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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar
Autoren: Minette Walters
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solche Geschichten.«
    »Ich habe ihr geglaubt.«
    Tyler drehte sich um, um ihn ansehen zu können. »Warum haben Sie nicht mit dem Vater gesprochen?«, erkundigte er sich zynisch.
    »Er hätte sie sofort zu sich genommen.«
    »Ach was? Dabei erzählen Sie mir doch ständig, wie gleichgültig er ihr gegenüber ist.«
    »Das stimmt auch. Er will nur Laura haben – am liebsten auf Knien liegend – um ihr Kind bettelnd. Er ist ein unheimlich dominanter und besitzergreifender Mensch. Er kann ihr nicht verzeihen, dass sie tatsächlich den Mut hatte, ihn zu verlassen. Dafür wird er sie bis in alle Ewigkeit bestrafen, wenn er kann. Schauen Sie sich an, was er mit mir gemacht hat.«
    Tyler nickte. Auch er hielt den Mann für äußerst rachsüchtig. Dennoch... »Aber warum haben Sie ihm dann die Frau ausgespannt?«, fragte er kalt. »Sie müssen doch gewusst haben, was passieren würde.«
    »Nein, das wusste ich nicht. Jedenfalls damals nicht. Ich habe den Ton gehört, in dem er mit ihr sprach... ich habe gesehen, wie er Amy behandelte... wie eine lästige Mücke. Ich bin überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, dass er eifersüchtig werden könnte, wenn sie gingen. Im Übrigen hat Laura die Entscheidung getroffen, ihn zu verlassen. Ich hätte mich gar nicht bemüht, wenn nicht Amy gewesen wäre.«
    »Sie fanden Laura nicht attraktiv?«
    »Nicht besonders.«
    »Warum haben Sie dann die Aufnahmen von ihr gemacht. Warum haben Sie jedes Mal Aufnahmen von den Frauen gemacht, deren Kinder Ihnen gefielen?«
    »Das war weniger verdächtig.«
    Gary Butler sah auf und fing im Spiegel einen Blick von Tyler auf. Wie sein Chef begann er sich zu fragen, ob irgendeine dieser Aussagen der Wahrheit entsprach. Andererseits, warum sollte ein Mann sich selbst als pädophil hinstellen? Das ging nun wirklich über Sergeant Butlers Horizont.
    »Wusste Laura von den anderen Bändern?«, fragte Tyler. »Denen, die Sie von Ihrer Frau und deren Stieftochter aufgenommen hatten?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Hat Martin Rogerson Sie einmal ermahnt, die Finger von Amy zu lassen?«
    »Nein.«
    Er drehte sich wieder herum. »Haben Sie jemals mit ihm über Ihre pädophilen Neigungen gesprochen?«
    »Nein.« Neuerliche Erheiterung. »Der Typ Mann ist er nicht.«
    »Ist er der Typ, der sich unzüchtige Bilder von Kindern herunterlädt?«
    Townsend schüttelte den Kopf. »Nicht von Kindern.«
    »Von Frauen?«
    Ein Nicken. »Sie haben mich mal gefragt, was aus den Aufnahmen von Laura geworden ist. – Martin hat sie. Das war ihr Abschiedsgeschenk an ihn. Für deine Sammlung, hat sie zu ihm gesagt. Zwing irgendeine andere arme Irre, sich die Aufnahmen von
mir
anzusehen, damit sie die nötige Lust kriegt, um mit dir zu schlafen.«
    Tyler lächelte dünn. »Ihnen ist wohl klar, Mr Townsend, dass wir Ihre Computer auf pornographisches Material durchsehen werden – insbesondere kinderpornographisches –, das entweder von Ihnen heruntergeladen wurde oder auf von Ihnen unterhaltenen Internetseiten zu finden ist. Wollen Sie uns nicht Zeit und Mühe sparen und uns gleich sagen, wonach wir schauen müssen?«
    »Da gibt es nichts zu finden. Mit Internetpornographie habe ich nichts am Hut.«
    Tyler widmete sich wieder der Betrachtung der vorüberfliegenden Landschaft. Die Schlauheit des Mannes nötigte ihm eine gewisse widerwillige Bewunderung ab. Selbst die Öffentlichkeit würde sich auf seine Seite schlagen, wenn bekannt wurde, dass das Kind am Leben und nicht angerührt worden war. Man würde vielleicht sogar Verständnis für sein Dilemma aufbringen. Retten oder nicht retten? Er hätte vielleicht selbst Verständnis für ihn gehabt, wenn er hätte glauben können, dass Townsend fähig wäre, nicht nur sich selbst zu lieben.
    »Was Sie mir hier erzählen, ist nichts als Quatsch«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Ich bin bereit, Ihnen abzunehmen, dass Jugend für Sie zur Besessenheit geworden ist – dazu braucht man Sie ja nur anzusehen –, aber ich kann nicht glauben, dass diese Besessenheit bis zum Sex mit zehnjährigen kleinen Mädchen reicht. Sie scheuen sich nicht, sie auszubeuten – daran zweifle ich keinen Augenblick –, aber ich denke, es würde Ihnen nicht einfallen, sich auf verbotenen Sex einzulassen. Sie sind wie ein Heroindealer – sie bringen das dreckige Zeug gern unter die Leute, aber Sie hüten sich davor, selbst danach zu greifen.«
    »Ich handle nicht mit Kindern.«
    »Aber natürlich tun Sie das. Und mit Frauen auch. Sie sind ein
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