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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes
Autoren: Rick Yancey
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Magnificum wäre real …«
    »Scht! Ich rede nicht vom Magnificum .« Er warf einen Blick auf den Felsvorsprung, auf dem Kearns auf der Lauer lag. »Ich weiß nicht, worauf er wartet. Vielleicht ist sein Verstand gespalten; vielleicht hat er sich noch Rudimente seiner Menschlichkeit bewahrt, obwohl es mir schwerfällt, dafür irgendwelche Anzeichen zu entdecken. Höchstwahrscheinlich muss sich der geeignete Moment erst noch bieten.«
    Er lächelte grimmig, als er meine verdutzte Miene sah. »Er muss mich töten. Na ja, dich natürlich auch – uns beide. Was hat er sonst für eine Wahl? Er steckt hier fest bis zum Ende des Monsuns, und selbst dann wird ihm ein Entkommen schwerfallen. An wen kann er sich um Hilfe wenden? Der einzige Hafen auf der Insel wird von den Briten kontrolliert, aber von denen wird er wegen Hochverrats und Mordes gesucht. Die Russen? Sie werden ihm die Verantwortung für das Debakel der Expedition anlasten und auf Bestrafung aus sein. Bleiben und gejagt werden – oder die Flucht riskieren und verhaftet werden.«
    »Aber aus diesem Grund wird er uns ja gerade nicht umbringen«, argumentierte ich. »Er braucht uns zur Flucht.«
    »Tut er das? Er weiß, wann und wo wir uns mit der Dagmar verabredet haben. Das war mein schrecklicher Fehler, ihm das zu sagen. Alles, was er zu tun braucht, ist, Kapitän Russell mitzuteilen, dass du und ich verschollen sind oder auf der Jagd getötet wurden. Und dann steht es John Kearns frei, hinzugehen, wohin er will, jeder zu werden, der er will. Er wird sich wieder unter die menschliche Familie mischen, am Leben und mit unversehrter menschlicher Maske.«
    Ich war einen Moment lang still, während ich es durchdachte, mir darüber Kopfzerbrechen machte, versuchte, Löcher in seine Argumentation zu stoßen. Ich kam zu dem Schluss, dass es sinnlos war, und konzentrierte mich stattdessen darauf, eine Lösung zu finden.
    »Wir könnten ihm eins über den Schädel geben, ihn bewusstlos schlagen, ihn festbinden – oder warten, bis er eingeschlafen ist …«
    Der Doktor nickte. »Ja, natürlich. Es ist die einzige Möglichkeit. Er muss ja irgendwann einmal schlafen …« Seine Stimme verlor sich. Der gehetzte Ausdruck der letzten paar Tage huschte über seine Miene. »Tja, festbinden können wir ihn nicht. Das wäre ein Todesurteil und ein besonders grausames obendrein.«
    »Dann schlagen wir ihm auf den Kopf und nehmen ihm sein Gewehr ab.«
    »Wieso bestehst du darauf, ihm auf den Kopf zu schlagen? Wenn wir ihm das Gewehr abnehmen wollen, brauchen wir doch bloß zu warten, bis er einschläft.«
    »Dann machen wir eben das. Warten, bis er einschläft, und ihm das Gewehr abnehmen.«
    »Und dann … was? Ihn gefangen nehmen?«, fragte er.
    »Wir könnten ihn den Briten übergeben.«
    »Die ihn dann über Arkwright ausfragen, und dann wirst du wegen Mittäterschaft an dessen Mord verhaftet – und von Helrung ebenfalls.«
    »Er hat gesagt, er würde Arkwright nicht kennen.«
    Warthrop bedachte mich mit einem vernichtenden Blick. »Wie kommt es, Will Henry, dass genau in dem Moment, wo ich anfange zu denken, dass du vielleicht ja doch einen Kopf auf den Schultern hast, du so etwas von dir gibst?«
    »Dann übergeben wir ihn niemandem. Wir halten ihn fest, bis wir an Bord der Dagmar gehen, und dann lassen wir ihn hier.«
    Der Monstrumologe nickte zwar, wirkte aber immer noch besorgt. »Ja. Es ist die einzige annehmbare Alternative. Wenn unsere Arbeit hier zu Ende ist, lassen wir die Falle zuschnappen.«
    Ich fragte nicht: Die einzige annehmbare Alternative wozu? Ich brauchte es nicht.
    * * *
    Der Morgen war nur noch wenige Stunden entfernt in der letzten Nacht unserer bitteren Ernte, und bis jetzt war nur einer der Befallenen in unsere Falle gelaufen. Kearns erschoss ihn, drehte dann den Leichnam mit dem Fuß auf den Rücken und blickte ihm mit enttäuschter Miene ins Gesicht.
    »Wo ist er nur?«, grübelte er laut. »Wo ist mein Minotaur?«
    »Tot, würde ich vermuten«, antwortete Warthrop.
    »Ach, sagen Sie das nicht! Sollte es mir nicht gelingen, ihn zu fangen, hätte ich das Gefühl, das ganze Unterfangen war umsonst!«
    »Wie, nicht genug Tod für Sie, Kearns?«
    »Das ist das Wunderbare am Leben«, erwiderte Kearns herzlich. »Es ist zum Bersten voll mit allem an Tod, was man bewältigen kann!«
    »Dann hoffe ich, dass Sie genug davon bekommen haben werden, bevor die Dagmar morgen zurückkommt.«
    »Morgen ist das? Dann müssen wir meinen Minotaur heute Nacht
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