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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann
Autoren: Helmut Wolkenwand
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unter Druck, und als ich stur blieb und ihn zum
wiederholten Male rauswerfen wollte, rastete er aus und schlug mich zusammen.
Schlimmer als je zuvor.« Sie fuhr sich leicht über ihre Wange. »Er brach mir
die Wangenknochen, und beinahe hätte ich auch ein Auge verloren. Und dann stand
plötzlich Frau Kramer in der Tür. Fast so wie eben. Sie sagte ihm, dass er verschwinden
sollte. Er lachte sie aus und trat noch einmal zu. Ich war schon halb
weggetreten, aber ich weiß noch, wie er plötzlich neben mir auf dem Boden saß
und mich dumm anglotzte, während ihm das Blut aus dem Mund lief. Und dann war
Frau Kramer da und half mir hoch. Sie sagte, sie wüsste eine Klinik, in der man
sich um mich kümmert und in der man mich nicht findet.«
    »Jemand schuldete mir einen Gefallen«, sagte Frau Kramer lapidar.
»War kein großes Ding. Ich hatte Frank nicht gut getroffen, ich dachte zwar,
dass er es nicht überleben würde, aber Zeit, das zu überprüfen, hatten wir
nicht. Elisabeth brauchte schnell Hilfe … und das an einem Ort, an dem Frank
sie nicht finden konnte.«
    »Und warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?«, fragte Marietta
leise.
    »Das hatte ich vor«, erklärte Frau Kramer gelassen. »Es hätte zwar
einige Fragen aufgeworfen, die ich lieber nicht beantwortet hätte, aber es war
Notwehr, und ich glaube kaum, dass mir jemand Ärger gemacht hätte. Ich war
damals auch schon eine alte Frau«, lächelte sie. »Aber als ich zurückkam,
erfuhr ich, dass Frank überlebt hatte. Er ist irgendwie davongekommen und …«
    »Er hat ja schon oft gedroht, dass er mich finden und mich dann
umbringen wird«, erklärte Elisabeth. »Er war vollständig außer Kontrolle, und
ich hatte panische Angst, dass er mich findet. Abgesehen davon … es hat Monate
gedauert, bis ich wieder einigermaßen genesen war. Frank hat nie ein Interesse
an Ana Lena gezeigt, und du, Heinrich, hast dich um sie gekümmert. Ich war noch
immer ein Krüppel, und Frau Kramer bot mir an, mich in eine Spezialklinik in
Amerika einweisen zu lassen. Unter dem Namen ihrer Enkelin.«
    »Chloe ist vor vierzehn Jahren auf einer humanitären Mission in
Uganda entführt und umgebracht worden. Sie haben mir ihre Besitztümer
geschickt, aber sie dort begraben … was wohl auch besser war«, sagte Frau
Kramer und schluckte. »Es war nicht mehr viel von ihr übrig. Ich habe mich
nicht darum gekümmert, alles Behördliche zu regeln … und hatte noch ihren
Ausweis und ihren Reisepass. Chloe ist Deutsch-Amerikanerin gewesen und sah
Elisabeth etwas ähnlich«. Sie sah meine Schwester an. »Und so war es einfach.
Geplant war, dass sie sich erholt und so zugleich vor Frank in Sicherheit ist.
Sie wollte wiederkommen, sobald man Frank gefunden und eingesperrt hatte.« Sie
seufzte. »Aber der Kerl ist davongekommen und spurlos untergetaucht.«
    »Frau Kramer hielt mich immer auf dem Laufenden«, erklärte Elisabeth
leise. »Und als ich dann erfuhr, was mit Ana Lena geschehen ist, oder zumindest,
was Frau Kramer vermutete, und als dann dieser schreckliche Unfall geschah, bin
ich so schnell hergekommen, wie ich nur konnte. Ich will dieses Versteckspiel
nicht mehr.«
    »Und was ist mit Frank?«, fragte Marietta.
    »Warum schaut ihr mich alle so an?«, fragte ich unschuldig. »Ich
habe seit Jahren nichts mehr von ihm gehört. Niemand hat das. Und ich glaube
ehrlich nicht, dass er noch einmal wiederkommt.«
    »Ich wollte nur, ich könnte sicher sein«, sagte Elisabeth leise und
drückte Ana Lena enger an sich.
    »Ich glaube, das kannst du«, sagte ich beruhigend. »Ich habe da so
ein Gefühl.«

    Später
am nächsten Tag kam Marietta vorbei, als ich gerade die letzten Reste von
Gernhardts Blut aufwischte. Den größten Teil des Morgens hatten wir damit
verbracht, unsere Aussagen zu machen.
    »Das war
eine harte Woche«, sagte sie, an den Türrahmen gelehnt, während sie mir zusah,
wie ich den Wischeimer ausschüttete. »Aber jetzt ist alles vorbei.«
    »Ja, das ist es«, sagte ich.
    »Was ist mit uns?«, fragte sie zögernd.
    Ich war so müde, dass ich kaum noch stehen konnte, aber ihre Frage
ließ mich wieder wach werden.
    »Ich glaube, ich sollte dir einfach sagen, dass es ein Fehler war,
dass wir uns jemals getrennt haben.«
    »Das hat lange genug gedauert«, sagte Marietta und baute sich vor
mir auf. »Meinst du es ernst?«
    »Und wie.«

    Das
war noch nicht ganz das Ende der Geschichte. Zwei Wochen später kam Berthold
und stellte mir eine Bierflasche auf die große Kiste, die
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