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Der Mörder aus einer anderen Zeit

Der Mörder aus einer anderen Zeit

Titel: Der Mörder aus einer anderen Zeit
Autoren: Stefan Wolf
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Adelig sah er überhaupt nicht aus, dieser Otto-Alexander Mugus
zu Grapsbach.

    »Puh!«, meinte Gaby und
lächelte etwas verkrampft.
    »Finde ich auch.« Tim grinste.
    »Er trägt Maßkleidung. Sein
Jackett ist wie ein Zelt.«
    »Wie ein Zwei-Mann-Zelt.«
    »Mit Vorzeit.«
    »Nettes Neuwort für einen
Fettbauch.«
    Alex Grapsbach nahm von niemandem
Notiz und walzte ins Restaurant, das damit zwar noch nicht überfüllt war, aber
mit Umsatz rechnen konnte.
    Tim ließ die Mini-Kamera wieder
in seine Gürteltasche gleiten. Vier Fotos hatte er geschossen — zwei von Geeber
mit Koffer, zwei von Alex mit leeren Händen. Natürlich kein Blitzlicht. Das
wäre aufgefallen. Aber im Gerät steckte ein sehr lichtempfindlicher Film. Falls
die Beweisfotos nötig sein würden — konnte man die beiden sicherlich erkennen.
    »Wir warten«, sagte Tim.
    »Hoffentlich futtern die nicht
zu lange. Alex sieht aus, als täte er’s nicht unter sechs Gängen. Dann müssen
wir hier mithalten. Aber mehr als zweieinhalb Mineralwasser schaffe ich nicht.«
    »Wir zuzeln langsam.«
    Um 12.28 Uhr kam Karl zum
zweiten Mal herein. Er berichtete, Conrad Busch hätte sich hinter Grapsbachs
Limousine — einem Rolls Royce — versteckt.
    »Wenn wir nicht wüssten, dass
er dort den Hinterhalt macht, würden wir nichts ahnen. Der Kerl hat sich auf
den Boden gesetzt. Ist nicht zu sehen.«
    »Wir warten«, sagte Tim zum
zweiten Mal.
     
    *
     
    13.44 Uhr! Endlich! Zwar eher
als befürchtet, dachte Tim, aber doch verdammt spät. Gaby ist schon völlig
genervt.
    Gleichwohl — Geeber und
Grapsbach verließen das Restaurant.
    Der Oberkellner verabschiedete
sie an der Tür mit vier Verbeugungen. Offenbar reichte das Trinkgeld für eine
Woche Urlaub an der Elfenbeinküste.
    Grapsbach trug den Koffer. Sein
gesättigtes Grinsen war prall. Geeber wirkte cool und kein bisschen
hinterlistig. Er brachte den PEW-Vorsitzenden bis zur Drehtür. Dort schieden
sie voneinander wie zwei Staatsmänner, die zwar der Welt keinen Dienst
erweisen, aber wenigstens ihr Schäfchen ins Trockne bringen.
    Tim winkte dem jungen Kellner
und bezahlte drei Mineralwasser, einen Eistee, einen Espresso und ein Stück
Schweizer Pfingsttorte, die Gaby probiert hatte.
    Leider gab’s jetzt eine Panne.
Der Kellner konnte nicht wechseln, musste zur Kasse und Kleingeld holen.
Verzögerung. Als es zu lange dauerte, düste Tim hinaus. Seine Freundin würde
nachkommen. Trotzdem — der Coup war schon gelaufen.
    Tim sah gerade noch, wie Conrad
Busch — im selben Outfit wie gestern, aber zusätzlich mit riesiger Sonnenbrille
— um die Ecke verschwand. Mit dem Koffer unterm Arm.
    Klößchen kam mit seinem Velo
hinter einer Hausecke hervor und setzte an zur Verfolgung. Aber das geschah nur
aus Sorgfalt, um den Räuber nicht aus den Augen zu lassen. Denn dass der zur
Ruth-Pension zurückwollte, war klar.
    Und er kann sich sogar Zeit
lassen, dachte Tim, braucht nichts zu befürchten. Grapsbach wird sich hüten,
die Polizei einzuschalten. Nee, das geht nicht. Nicht bei nem Koffer voller
Schmiergeld. Da wären peinliche Fragen unvermeidlich.
    Karl peste quer über den Platz,
hielt auf den Rolls Royce zu, schwenkte aber ab, als er Tim sah.
    »Du! Das war Maßarbeit.
Grapsbach saß schon hinterm Lenkrad — als Busch die Tür aufriss. Hat ihm eine
drauf gehauen, dass der Wagen wackelte. Und weg mit dem Koffer!«
    »Ich kümmere mich. Du
verstärkst Klößchen.«
    Karl lief zu seinem Velo, Tim
zu der Limousine. Niemand sonst war auf dem Blunschli-Platz. Und auch an den
Fenstern der Häuser zeigte sich kein einziges Gesicht. Allerdings bog Gaby
jetzt um die Ecke, das Wechselgeld in der Hand.
    Die Fahrertür stand offen.
Grapsbachs voluminöser Wanst wirkte eingezwängt — zwischen Lenkrad und Lehne.
Der Mann war bei Bewusstsein, aber Blut lief ihm übers Gesicht. Die Platzwunde
am Haaransatz sah vielleicht schlimmer aus als sie war. Immerhin — der PEW-Chef
keuchte. Die Brille saß noch auf der Nase. Blutverschmiert das linke Glas.
    Tim beugte sich zu ihm hinein.
»Nicht bewegen! Ich rufe den Notarzt.«
    »Nein, nein! Keinen Arzt! Ist
nicht nötig. Mir geht’s gut. Ist nur ein Kratzer.«
    »Sie bluten.«
    »Ist nur ein Kratzer.«
Grapsbach zerrte ein Taschentuch aus der Hose und drückte es auf die Wunde.
    »Ich habe alles beobachtet. Ein
Überfall. Der Kerl hat Ihren Koffer geraubt. Ich hole die Polizei!«
    »Auf keinen Fall! Nicht die
Polizei! Das wäre ja albern. Der Koffer ist leer. Ja, leer. Da kann
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