte ihre Mütze wieder auf. »Wenn er etwas mit meinen Ohren zu tun hat, die kenne ich schon alle«, sagte sie in einem nicht sehr ermutigenden Ton.
    Max-Ernest schluckte aufgeregt. »Also ich finde deine Ohren cool. Du siehst aus wie eine Elfe. Ich finde das gut. Elfen sind meine Lieblingsfiguren unter den Menschenähnlichen. Gleich nach den Orks. Nicht dass ich gern einem Ork über den Weg laufen möchte. Du siehst auch gar nicht aus wie ein Ork. Ach, ich sollte wohl besser meinen Mund halten und Leine ziehen, solange es noch geht, oder?«
    Er holte kurz Luft. Als sie die Gelegenheit nicht nutzte, ihn anzuschreien, redete er weiter.
    »Hey, findest du, dass ich zu viel rede? Das tun alle. Ich meine nicht, dass sie alle zu viel reden, sondern dass sie alle finden, dass ich zu viel rede. Sogar meine Eltern. Sie sprechen von meinem ›Zustand‹. Meine Eltern sind nämlich Psychologen. Das sind Ärzte, die Kranke heilen, indem sie reden. Aber mein Problem ist leider das Reden, deshalb wissen sie nicht, wie sie mich heilen können. Wie findest du das?«
    Kass wusste nicht, was sie darauf sagen sollte, daher fragte sie: »Wie war noch gleich der Witz?«
    »Oh, hätte ich fast vergessen. Was ist zu wenig für einen, genau richtig für zwei und zu viel für drei?«
    »Was?«
    »Ein Geheimnis.«
    Sie lachte genauso wenig wie alle anderen.
    »Das kapier ich nicht.«
    »Na ja«, erklärte Max-Ernest geduldig, »du kannst kein Geheimnis zwischen dir und dir selbst haben. Du brauchst jemanden, mit dem du es teilst. Deshalb ist es gerade richtig für zwei. Und wenn drei davon wissen, ist es schon kein Geheimnis mehr.«
    Kass dachte darüber nach. »Aber das ergibt keinen Sinn. Einer allein kann ein Geheimnis haben. Drei können ein Geheimnis haben. Es ist egal, wie viele Leute ein Geheimnis haben, solange sie es nicht weitererzählen.«
    Max-Ernest starrte sie verblüfft an.
    Er war daran gewöhnt, dass man sich über ihn lustig machte und hinter ihm herspuckte und sein Pausenbrot klaute. Aber noch nie hatte jemand behauptet, das, was er sagte, ergäbe keinen Sinn. Er war stolz auf seinen messerscharfen Verstand.
    »Nein, nein, da irrst du dich«, stieß er hervor. »Wenn du ein Geheimnis...«
    Kass zuckte die Schultern. »Wie auch immer, es spielt keine Rolle, denn ein Witz ist nicht lustig, wenn man ihn erklären muss.«
    »Was meinst du damit?«
    »Keine Ahnung. Ein Witz muss eben sofort klar sein. Das hat nichts mit Logik zu tun.«
    »Und woher
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