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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar
Autoren: Minette Walters
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haben sie wieder«, sagte die Schwarze und weinte. »Schauen Sie. Wie in
Chicago Hope
. Sie atmet. Ihr Puls schlägt. Stimmt doch, oder?«
    Sophie drückte ihre Finger an den Hals der jungen Frau. »Ja«, bestätigte sie. »Oh Gott, danke dir. Danke dir.« Auch sie weinte, als sie zu Jimmy hinaufsah. »Reden Sie mit ihr, Jimmy. Sagen Sie ihr, wie sehr Sie sie lieben. Je schneller sie zu sich kommt, desto besser. Zwingen Sie sie zuzuhören. Ihre Stimme hört sie ständig, Jimmy. Nur Ihre Stimme. Sie hat mir immer wieder erklärt, wie sehr sie Sie liebt.«
    Jimmy ließ sich auf die Knie hinunter und legte seine Hand auf Melanies Gesicht. »Helfen Sie Gaynor«, sagte er zu Sophie. »Col ist auch ihr Kind.«
    Aber Colin war tot.
Aktennotiz
    Von – CI Tyler
    An – Superintendent Hamilton
    Datum – 29. 07. 01
    Betreff – Entführung Amy Biddulph/Rogerson
    Sir,
    Der neueste Informationsstand sieht folgendermaßen aus:
Keine Inzestbeweise gegen Martin Rogerson. Laura und Amy Biddulph bestreiten übereinstimmend, dass etwas Derartiges je vorgekommen sei. Laura bestätigt sein Interesse an Softpornos.
Rogerson gibt zu, dass er vielleicht »eher bereit« gewesen wäre, den Konkurs von Townsends Firma hinauszuzögern, wenn Townsend gedroht hätte, die von seiner Tochter aufgenommenen Bänder an seine Kollegen und Mandanten zu verschicken. »Ein Mann in meiner Position kann sich keinen Skandal erlauben.« Die Möglichkeit, dass die Bilder über Internet verfügbar gemacht werden könnten, regte ihn interessanterweise nicht weiter auf. »Es wüsste doch kein Mensch, wer sie ist.«
Rogerson gibt ferner zu, dass er wütend war über die Aufnahmen von Laura, zu denen Townsend sie überredet hatte. »Ich war eifersüchtig. Für mich hat sie so etwas nie getan.« Laura bestätigt, dass sie ihm die Bänder gegeben hat. »Ich wollte ihn verletzten.«
Es scheint klar, dass Rogerson immer mehr an seiner Frau interessiert war als an seiner Tochter.
    Empfehle in Sachen Martin Rogerson nichts weiter zu unternehmen.
    Betreff – Edward Townsend
Die Computer werden derzeit untersucht – geschätzte Ermittlungszeit: 2 – 3 Wochen.
Bestreitet Laura Biddulph/Franny Gough/Frauen/Kinder zum Zweck der kommerziellen Herstellung pornographischen Materials gefilmt zu haben.
Bestreitet Verbindung zur Internet-Pornographie
Bestreitet, Amy zum Zweck der räuberischen Erpressung oder sexuellen Nötigung entführt zu haben.
    Die Vernehmung wird fortgesetzt.
    CI Tyler
    P.S. Der Mistkerl hat gelogen. Fortsetzung folgt.

31

Montag, 30. Juli 2001
    Erst nach vierundzwanzig Stunden konnte die Polizei die wahre Identität des Gehenkten bestätigen – Corporal Arthur Miller, Frontsoldat im Zweiten Weltkrieg und Witwer –, aber die Presse zeigte sich mit Meldungen darüber ungewöhnlich zurückhaltend. In den Stunden nach dem blutigen Samstag hatte sie sofort zugeschlagen und die amtliche Weigerung, einen Namen zu nennen, kurzerhand als Bestätigung der Gerüchte genommen, die in der Acid Row die Runde machten. Das Opfer sei ein Pädophiler.
    Nun schreckten selbst die Boulevardblätter vor einer Schlagzeile wie ‘Soldat irrtümlich als Kinderschänder abgeschlachtet’ für ihre Montagsausgaben zurück, weil sie fürchteten, das werde womöglich als Billigung von Lynchjustiz im Fall von Sexualtätern aufgefasst. Die meisten Blätter zogen etwas Neutrales wie, ‘Das tragische Ende eines alten Soldaten’ vor.
    Die Leitartikler griffen unverzüglich zum Stift, nachdem das Innenministerium bestätigt hatte, dass in der Tat ein amtlich registrierter Sexualtäter anonym in der Humbert Street untergebracht worden war. Eine einstweilige Verfügung wurde erlassen, die es im Interesse der öffentlichen Sicherheit verbot, seinen Namen zu nennen; es gab jedoch kein derartiges Verbot, über die Natur seiner Tat zu berichten, da dem Innenministerium daran gelegen war, mit allem Nachdruck zu zeigen, dass die örtliche Polizei ihn mit Recht als ungefährlich eingestuft hatte.
    Teile der Presse legten das als Beweis dafür aus, dass es zu den Ereignissen des blutigen Samstags nicht gekommen wäre, wenn der Pädophile gemäß dem in den USA gültigen Gesetz ‘geoutet’ worden wäre. Die Geheimniskrämerei um seine Person habe die Unruhen herausgefordert. Wären sein Name und die Art seines Vergehens einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht worden, so hätten die Leute von der Acid Row gewusst, dass ein schüchterner Mann, der wegen kleinerer Vergehen gegen sechzehn-
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