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Der Nächste, bitte! 13 Morde fürs Wartezimmer

Der Nächste, bitte! 13 Morde fürs Wartezimmer

Titel: Der Nächste, bitte! 13 Morde fürs Wartezimmer
Autoren: Ilse Wenner-Goergen
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gegeben.
    Ich war die Erste, die ihm entkommen ist. Bevor er sein grausames Ritual an mir vollenden konnte, hatte ich ihn durchschaut und die Polizei auf ihn aufmerksam gemacht. Vorher hatte ich mich mit seiner Vergangenheit beschäftigt, um alle Zeichen richtig deuten zu können. Und er ging immer nach dem gleichen Schema vor.
    Krankhaft. Besessen.
    Die Tat heute soll für mich ein verächtlicher Warnschuss sein. Ich weiß es. Denn ich habe das Buch zu „Blutrote Rosen“ geschrieben.“
    Einen Moment lang herrschte ehrfürchtiges und sehr nachdenkliches Schweigen. Patricias Handy unterbrach die Stille, mechanisch nahm sie das Gespräch entgegen und zuckte beim Klang der Stimme zusammen: „Und sagen Sie ihr auch, dass ihre Zeit gekommen, und dass sie mit tödlicher Sicherheit die Nächste sein wird!“ Im Hintergrund lief: „I wanna lay you down in a bed of roses…“

“Der Nächste, bitte!”
    Eine junge Frau unter den Wartenden fiel Schwester Lona auf. Sie saß noch nicht lange im Wartezimmer. Sie wirkte abwesend. Und auch ein bisschen verstört. Was mochte sie erlebt haben?

Mehr, als nur eine Sünde
    Evas Blick ruhte verachtend und kalt auf seinem nackten Körper: Braungebrannt, durchtrainiert und sehr gepflegt.
    Er war noch warm.
    Sie griff nach seiner Hand, hob sie an, nur um sie einen Augenblick später wieder fallen zu lassen. Feingliedrige Finger, die sie sanft und rau zur Raserei gebracht hatten.
    Warm und beweglich.
    Noch.
    Für ihn hatte es möglicherweise nur zu einem Spiel dazu gehört. Doch für sie war es bitterer Ernst gewesen.
    Zu bitter.
    Das hatte er jetzt vielleicht auch kapiert.
     
    ***
     
    Es war in einer lauen Sommernacht im August, als Raimund Frick während einer seiner Dienstreisen erstmals auf Eva Ballinger getroffen war. Er hatte sie am Abend in einer Kneipe aufgelesen und für die Nacht mitgenommen in einen Landgasthof, in dem er sich kurzfristig ein Zimmer gemietet hatte.
    Eva war fasziniert von ihm. Von seinem blendenden Aussehen, von seiner Reife, von dem, was er zu erzählen wusste, und nicht zuletzt auch von seiner prall gefüllten Geldbörse. Sich solch einen Mann an Land zu ziehen, konnte nur Vorteile bringen, und Eva ging bereitwillig mit.
    Als sie nach einer aufreibenden Liebesnacht beglückt und auf angenehme Weise erschöpft in seinen Armen einschlief, war sie sich sicher, dass sie ihm jeden nur erdenklichen Wunsch erfüllt hatte.
    Leidenschaftlich hatten sie sich ihrer Lust hingegeben, sich gegenseitig Ekstase verschafft. „Meine süße kleine Hure“ hatte er ihr immer wieder enthusiastisch ins Ohr geflüstert, was sie zu zusätzlicher Hemmungslosigkeit angetrieben hatte. Sie freute sich darauf, am nächsten Morgen gemeinsam mit ihm wieder aufzuwachen.
     
    Doch Raimund schlief gar nicht erst ein. Seine Frau hatte bisher von seinen regelmäßigen außerehelichen Schäferstündchen nichts gemerkt, und das sollte auch weiterhin so bleiben. Denn ansonsten wäre dieses Vergnügen unwiederbringlich ein für alle Male vorbei. Den Mädchen, die von ihm nicht einmal seinen richtigen Vornamen wussten, dankte er es zumeist, indem er sich nicht geizig zeigte. Schließlich war er kein Schwein.
    So auch diesmal. Er ging nicht, ohne ihr einen großzügigen Schein zu hinterlegen. Sie war süß, es hatte ihm mit ihr besonderen Spaß bereitet, und vielleicht konnte er die Gelegenheit ja in den nächsten Wochen noch einmal ergreifen. In diese Stadt kam er schließlich öfter. Und ihr junger, unverbrauchter Körper und ihr Temperament waren mehr, als nur eine Sünde wert.
     
    Als Eva aufwachte, brauchte sie einen Moment, um zu begreifen, dass er gegangen war. Noch einige Momente mehr brauchte sie, um zu begreifen, dass er sie für ihre Liebesnacht bezahlt hatte.
    Sie war außer sich. „Meine süße kleine Hure.“ Es hallte in ihren Ohren wider, und es bekam plötzlich eine völlig neue Bedeutung.
    Das sollte ein Nachspiel haben. Doch diesmal kein erotisches.
     
    ***
     
    “Ich bin nicht deine kleine Hure. Verstehst du?“ Sie suchte vergeblich eine Regung in seinem starren, kalten Blick.
    Draußen dämmerte bereits der Morgen. Die Stadt wurde wach. „Keine Hure!“ Es wurde Zeit für sie, zu gehen.
    Und was spielte es überhaupt noch für eine Rolle, ob er verstanden hatte, dass er diese unsichtbare Grenze überschritten hatte?
    Die Leidenschaft war abgekühlt.
    So, wie jetzt sein Körper.
    Kalt, steif und unbeweglich.
    Und unnatürlich blass.
    Für eine derartige Einsicht war
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