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Der Mythos des Sisyphos

Der Mythos des Sisyphos

Titel: Der Mythos des Sisyphos
Autoren: Albert Camus
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wurde.

    Ich werde ein Lieblingsthema von DOSTOJEWSKIJ untersuchen.Ich hätte ebensogut, andere Werke studieren können 29 . Aber mit diesem wird das Problem direkt, im Sinne der Größe und der Erregung behandelt. Auch das existentielle Denken, von dem hier die Rede gewesen ist. Diese Parallele dient meinem Gegenstand.

KIRILOW

    Alle Helden DOSTOJEWSKIJs fragen sich nach dem Sinn des Lebens. Darin sind sie modern: sie fürchten die Lächerlichkeit nicht. Darin unterscheidet sich das moderne Empfinden von dem klassischen: dieses lebt von moralischen Problemen, jenes von metaphysischen. In den Romanen DOSTOJEWSKIJs wird die Frage derart eindringlich gestellt, daß sie nur zu letzten Lösungen verpflichten kann. Das Dasein ist trügerisch, oder es ist ewig. Wenn DOSTOJEWSKIJ sich mit dieser Untersuchung begnügte, wäre er Philosoph. Aber er gibt ein Bild der Folgen, die diese geistigen Spielereien für ein Menschenleben haben können, und insofern ist er Künstler. Unter diesen Folgen beschäftigt ihn letztlich die, die er selber im den logischen Selbstmord nennt. In den Dezember-Heften des Jahres 1876 stellt er die Überlegung über den an. Überzeugt davon, daß die menschliche Existenz für den, der nicht an die Unsterblichkeit glaubt, eine absolute Absurdität ist, kommt der Verzweifelte dabei zu folgenden Schlüssen:
     Es steckt noch ein wenig Humor in dieser Haltung. Dieser Selbstmörder tötet sich, weil er, auf der metaphysischen Ebene, drangsaliert wird. In gewissem Sinne rächt er sich. So beweist er, daß man , Man weiß jedoch, daß dasselbe Thema, freilich in der bewundernswertesten Fülle, bei Kirilow dargestellt wird, einer Figur der ; er ist auch ein Parteigänger des logischen Selbstmordes. Der Ingenieur Kirilow erklärt irgendwo, daß er sich das Leben nehmen will, weil . Man begreift natürlich, daß man das wörtlich verstehen muß. Um einer Idee, um eines Gedankens willen, bereitet er sich auf den Tod vor. Das ist die höchste Form des Selbstmordes. Schrittweise wird in all den Szenen, in denen die Maske Kirilows allmählich gelüftet wird, der Todesgedanke, der ihn belebt, vor uns ausgebreitet. Tatsächlich nimmt der Ingenieur die Überlegungen des Tagebuches> auf. Er fühlt, daß Gott notwendig ist und daß er wohl existieren müßte. Aber er weiß, daß er nicht existiert und nicht existieren kann. , fragt er, Diese Haltung zieht gleichermaßen bei ihm einige absurde Schlußfolgerungen nach sich. Er ist aus Gleichgültigkeit damit einverstanden, daß sein Selbstmord für eine Sache ausgenutzt wird, die er verachtet. Er bereitet seine Tat schließlich in dem Gefühl vor, in dem sich Auflehnung und Freiheit vermischen.     Die Überlegung hat eine klassische Klarheit. Wenn Gott nicht existiert, ist Kirilow Gott. Wenn Gott nicht existiert, muß Kirilow sich umbringen. Kirilow muß sich also umbringen, um Gott zu sein. Diese Logik ist absurd, aber das muß
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