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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Rachel Caine
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Lippen waren bläulich und in seinen Augen stand echte Panik.
    Richard kam mit einer weiteren dicken Decke und ein paar Kissen zurück. »Deckt euch alle zu«, sagte er. »Kopf runter.« Er deckte seine Eltern zu und kauerte sich neben sie, wobei er sich ebenfalls in eine Decke wickelte.
    Draußen steigerte sich der Wind zu einem Heulen. Claire hörte Dinge gegen die Mauern schlagen - dumpfe, krachende Geräusche wie von Baseball-Bällen. Es wurde lauter. »Trümmerteile«, sagte Richard. Er richtete die Taschenlampe auf den Teppich zwischen ihrer kleinen Gruppe. »Hagel vielleicht. Könnte alles Mögliche sein.«
    Abrupt gingen die Sirenen aus, was aber nicht hieß, dass sich der Lärm legte; er wurde allenfalls lauter und steigerte sich von einem Heulen zu einem Kreischen - dann nahm er plötzlich einen tieferen Ton an.
    »Klingt wie ein Zug«, sagte Eve zittrig. »Verdammt, ich hatte wirklich gehofft, dass es nicht stimmt, das mit dem Zug...«
    »Köpfe runter«, schrie Richard, als das ganze Gebäude zu beben begann. Claire spürte, wie die Bodenbretter unter ihr vibrierten. Sie sah, wie sich die Wände bogen und sich Risse im Mauerwerk bildeten.
    Und dann schwoll das Geräusch zu einem konstanten, ohrenbetäubenden Kreischen an und die gesamte Außenwand sackte in sich zusammen, löste sich in Backsteine und Holzstücke auf und verschwand. Fetzen des Stoffes, mit dem die Wände verkleidet waren, flogen wie erschrockene Vögel nach oben, peitschten wild durch die Luft und wurden durch den Wind und die Trümmer zu noch kleineren Stücken zerfetzt.
    Der Sturm heulte wie verrückt. Kaputte Möbel und Spiegelscherben flogen umher, krachten in Wände und trafen auf die Decken.
    Claire hörte trotz des kreischenden Windes ein tiefes Ächzen, sie schaute nach oben und sah, dass das Dach einsank. Staub und Gips regneten nieder und sie umklammerte fest Shanes Hand.
    Und dann kam das Dach auf sie runter.
    ***
    Claire wusste nicht, wie lange alles dauerte. Ewig, wie es schien, wirklich - das Kreischen, das Beben, der Druck der Dinge über ihr.
    Und dann ließ es allmählich nach; der Regen begann wieder niederzuprasseln und durchnässte den Haufen aus Staub und Holz. Claire erkannte es daran, dass ihr ein bisschen davon auf die Nase tropfte.
    Shanes Hand regte sich auf ihrer Schulter, eher ein Zucken als eine bewusste Bewegung, und dann ließ er Claire los, um sich mit beiden Händen hochzustemmen. Schutt rutschte und rasselte. Claire erkannte, dass sie beide Glück gehabt hatten - ein schwerer Holzbalken war über ihren Köpfen schräg heruntergestürzt und hatte den Großteil der Trümmer von ihnen abgehalten.
    »Eve?« Claire fasste über Shane und griff nach der Hand ihrer Freundin. Eves Augen waren geschlossen und auf einer Seite ihrer Wange entdeckte Claire ein Rinnsal Blut. Ihr Gesicht war noch weißer als sonst - Gipsstaub, wie Claire bemerkte.
    Eve hustete und ihre Augenlider flatterten. »Mom?« Als Claire die Verunsicherung in ihrer Stimme hörte, war ihr zum Weinen zumute. »Oh, Gott, was ist passiert? Claire?«
    »Wir leben noch«, sagte Shane. Er klang irgendwie überrascht. Er strich Claire heruntergefallene Holz- und Gipsstücke vom Kopf und sie begann ebenfalls zu husten. Der Regen prasselte schräg zu ihnen herein und durchweichte die Decke, mit der sie sich zugedeckt hatten. »Richard?«
    »Hier drüben«, sagte Richard. »Dad? Dad...«
    Die Taschenlampe war weg, weggerollt oder begraben oder einfach vom Wind fortgeweht. Taghelle Blitze durchzuckten die Nacht und Claire sah, wie der Tornado, der sie erwischt hatte, weiter durch Morganville fegte, durch Gebäude krachte und Trümmerteile dreißig Meter in die Höhe schleuderte.
    Das sah noch nicht einmal real aus.
    Shane half, einen Balken von Eves Beinen zu heben - Gott sei Dank waren sie nur verschrammt und nicht gebrochen - und kroch über die schlüpfrigen Trümmer hinüber zu Richard, der gerade dabei war, Dinge von seiner Mutter herunterzuheben. Sie sah okay aus, aber sie weinte und war verstört.
    Sein Vater jedoch...
    »Nein«, sagte Richard und zerrte seinen Vater flach auf den Boden. Er begann, ihn wiederzubeleben. In seinem Gesicht zeichneten sich blutige Schnitte ab, aber seine eigenen Probleme schienen ihn überhaupt nicht zu kümmern. »Shane! Mach Mund-zu-Mund-Beatmung!«
    Nach kurzem Zögern klappte Shane den Kopf des Bürgermeisters nach hinten. »So?«
    »Lass mich das machen«, sagte Eve. »Ich war in einem Erste-Hilfe-Training.« Sie
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