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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann
Autoren: Helmut Wolkenwand
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Uhr.
    »Glückstreffer«, meinte ich und zuckte mit den Schultern. »Nehmen
Sie es nicht persönlich, aber ich hatte das fast schon vergessen.«
    »Was ist mit den Orlovs?«, fragte Hu ungehalten. »Sie haben
versprochen, dass sie hier sein werden!«
    »Sie sind noch nicht hier«, antwortete Gernhardt. »Offenbar sind sie
nicht so blöde, wie Sie dachten.«
    »Es war Bestandteil unseres Deals«, meinte der Chinese scharf,
während er mich mit seinen dunklen Augen musterte.
    »Ja«, sagte Horvath. »Und ich bekomme Schmitt.« Er griff unter seine
Jacke.
    »Der Deal hat sich gerade geändert«, sagte Gernhardt und schwenkte
mit meiner Pistole herum.
    Horvath war schnell. Während Hu noch dastand und glotzte, hatte der
Ungar bereits seine Waffe gezogen und schoss. Gernhardt war trotzdem schneller.
Er schoss insgesamt viermal. Solange ich ihn kannte, hatte er nur ein einziges
Mal sein Ziel verfehlt. Diesmal traf er. Eine Kugel in den Kopf, eine ins Herz.
Für beide. Das Ganze hatte keine Sekunde gedauert.
    Während mir noch die Ohren klingelten, ich dumm dastand und Hu und
Horvath schwer und offensichtlich tot zu Boden fielen, lächelte Gernhardt etwas
mühsam. »Okay«, sagte er und reichte mir meine warme Waffe wieder. »Schieß noch
einmal. Irgendwohin. Nicht auf mich«, warnte er.
    Ich schoss auf den Container.
    »Ich frage mich, wie viele Millionen du gerade gelocht hast«, sagte
er mühsam und öffnete mit spitzen Fingern seine Jacke. »Du hast mir gerade das
Leben gerettet«, teilte er mir mit. »Wenigstens werde ich das aussagen. Du
ahnst gar nicht, wie schwer das war, ihn schießen zu lassen … gut nur, dass er
diese Walther so geliebt hat. Taugt nichts, das Ding.«
    Ja. Ganz meine Meinung.
    Er sah zur Tür hin. »Kommt die Polizei von alleine, oder müssen wir
sie erst noch anrufen?«
    »Sie ist unterwegs«, teilte ich ihm mit.
    Er steckte seine Waffe ein und inspizierte das kleine Loch auf
seiner linken Seite, wo es dunkel aus seinem Hemd tropfte. Ich hob die Glock,
und er sah zu mir hin.
    »Und?«, fragte er. »Legst du mich jetzt um?« Er ging schwerfällig
hinüber zu den Spinden und zog sich einen der alten Stühle, die an dem Tisch
standen, heran, um sich schwerfällig darauf zu setzen.
    »Warum das Ganze?«, fragte ich ihn noch einmal.
    »Warum nicht?«, lächelte er. »Ich habe es immer bedauert, dir in den
Rücken schießen zu müssen. Es gehörte sich einfach nicht. Egal, wie sehr ich
mir gesagt habe, dass es notwendig war. Als du zurückkamst, konnte ich nicht
zulassen, dass du meine Karriere zerstörst, also habe ich deine zerstört. Auch
das gefiel mir nicht.«
    Er zog das Hemd hoch und inspizierte die Wunde. »Für so ein kleines
Loch tut das Ding ziemlich weh«, stellte er fest und verzog schmerzhaft das
Gesicht. »Den Rest hat mir dann Maya gegeben. Das Drecksbiest ist eine echte
Schlampe … ich hatte genug. Dann kam dieser Job. Und die Gelegenheit, sauber
auszusteigen. Direkt vor deiner Haustür. Also dachte ich, warum nicht. Lassen
wir dich den Fall lösen … das Rampenlicht kassieren … und ich gehe in den Ruhestand.«
    »Du hast mir in den Rücken geschossen«, teilte ich ihm mit.
    Er nickte.
    »Ich weiß. Aber es gibt einen Unterschied zwischen uns beiden. Wir
sind beide Soziopathen. Auch dir macht es nichts aus, jemanden umzulegen. Der Unterschied
besteht darin, dass du noch daran glaubst, dass das Leben eine Moral besitzt.
Du wirst mich nicht umlegen, Heinrich. Weil du jetzt weißt, dass ich alles
dafür getan habe, meine Schulden zu bezahlen.«
    »Ist das alles?«, fragte ich, während ich darüber nachdachte, ob er
recht hatte. Ehrlich gesagt, hatte ich große Lust abzudrücken.
    »Nein«, lachte er und verzog schmerzverzerrt das Gesicht. »Ich kenne
dich, Heinrich. Ich hatte oft genug den gleichen Albtraum. Immer wieder. Ich
sah dich an meinem Bett stehen … und abdrücken. Früher oder später wäre es so
gekommen. Du kannst es genauso wenig gehen lassen wie ich. Also gab es nur
diesen Weg. Entweder lege ich dich um … schon wieder … oder ich zahle meine
Schulden.«
    Er meinte es tatsächlich so, stellte ich ungläubig fest. Und
offenbar kannte er mich doch nicht gut genug.
    Ich hob die Waffe, und die Tür flog auf. »Polizei«, dröhnte es.
»Keine Bewegung!«
    Du hättest früher schießen sollen.
    Ja. Aber jetzt war es zu spät. Ich ließ die Waffe fallen und hob die
Hände.

    »Beinahe
hätten wir dich noch umgelegt«, meinte Marietta etwas später und sah zu
Gernhardt
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