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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes
Autoren: Rick Yancey
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reproduzieren.«
    »Ihnen ist schon klar, dass Sie einmal hü und einmal hott sagen, Pellinore. Als es darum ging, Ihren Assistenten hier zuretten, haben Sie sich keine Gedanken darum gemacht, das Antidot zu bewahren.«
    »Und Sie sollten es wirklich vermeiden, die Stimme des Gewissens nachzuahmen, Kearns. Es tönt hohl, wie bei jemandem, der versucht, in einer Sprache zu sprechen, die er nicht versteht.«
    Mit einem boshaften Lächeln stopfte Kearns sich eine ganze Spinne in den Mund. Angewidert drehte der Monstrumologe den Kopf weg.
    * * *
    Der Doktor hatte ein brutal effizientes Protokoll entworfen, um das schauerliche Werk der Ausmerzung des Magnificums auf der Insel zu vollenden. Wir schlugen unser Lager an einer Stelle auf, die gute Deckung und etwas Schutz vor den Elementen bot, ein paar Hundert Fuß unter den Wolken, die die Nistgründe einhüllten. Wir hielten uns an die Zeiten unserer Beute, schliefen bei Tag und lockten sie nachts in die Todeszone.
    Feuer war unser Köder. Es zog sie an, und Warthrop und Kearns versteckten sich hinter einem Felsbrocken oder -vorsprung und putzten sie weg, wenn sie in den Lichtkreis krochen. Die Leichen von der Nacht zuvor wurden als Brennstoff für das Feuer der nächsten Nacht benutzt.
    Es war eine grässliche, grausige Arbeit. Es gab keinen Kitzel der Jagd, keine Beinahebegegnungen mit dem Tod. Es gab nur Tod.
    Dies war die dunkle Seite der Monstrumologie, Heldentum der düstersten Art, die Arbeit in der Finsternis, auf dass die Übrigen im Licht leben mochten. Es begann seinen Tribut von meinem Herrn zu fordern. Er hörte auf zu essen. Er schlief immer nur ein paar Minuten am Stück und war dann wieder auf den Beinen und starrte in die Ferne mit Augen, die einen verzweifelten, gehetzten Ausdruck angenommen hatten, wie ein Mann, der zwischen zwei undenkbaren Alternativen gefangen ist.
    Kearns ging es nicht viel besser. Er beschwerte sich in einemfort, dass er seinen Minotaur immer noch nicht gefunden hatte und dass das Ganze weit von der epischen Queste, die er sich vorgestellt hatte, entfernt war.
    »Ach kommen Sie schon, Pellinore! Bestimmt könnten wir das hier spaßiger gestalten!«, sagte er eines späten Abends. Nicht ein einziges Opfer war in unsere Falle getappt. »Wir könnten uns aufteilen – ein Spiel daraus machen. Wer die meisten zur Strecke bringt, gewinnt den Preis.«
    »Verlassen Sie uns, wenn Sie möchten, Kearns«, sagte Warthrop matt. »Tatsächlich wünschte ich, Sie würden es tun.«
    »Jetzt sind Sie aber äußerst unfair, Pellinore! Es ist ja schließlich nicht meine Schuld. Ich habe den Mythos vom Magnificum nicht erfunden.«
    »Nein, Sie haben ihn bloß benutzt, um daraus Nutzen zu ziehen.«
    »Und Sie hätten ihn benutzt, um Ihrem Ruf zu nutzen und sich an Ihren Rivalen zu rächen. ›Bejubelt alle den großartigen Wissenschaftler, den selbstgerechten Ritter, der der Christenheit den Gral nach Hause gebracht hat, Pellinore den Reinen, Pellinore den Stolzen, Pellinore den Prächtigen!« Er lachte fröhlich. »Was Motive angeht, so war meins mit Abstand das reinste!«
    »Lassen Sie ihn in Ruhe!«, fuhr ich ihn an. Am liebsten hätte ich Awaales Messer genommen und ihm dieses unerträgliche blasierte Grinsen abgeschnitten. »Es ist Ihre Schuld – das Ganze! Ihretwegen wäre er fast gestorben!«
    »Wovon redest du, Junge? Die Russen? Ich habe den Russen nicht gesagt, sie sollen Pellinore umbringen. Das war deren Idee.«
    »Sie haben ihm den Nidus geschickt!«
    »Zur sicheren Aufbewahrung, und du solltest mir danken, dass ich das gemacht habe.«
    »Ich sollte Sie töten, das sollte ich!«
    Seine Augenbrauen hoben sich überrascht. »Aber, aber! Sind wir etwa der blutrünstige kleine Wilde? Was hat dieses Kind nur bei Ihnen gelernt, Pellinore?«
    Der Monstrumologe schüttelte kläglich den Kopf. »Lektionen der ungewollten Art.«
    * * *
    Eine Woche lang rackerten wir uns im Weinberg der Toten ab. Nach zwei Nächten ohne eine Sichtung fing Kearns an, von der Rückkehr nach Gishub zu reden, wo wir die Ankunft der Dagmar erwarten sollten.
    »Ich nehme an, meinen Minotaur muss ich abschreiben.« Er zog einen Schmollmund. »Aber alles – auch das Beste – muss irgendwann ein Ende haben.«
    Ein beunruhigter Ausdruck legte sich über das Gesicht des Doktors. Er zog mich außer Hörweite von Kearns und flüsterte: »Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht, Will Henry!«
    »Nein, haben Sie nicht«, flüsterte ich zurück. »Alle haben gedacht, das
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