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Der Mythos des Sisyphos

Der Mythos des Sisyphos

Titel: Der Mythos des Sisyphos
Autoren: Albert Camus
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einem Rausch in drei Wochen geschrieben wurde.Jede seiner Figuren hat diesen Pfahl im Fleische, jede sträubt sich gegen ihn oder, sucht in der Sinnlichkeit oder in der Unsterblichkeit ein Heilmittel dagegen 33 . Bleiben wir in jedem Falle bei diesem Zweifel. Hier ist ein Werk, in dem wir in einem Helldunkel, das durchdringender ist als das Tageslicht, den Kampf des Menschen gegen seine Hoffnungen begreifen können. Am Ende angelangt, entscheidet der Künstler sich gegen seine Gestalten. Dieser Widerspruch erlaubt uns also, eine neue Nuance einzuführen: es handelt sich hier nicht um ein absurdes Werk, sondern um ein Werk, das das Problem des Absurden stellt.
    DOSTOJEWSKIJs Antwort ist die Demütigung oder - nach Stawrogin: die . Ein absurdes Kunstwerk dagegen liefert keine Antwort - das ist der ganze Unterschied. Stellen wir abschließend fest: was in diesem Werk dem Absurden widerspricht, ist nicht sein christlicher Charakter, sondern seine Verkündigung des zukünftigen Lebens. Man kann Christ und absurd sein. Es gibt Beispiele von Christen, die nicht an das zukünftige Leben glauben. Was das Kunstwerk anlangt, so wäre es demnach möglich, wenigstens eine Richtung der absurden Analyse zu bestimmen, die man auf den vorhergehenden Seiten bereits vermuten konnte. Sie führt dazu, zu behaupten. Sie beleuchtet diese - zahlreichen Zurückweisungen ausgesetzte - Idee, daß die Überzeugungen den Unglauben nicht verhindern können. Im Gegenteil, man sieht: daß der Autor der , der mit diesen Wegen vertraut war, am Ende einen ganz anderen Weg eingeschlagen hat. Die überraschende Antwort des Schöpfers an seine Figuren, DOSTOJEWSKIJs Antwort an Kirilow, läßt sich in der Tat so zusammenfassen: die Existenz ist trügerisch, und sie ist ewig.

DIE SCHÖPFUNG OHNE EIN MORGEN

Der Weg des Absurden

    Ich stelle hier also fest, daß die Hoffnung nicht für immer ausgeschaltet werden kann und daß sie selbst die befallen kann, die sich von ihr befreien wollten. Darin besteht das Interesse, das ich an den hier besprochenen Werken habe.Ich könnte, wenigstens in der Reihe der Kunstwerke, einige wahrhaft absurde Werke aufzählen 34 . Aber alles muß einmal angefangen haben. Der Gegenstand dieser Untersuchung ist eine gewisse Treue. Die Kirche ist den Häretikern gegenüber nicht so streng gewesen, wie man erwarten sollte, weil sie doch annehmen konnte, daß sie schlimmere Feinde hatte als ein verirrtes Kind. Aber die Geschichte der kühnen Gnostiker und die Beharrlichkeit manichäischer Strömungen haben für den Aufbau des orthodoxen Dogmas mehr getan als alle Gebete. Beachtet man die Größenunterschiede, so darf man sagen: beim Absurden ist es genauso. Man erkennt seinen Weg, wenn man die Wege aufdeckt, die sich von ihm entfernen. Selbst am Ende der absurden Überlegung, in einer von ihrer Logik diktierten Haltung, ist es nicht unwichtig, die Hoffnung noch unter einer ihrer pathetischsten Formen wiedereingeführt zu sehen. Das beweist die Schwierigkeit der absurden Askese. Das beweist vor allem die Notwendigkeit eines unaufhörlich aufrechterhaltenen Bewußtseins und fügt sich in den allgemeinen Rahmen dieses Essays.
    Aber wenn nicht mehr die Rede davon ist, die absurden Werke aufzuzählen, so kann man wenigstens auf die schöpferische Haltung schließen, auf eine der Haltungen, die die absurde Existenz vervollständigen können. Der Kunst kann nie so gut gedient werden wie mit einem negativen Gedanken. Ihre dunklen und demütigen Schritte sind für den Geist eines großen Kunstwerks ebenso notwendig wie das Schwarze für das Weiße. arbeiten und schaffen, in Ton meißeln, wissen, daß sein Werk keine Zukunft hat, sein Werk in einem Tage zerstört sehen und wissen, daß das im Grunde nicht wichtiger ist, als für Jahrhunderte zu bauen - das ist die schwierige Weisheit, zu der das absurde Denken bevollmächtigt. Diese beiden Aufgaben gleichzeitig nebeneinander durchführen, einerseits leugnen, andererseits erhöhen - das ist der Weg, der sich dem absurden Künstler öffnet. Er muß dem Leeren seine Farben geben.
    Das führt zu einer eigentümlichen Auffassung vom Kunstwerk. Man betrachtet das Werk eines Künstlers zu oft als eine Folge einzelner Zeugnisse. Man wirft dann Künstler und Literat durcheinander. Ein tiefes Denken ist in ständigem Werden, es vermählt sich mit der Erfahrung eines Lebens und formt sich an. ihr. Ebenso festigt sich die einzige Schöpfung
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