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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann
Autoren: Helmut Wolkenwand
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kommen.«
    »Und das war es jetzt?«, fragte ich ungläubig. »Gernhardt kommt einfach
so davon?«
    »Er hat dich zum Helden gemacht«, erinnerte sie mich. »Wenn du jetzt
anfängst, irgendetwas anderes zu erzählen, wird man dich nur komisch ansehen.
Warum sollte er das tun? Er hätte das auch alleine durchziehen können …
vielleicht glaubt man dir, aber ohne Beweise … « Sie schüttelte den Kopf. »Ich
denke, das war es dann.« Sie stand auf. »Lass es gut sein, Horvath ist tot, Hu
auch … Schröder und Landvogt leben noch. Du auch. Ehrlich gesagt, ist mir das
das Wichtigste.« Sie musterte mich nachdenklich. »Kann es sein, dass du dich in
Gernhardt täuschst? Hat er dir gegenüber irgendwie gesagt, dass er nicht
verdeckt ermittelt hat? Irgendwo eine Schuld zugegeben?«
    Nein, hatte er nicht. Und sogar das, was er im Hotel gesagt hatte,
als ich hinter der Tür darauf gewartet hatte, dass mich jemand umlegte, hatte
er nur vorgetäuscht.
    Vielleicht hat Gernhardt ja doch
die Wahrheit gesagt.
    Unmöglich, dachte ich und rieb mir die Schläfen. Ich war fix und
fertig, und der Kopfschmerz brachte mich fast um.
    »Er sagt, er habe alles so eingerichtet, um mir zu helfen, wieder
rehabilitiert zu werden«, gestand ich ihr.
    »Ist das möglich?«
    »Woher soll ich das wissen?«, sagte ich ungehalten. »Ich verstehe
den Mann nicht. Aber er hat es von Anfang an behauptet, also …« Ich zuckte mit
den Schultern und ließ den Rest des Satzes offen.
    Eines musste ich zugeben: Damit, dass es so ausging, hatte ich beim
besten Willen nicht gerechnet.
    »Nun«, sagte sie. »Meiner Meinung nach macht es keinen großen
Unterschied. Die Sache ist vorbei. Geh nach Hause, Heinrich. Schlaf aus … und
kümmere dich um Ana Lena.«
    »Was ist mit Henri Muller?«
    »Wir kriegen ihn dran.« Sie legte mir die Hand auf den Arm. »Geh
nach Hause, Heinrich«, drängte sie mich. »Es ist vorbei.«
    Sie hat recht. Es ist vorbei.
    Aber glauben konnte ich das noch immer nicht.
    Mittlerweile war es Nacht. Ana Lena war bei Jenny. Landvogt war erst
mal mit der Polizei beschäftigt, Gernhardt würde wahrscheinlich im Krankenhaus
landen, wo man ihm die Kugel rausholen würde. Ich war sicher, er konnte alles
erklären.
    Er kommt damit durch.
    So war es wohl. Auf jeden Fall konnte ich mir jetzt ziemlich sicher
sein, dass mich niemand verfolgen würde. Ich war hundemüde, aber dies war eine
Gelegenheit, die ich nutzen sollte. Also holte ich mir von unserer Firma den
Lieferwagen und fuhr nach Hause.
    Da gab es noch etwas, das dringend erledigt werden musste.

    Ich
hatte gerade die beiden länglichen Pakete in den Wagen gewuchtet, als mein
Telefon klingelte. Ich schloss die Ladentüren und ging dran, es war Irina. Sie
klang so kühl und gelassen wie immer.
    »Also war
es Hu, der damals unsere Tochter entführen ließ«, sagte sie zur Begrüßung.
    »Sieht so aus.«
    »Er ist tot. Es heißt, dass du ihn erschossen hast. Bekommst du
Ärger deswegen?«
    »Nein. Ich glaube nicht.«
    Ich ließ den Wagen an und fuhr langsam los. Weit und breit war
niemand zu sehen, nur als ich gerade abbog, kam mir ein Taxi entgegen, das vor
Frau Kramers Haus hielt. Eine junge Frau stieg aus, mehr konnte ich im Spiegel
nicht sehen, bevor ich um die Ecke bog. Also war Frau Kramers Enkelin doch am
Leben. Ich war sicher, dass sie irgendetwas davon gesagt hatte, dass ihre
Enkelin schon vor Jahren umgekommen war. In irgendeinem Urlaub. Oder vielleicht
hatte sie ja zwei Enkelinnen gehabt. Nun, ich würde es morgen Abend erfahren.
    »Wir sind dir zu Dank verpflichtet«, sprach Irina weiter. »Wir
kümmern uns um unsere Freunde, das weißt du, ja?«
    »Ja«, sagte ich. »Das weiß ich.«
    »Gibt es irgendetwas, das wir für dich tun können?«
    Ich grübelte. »Da fällt mir nichts ein. Es ist vorbei, das ist die
Hauptsache. Und wir haben es alle geschafft. Übrigens, danke, dass du dich
zurückgehalten hast.«
    »Alexej sagte, ich sollte dir vertrauen. Er hat mir mein Gewehr
abgenommen.« Es klang ein ganz klein wenig nachtragend, wie sie das sagte.
»Bist du sicher, dass wir nichts für dich tun können?«
    »Ganz sicher«, sagte ich, doch dann fiel mir doch etwas ein.
»Vielleicht doch«, sagte ich. »Aber es ist etwas viel verlangt. Und vor allem
sehr kurzfristig.«
    »Um was geht es?«
    »Es gibt da jemanden, mit dem ich mich gerne unterhalten würde …«

    Theos
Recyclinghof war nachts wie ausgestorben, war jedoch wie üblich hell
erleuchtet, und auch an der kleinen
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