Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Gemmell
Vom Netzwerk:
Brust, die grün umhüllten Arme und Beine hatte er weit von sich gestreckt. Fell sah genau hin. Fast erwartete er, der Körper würde sich umformen, zur Gestalt eines Kaisers mittleren Alters oder zu der schwachsinnigen Kreatur aus dem schleimigen Pfuhl. Aber das tat er nicht. Es blieb der Körper eines jungen Mannes mit strähnigem blondem Haar, das im Wasser trieb. Er sah so harmlos aus.
    Indaros Beine gaben nach. Er fing sie auf, als sie fiel. Er drückte sie fest an sich.
    » Ich liebe dich«, flüsterte er.

48
    Quintos, Feldwebel der Wachen am Paradies-Tor hob seine lederne Augenklappe und rieb vorsichtig an der leeren Augenhöhle. Das fehlende Auge juckte im trockenen Sommer und schmerzte das ganze Jahr über. Quintos spritzte sich Wasser aus dem Torbrunnen ins Gesicht, und das kühle Nass tat dem runzligen, faltigen Narbengewebe gut.
    Er hatte sein Auge vor zwei Jahren in irgendeinem gottverlassenen Tal tief in den Bergen des Mondes bei einem Scharmützel mit den Blauen verloren. Er war selbst schuld daran gewesen. Sie hatten die Oberhand gewonnen und trieben die dezimierten Truppen der Blauhäute vor sich her. Der Feind war weit unterlegen, aber, und das musste Quintos zugeben, sie waren immer noch im Spiel und wichen nur Schritt für Schritt, Toter um Toter. Sein Freund und Kamerad Kallin Schwarzbart war vorangestürmt und hatte sein altes Breitschwert geschwenkt, Kehlen durchschnitten, Brustkörbe aufgeschlitzt und Löcher in ein paar Ärsche gestochen. Quintos war ihm zu dicht gefolgt und hatte sich vorgebeugt, um einem angeschlagenen Blauen das Schwert in die Eingeweide zu jagen. Im selben Moment hatte Kallin nach hinten ausgeholt und Quintos Auge sauber mit der Schwertspitze aufgespießt wie ein frisch gepelltes Ei. Der Chirurg hatte noch versucht, es zu retten, aber nach ein paar Tagen fing es an zu faulen. Es blieb keine andere Wahl, als es herauszureißen. Beim Rückzug in die Cité hatte er im Dunkeln einen Felsspalt übersehen, war hineingestürzt und hatte sich das Bein mehrfach g ebrochen. Danach wollte es nicht mehr so richtig heilen.
    Später war sein General Marcus Rae Khan gekommen, um mit ihm zu sprechen. Der Lord hatte Quintos klargemacht, dass der Krieg für ihn vorbei war. Marcus war der Einzige, von dem er sich so etwas hätte sagen lassen. Der General verstand vom Kämpfen so viel wie jeder einfache Soldat, und er wusste auch noch, was Soldatenehre bedeutet. Marcus hatte versprochen, ihm einen anständigen Posten im Dienst der Cité zu verschaffen, und er hatte sein Wort gehalten. Jetzt schützte Quintos ein Tor, das die Cité schützte, und eine ehrenvollere Aufgabe als diese hätte er sich nicht im Traum erhoffen können.
    Qiuintos humpelte wieder die Stufen neben dem großen Holztor hinauf, bis er schließlich am oberen Mauersims ankam. Da oben herrschte Stille, die beunruhigende Stille plötzlich verstummten Lärms. Eine kurze Kampfpause zwischen den Schlachten.
    Als sie erfahren hatten, dass die Cité besetzt worden war, hatte der Rest der Wachmannschaft ihre Waffen gepackt und sich schleunigst zur Front in den Süden abgesetzt. Quintos hatte ihnen keine Vorwürfe gemacht oder versucht, sie aufzuhalten, aber er selbst hatte die Stellung gehalten. Die großen Tore waren verschlossen, verriegelt und verrammelt, und das Heer der Flüchtlinge da draußen, das schon den ganzen Sommer lang versucht hatte hineinzukommen, hatte sich verzogen wie Morgennebel in der Mittagssonne. Seit Beginn des Sommers hatte sich das Paradiesviertel immer mehr geleert, die Häuser lagen verlassen da, und in den Straßen wehte der Wind den Müll vor sich her. Aber niemand hatte versucht, durch das Tor zu verschwinden.
    Quintos hatte den ganzen Tag lang noch keine lebende Seele gesehen. Er kehrte dem entvölkerten Grasland vor dem Tor den Rücken zu und schaute in die Cité. Mit seinem gesunden Auge nahm er eine Bewegung wahr und drehte den Kopf, um einen besseren Blick zu erhaschen. In einiger Entfernung ritt ein Mann mit Kapuze über einen leeren Platz auf das Tor zu. Dann verschwand er wieder zwischen den Häusern, und Quintos setzte sich, um abzuwarten, bis er wieder auftauchte. Pferd und Reiter hatten es nicht eilig, und es dauerte eine Weile, bis sie ganz in der Nähe aus einer Allee herauskamen. Der Mann war mit Stiefeln und einem Umhang bekleidet, als wollte er eine Reise antreten. Ein Deserteur, dachte Quintos und ging hinunter, um sich ihm in den Weg zu stellen.
    Von nahem sah er, dass der braune
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher