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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann
Autoren: Jason Dark
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Schöpfung widersetzt hatte und von unten nach oben gestiegen war.
    Glatt und funkelnd!
    Dafür sorgte das Licht der Sterne, von denen immer mehr zu sehen waren, je dunkler es wurde. So konnte man schon von einem paradiesischen Himmel sprechen, zu dem ich hin und wieder mit großer Ehrfurcht hochschaute und wieder feststellen musste, wie klein der Mensch doch im Vergleich zur Schöpfung ist.
    Zu den Sternen gehörte auch der Mond, falls er sich nicht auf der anderen Seite der Erde aufhielt. Das war an diesem Maiabend nicht der Fall. Seine schmale Sichel war klar und scharf zu sehen, als hätte jemand mit einer riesigen Schere diese Gondel aus der Dunkelheit herausgeschnitten, um dem Licht eine Chance zu geben.
    Aber wir waren nicht gekommen, um in das Tal zu schauen, das durch zahlreiche Gewässer aufgelockert wurde, auf deren Oberflächen sich matt das Sternenlicht widerspiegelte. Es gab einen anderen Grund, der mich von London aus zu meiner Freundin, der Tierärztin Maxine Wells, nach Schottland geführt hatte.
    Meine Gedanken wurden durch die Stimme des jungen Mädchens auf dem Rücksitz unterbrochen. »Kann ich auch einen Kaffee haben?«
    Maxine drehte sich um. »Nein, meine Liebe. Du kannst allerdings in den Korb neben dir greifen. Da findest du etwas zu trinken. Mineralwasser, Orangensaft und auch den von Äpfeln. Ich denke, dass du eine wunderbare Auswahl hast.«
    »Aber nichts Warmes.«
    »Ich bitte dich, Carlotta, so kalt ist es auch nicht. Da haben wir schon andere Nächte erlebt.«
    »Wenn du meinst«, murmelte sie etwas knurrig.
    Maxine nahm wieder die normale Sitzhaltung ein und zwinkerte mir zu. Sie hatte es wieder einmal geschafft, Carlotta zu überzeugen.
    An diesem Abend wirkte Maxine Wells weniger wie eine Ärztin. Ihr Outfit erinnerte mehr an das eines weiblichen Rangers. Sie trug eine auf die Figur geschnittene sandbraune Cordhose, als Oberteil einen schwarzen Pullover, und ihre Wetterjacke mit den zahlreichen Klettverschluss-Taschen besaß eine grünlich braune Tarnfarbe. Es fehlte nur noch die Kopfbedeckung, und der weibliche Ranger wäre perfekt gewesen. Darauf hatte Maxine verzichtet. Dafür hatte sie das dunkelblonde Haar hochgesteckt und im Nacken leicht zusammengebunden.
    Ich mochte Maxine. Sie war eine Frau, auf die man sich verlassen konnte. Und sie gehörte zu den Menschen, die sich nicht einschüchtern ließen.
    Wir kannten uns schon recht lange. Seit dem ersten Fall, als es um die Rattenkönigin gegangen war, wusste Maxine auch, dass es Dinge auf dieser Erde gab, die sie sich zuvor nicht hatte vorstellen können.
    Ein einschneidendes Erlebnis war auch die Begegnung mit dem Vogelmädchen Carlotta gewesen. Ihr war es gelungen, aus einer Genklinik zu fliehen, die von einem verbrecherischen Wissenschaftler geleitet wurde. Den Leuten dort war es tatsächlich gelungen, ein Wesen zu erschaffen, das sowohl Vogel als auch Mensch war.
    Genauer gesagt: Carlotta war tatsächlich in der Lage zu fliegen, weil ihr Flügel gewachsen waren, die mit den Armen in Verbindung standen. Das Vogelmädchen hatte bei der Tierärztin eine zweite Heimat gefunden, und Maxine sorgte zudem dafür, dass sie vor den Augen der Öffentlichkeit geschützt wurde, denn hätte man sie entdeckt, dann wäre sie eine Weltsensation gewesen.
    So aber blieb sie im Haus und zeigte sich so wenig wie möglich in der Öffentlichkeit. Wenn es nicht anders ging, war ihre Kleidung so geschnitten, dass sie die Flügel verdeckte, die mit so wunderbar weichen Federn bestückt waren.
    Natürlich konnte sie nicht nur im Haus bleiben. Sie musste hin und wieder raus, um das Fliegen nicht zu verlernen, wie sie selbst als Ausrede sagte.
    Dann fühlte sie sich am glücklichsten, wenn sie durch die Nacht segelte und die Welt von oben sah.
    Ich konnte dieses Gefühl nachvollziehen, denn ich war ebenfalls schon mit ihr geflogen. Für Carlotta war das kein Problem gewesen, denn man konnte sie als sehr kräftig bezeichnen.
    Jetzt ging es wieder um einen Fall, auf den Carlotta ihre Ziehmutter aufmerksam gemacht hatte, sodass Maxine sich gezwungen gesehen hatte, mich anzurufen, was sie sehr gerne getan hatte, denn wir hatten uns recht lange nicht mehr gesehen.
    »Na, Liebes, wie schmeckt der Saft?«
    »Hm.«
    »Ach, mehr nicht?«
    »Man kann ihn trinken.«
    »Sehr gut.«
    »Aber euer Kaffee wäre mir lieber gewesen.« Carlotta musste einfach das letzte Wort haben, doch daran störte sich Maxine nicht. Sie stellte die Rückenlehne des Sitzes etwas
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