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Der Mondmann

Der Mondmann

Titel: Der Mondmann
Autoren: Jason Dark
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strich über den oberen Teil des Bettes das weiche honiggelbe Licht hinweg, das auch das Fenster erreichte, aber aus der Scheibe trotzdem kein helles Rechteck machte, weil es einfach zu schwach war.
    Da sich auch ihr eigener Atem beruhigt hatte oder sich nicht mehr so laut anhörte, war Melody in der Lage, sich auf die Umgebung zu konzentrieren. Das nahm sie sich auch fest vor. Sie wollte nicht mehr so durchdrehen und sich von diesem verdammten Fieber beherrschen lassen. Sie nahm sich vor, dagegen anzukämpfen, und als Zeichen dafür ballte sie ihre Hände zu Fäusten.
    Links vom Bett lag die Zimmertür, die nicht geschlossen war. Darum hatte Melody ihren Mann gebeten, denn sie wollte hören, wenn er nach Hause kam. Hin und wieder warf sie einen Blick durch die offene Tür, lauschte auch, aber beides war vergebens. Casey kam noch nicht. Er rief auch nicht an. Das hätte er tun können, denn ihr Handy lag greifbar auf dem kleinen Tisch neben dem Bett.
    Als hätte Casey in der Ferne ihre Gedanken erraten, hörte Melody plötzlich das leise Summen. Sie schreckte trotzdem zusammen, dann aber streckte sie den Arm in die Höhe und bog ihn zudem so, dass sie nach dem Apparat fassen konnte.
    Sie wollte sich zusammenreißen und das Zittern ihrer Hand vermeiden. Ebenso wie das ihrer Stimme.
    »Ja«, sagte sie.
    »Ich bin es.«
    »Oh Gott, Casey.« Es brach aus ihr hervor. Sie konnte auch nicht die Tränen zurückhalten. »Bitte, komm, die Schübe sind so stark. Ich... ich... kann nicht mehr lange hier bleiben. Im Moment geht es ja.« Immer wieder wurde ihre Rede von schweren Atemzügen unterbrochen. »Aber ich weiß nicht, wie es in einer Stunde sein wird.«
    Casey’s Stimme klang besorgt, als er fragte: »Ist es wirklich so schlimm gewesen?«
    »Ja, wie nie.«
    »Gut, dann alarmiere ich den Notarzt.«
    »Nein!«, rief Melody voller Panik. »Ich will, dass du selbst kommst, verstehst du?«
    »Ja, das werde ich auch. Nur muss ich noch abwarten, bis die Polizei das Protokoll aufgenommen hat.«
    Melody wurde wieder heiß. Diesmal aus einem anderen Grund. »Polizei?«, krächzte sie. »Was hast du denn mit der Polizei zu tun?«
    »Ich direkt nichts. Mir ist nur ein betrunkener Radfahrer gegen die Seite gefahren. Mir ist nichts passiert, und mich trifft da auch wirklich keine Schuld.«
    »Ausgerechnet jetzt!«, flüsterte sie.
    »Ich sage dem Notarzt...«
    »Nein, Casey, nein. Das will ich nicht. Wenn du in einer Stunde bei mir bist, dann...« Sie lauerte auf die Antwort ihres Mannes, der erst noch überlegen musste.
    »Ja«, sagte er dann. »Ich denke schon, dass ich es schaffen kann. Und bleib bitte ganz ruhig, Liebes. Ist das klar?«
    »Ich werde mich daran halten.«
    »Gut, ich beeile mich.«
    Die Verbindung war unterbrochen. Das Handy lag auf Melody’s Handfläche. Es war schwer wie Blei geworden. Nur mit großer Mühe legte sie es wieder zurück auf den Nachttisch.
    Sie wusste selbst nicht, woher es kam, aber sie war plötzlich von einer ungewöhnlichen Ruhe erfasst worden. Es musste an Casey’s Stimme gelegen haben, die es geschafft hatte, sie in diesen Zustand hineinzuversetzen. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass er auch lange anhielt.
    Trotzdem war es nicht still. Im Haus hörte sie die wenigsten Geräusche, die richtigen klangen draußen auf, denn dort fuhr der Wind an den Fenstern entlang, wie ein Geist, der alles mit sich reißen wollte, was nicht fest genug war.
    Sie kannte das Geräusch. Es machte ihr normalerweise nichts aus. An diesem Abend empfand sie es jedoch als bedrohlich. Sie drehte den Kopf so, dass sie hoch zum Fenster schielen konnte. Dabei stellte sie fest, dass der Himmel noch nicht von der nächtlichen Dunkelheit umfangen worden war.
    Melody wollte Ruhe haben. Keinen neuen Schub mehr bekommen. Darauf warten, dass ihr Mann eintraf und ihr half. Möglicherweise brauchte er sie nicht mal ins Krankenhaus zu bringen, weil sie sich bis dahin wieder erholt hatte.
    Die äußere Ruhe sorgte bei ihr nicht für eine innere. Sie blieb zwar bewegungslos im Bett liegen, wobei sich der Schweiß auf ihrem Körper allmählich in eine kalte Schicht verwandelte, aber im Innern spürte sie die Aufgeregtheit und dass ihr Herz überlaut klopfte und sie die Schläge sogar als Echos im Kopf erlebte.
    Klopf... klopf... klopf...
    Melody zuckte zusammen. Etwas stimmte nicht mit den Klopfgeräuschen. Das waren nicht mehr die Echos ihrer Herzschläge. Da kam noch etwas anderes dazu.
    Das Klopfen blieb.
    Lauter als zuvor...
    Melody
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