Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Rachel Caine
Vom Netzwerk:
und sämtliche Spiegel waren zerbrochen.
    François hatte auch hier drin seinen Spaß gehabt.
    »Der Sturm kommt auf uns zu«, informierte Eve sie über den Stand der Dinge. »Michael ist nicht zu Richard durchgekommen, aber er hat offensichtlich Joe Hess gefunden. Sie haben die Schutzräume evakuiert. Darüber war Bishop ziemlich wütend. Er wollte wohl eine Menge Geiseln zwischen sich und Amelie stellen.«
    »Also sind nur noch wir übrig?«
    »Wir. Und Bishops Leute, die nicht weggegangen sind. Und der fabelhafte Frank Collins mit seiner wilden Horde, die in die Lobby einmarschiert sind und jetzt denken, sie hätte eine Art Schlacht gewonnen oder so.« Eve rollte mit den Augen und war einen Moment lang wieder ganz die Alte. »Nur wir und die bösen Buben.«
    Sollte auch Richard... nein. Das konnte Claire nicht glauben.
    Wenn sich irgendjemand in Morganville bemüht hatte, das Richtige zu tun, dann war es Richard Morrell.
    Eve folgte Claires Blick. »Oh. Sein Dad wurde bei dem Versuch verletzt, Bishop aufzuhalten, als er das Erdgeschoss übernehmen wollte. Richard hat versucht, auf seinen Dad und seine Mom aufzupassen. Was Sullivan betrifft, hatten wir übrigens recht. Ein totaler Verräter. Ein Hoch auf unsere Vorahnungen! Ich wünschte, ich hätte jetzt auch eine und wüsste, wie wir hier rauskommen.«
    »Hier führt kein Weg raus«, sagte Claire.
    »Nicht einmal ein Fenster«, sagte Eve. »Wir sind hier eingeschlossen. Keine Ahnung, wo Bishop und sein kleiner Plüschtiger hingegangen sind. Ich nehme an, sie suchen nach Amelie. Ich wünschte, sie würden sich einfach gegenseitig umbringen.«
    Eve meinte das nicht so, nicht wirklich, aber Claire konnte nachvollziehen, wie sie sich fühlte. Distanziert. Auf eine gleichgültig, schockierte Weise.
    »Was passiert da draußen?«
    »Keine Ahnung. Hier drin gibt es kein Radio. Unsere Handys haben sie uns abgenommen. Wir sind« - die Lichter flackerten und gingen aus, das Zimmer versank in totaler Finsternis - »am Arsch«, beendete Eve den Satz. »Oh Mann, das hätte ich jetzt nicht sagen dürfen, nicht wahr?«
    »Der Strom im Gebäude ist ausgefallen, glaube ich«, sagte Richard.
    »Wahrscheinlich liegt es am Sturm.«
    Oder die Vampire hielten sie zum Narren, einfach nur, weil sie es konnten. Claire sagte das nicht laut, aber sie glaubte fest daran.
    Shane hielt noch immer ihre Hand. »Shane?«
    »Ich bin hier«, sagte er. »Halt still.«
    »Es tut mir leid. Es tut mir wirklich richtig leid.«
    »Was denn?«
    »Ich hätte nicht böse auf dich werden sollen wegen deines Dads...«
    »Nicht so wichtig«, sagte er sehr sanft. »Es ist okay, Claire. Ruh dich einfach aus.«
    Ausruhen? Sie konnte sich nicht ausruhen. Die Wirklichkeit holte sie gerade ein und erinnerte sie an Schmerz, an Angst und vor allem an Zeit.
    Ein unheimlicher, geisterhafter Laut war jetzt plötzlich zu hören, ein Heulen, das immer lauter wurde.
    »Was ist das?«, fragte Eve und gab sich die Antwort selbst, noch bevor jemand etwas sagen konnte. »Tornadosirenen. Auf dem Dach befindet sich eine.«
    Das Heulen hob und senkte sich und wurde lauter, aber da war noch etwas anderes - ein Geräusch wie brausendes Wasser oder...
    »Wir müssen in Deckung gehen«, sagte Richard. Eine Taschenlampe leuchtete auf und huschte über Eves blasses Gesicht, dann über Shanes und Claires. »Ihr zwei, bringt sie hierher. Das ist die stärkste innen liegende Ecke. Die Seite dort geht zur Straße hin.«
    Claire versuchte aufzustehen, aber Shane nahm sie in den Arm und trug sie. Er setzte sie mit dem Rücken zur Wand ab und schlüpfte dann neben ihr unter die Decke. Eve setzte sich auf seine andere Seite. Richard wandte die Taschenlampe von ihnen ab und im vorbeihuschenden Lichtkegel erhaschte Claire einen Blick auf Bürgermeister Morrell. Eigentlich war er ein dicker Mann mit aalglattem Gesicht und dem Lächeln eines Politikers, aber jetzt sah er ganz anders aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Er schien älter zu sein und sah in seinem Anzug merkwürdig geschrumpft und sehr krank aus.
    »Was ist los mit ihm?«, flüsterte Claire.
    Shanes Antwort wehte ihr das feuchte Haar über das Gesicht. »Herzinfarkt«, sagte er. »Zumindest tippt Richard darauf. Sieht schlecht aus.«
    Das tat es wirklich. Der Bürgermeister lehnte an der Wand, einige Zentimeter von ihnen entfernt, und schnappte nach Luft. Seine Frau (Claire kannte sie nur von Bildern) tätschelte seinen Arm und murmelte ihm ins Ohr. Sein Gesicht war aschfahl, seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher