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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Autoren: Martin Hühn
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Fluchtinstinkt und nicht den Verstand. Das plötzliche und überwältigende aber unbestimmte Gefühl, hier falsch zu sein, schlug ihn in die Flucht. Normalerweise konnte ihn nichts aus der Ruhe bringen. Doch hier war etwas so unfassbar und allumfassend verkehrt, dass er einfach nicht damit klarkam. Später hätte Konstantin nicht mehr sagen können, welche Details ihm in diesem Augenblick konkret aufgefallen waren.
     
    Kopflos begann Konstantin, durch die Straßen zu laufen. Ich habe mich verirrt! Total verirrt. Ich kann gar nicht falscher sein als hier.
    Schon die wenigen Informationen, die von seinen überforderten Sinnen zu seinem Verstand durchsickerten, machten allzu deutlich, was dies für eine seltsame Gegend war. Da waren zunächst die Straßen selbst: Sie waren nicht asphaltiert oder gepflastert, sondern bestanden aus Fels, der von Pflanzenwuchs gereinigt und glattgeschlagen worden war. Dann waren da die Menschen auf den Straßen, die alle mehr oder weniger wie der Verkäufer gekleidet waren. Die Häuser blieben, obgleich aus hübschen Bruchsteinen gefertigt, eher unscheinbar. Sie versteckten sich in großen Grundstücken, die von hohen Mauern, ebenfalls aus Bruchsteinen, begrenzt waren. Nicht zu übersehen war dagegen die Vegetation. Obgleich dies eindeutig eine Großstadt war, gab es viel mehr Grünflächen als Gebäude. Und was für Grünflächen! Oft sah Konstantin dichten Dschungel bis hinauf in schwindelnde Höhen reichen. Die Stadt war in einem aufsteigenden Tal errichtet worden. Links und rechts ragten in einigen hundert Metern Abstand lotrechte Felswände aus buntem Sandstein mehr als tausend Meter auf. Der Blick zur Talsohle, wo sich die breite Schlucht weiter öffnete, offenbarte Konstantin zur Rechten einen schier endlosen Dschungel und zur Linken eine Meeresküste. Wie weit die Stadt in den dunstigen Wald hineinreichte, konnte Konstantin aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht erraten. Doch so weit das Auge reichte, sah er hier und da Rauch, vermutlich von Kochfeuern, aus dem Wald aufsteigen. Im etwas näheren Umfeld waren immer wieder steinerne Mauern im üppigen Grün auszumachen.
     
    Konstantin ließ sich einige Minuten später erschöpft und völlig verschwitzt auf eine schattige Bank aus Korbgeflecht fallen, die etwas abseits an einer größeren Kreuzung stand. Ihm direkt gegenüber gingen Menschen in einem kleinen Laden aus und ein, vor dem sich geflochtene Körbe stapelten.
    Er musste sich nun eingestehen, dass seine bisherige Reaktion ganz und gar nicht rational zu nennen war. Fassen wir zusammen, Herr Kommissar:
    - Erstens: Sie tragen einen Wintermantel.
    - Zweitens: Als Sie den Laden betreten haben, war es tatsächlich Winter.
    - Drittens: Jetzt ist es tropisch heiß.
    - Viertens: Der Laden, den Sie betreten haben, war ein anderer als der, den Sie vorhin fluchtartig verließen. Meine Güte, die Raumaufteilung war zwar sehr ähnlich aber die Einrichtung und die Waren … da war überhaupt nichts Moderneres dabei. Unfassbar, dass ich die roh gezimmerten Holzregale nicht sofort bemerkt habe. Aber sie standen an den gleichen Stellen und waren auch in etwa gleich groß, wie die in dem Laden in den ich hineingegangen bin.
    - Fünftens: Der Verkäufer wirkte nicht, als hätte er von Deutschland in seinem Leben auch nur gehört.
    - Sechstens: Die Leute in den Straßen sehen ebenfalls nicht so aus.
    - Siebtens: Das hier ist auf keinen Fall mein Zuhause, nicht mal eine deutsche Stadt.
    - Achtens: Die Sprache, die die Leute hier sprechen, habe ich nie gehört, soviel ist sicher.
    - Neuntens: Verdammt, ich bin in keinem Ort, von dem ich gehört oder gelesen hätte.
    - Zehntens: Kombiniere, ich bin ohne es mitzubekommen alleine in eine andere Welt geraten! Nein, nicht ganz allein. Die anderen Kunden waren auch nicht von hier. Ich hätte nicht kopflos davonlaufen sollen, dann wäre ich jetzt wenigstens nicht völlig auf mich gestellt. Was ein beschissener Schlamassel. Soll mich der Teufel holen, wenn ich noch eine Ahnung hätte, wo der Laden war.
    Betrübt blickte Konstantin auf den bayrischen Humpen in seinen Händen, der, trotz seiner Geschmacklosigkeit dazu herhalten musste, in einer vollkommen fremden Welt, als das einzig Vertraute Trost zu spenden. Abgesehen von der Vertrautheit war das leere Gefäß bei dieser Hitze alles Andere als ermutigend. Etwas zu trinken wäre das Gebot der Stunde gewesen. Konstantin stellte den Humpen neben sich auf der Bank ab. Er nahm sein Mobiltelefon aus der Tasche,
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