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Der Mörder aus dem Schauerwald

Der Mörder aus dem Schauerwald

Titel: Der Mörder aus dem Schauerwald
Autoren: Stefan Wolf
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niemand sah mich zurückkommen. Keine
Zeugen. Und die Tankstelle an der Autobahn hatte Hochbetrieb. Der Tankwart
konnte sich nicht an mich erinnern. Niemand hat mir geglaubt, daß ich an dem
Tag 400 Kilometer gefahren bin.“
    „Und die Tat wurde als Mordversuch
gewertet?“ sagte Tim.
    „Christine Röder“, nickte Flühter, „hatte
sehr schwere Verletzungen am Hals und an der Wirbelsäule. Im Krankenhaus
kämpften die Ärzte um ihr Leben. Man konnte sie retten. Aber sie sitzt seitdem
im Rollstuhl.“
    „Schrecklich!“ flüsterte Gaby.
    „Sie tut mir unendlich leid“, sagte
Flühter. „Ich mochte sie — so sehr mir ihr Mann auch zuwider war.“
    „Aufgrund der Vorgeschichte, Ihrer
Vorstrafen und des Messers als Beweis“, sagte Tim, „mußte man Sie für den Täter
halten.“
    „Ich weiß. Was das betrifft, bin ich
auch gar nicht verbittert. Aber ich habe die Frau nicht angerührt. Ich war gar
nicht in der Stadt.“ Er zögerte, ehe er hinzusetzte: „Ihr müßt mir glauben.“
    Nach einer Weile meinte Tim: „Und jetzt
sind Sie ausgebrochen, um die Sache klarzustellen. Gut, glauben wir Ihnen das
mal. Aber wie hätte das ausgesehen, was Sie vorhatten?“
    „Ich will mir Röder vornehmen.“
    „Also Gewalt.“
    Flühter atmete schwer. „Ich hätte ihm
zugesetzt. Er muß gestehen, daß er mein Klappmesser an den Tatort gelegt
hat.“
    „Ein Geständnis, das unter
Gewaltanwendung zustande kommt“, schaltete Karl sich ein, „gilt später nicht.
Sie dürfen froh sein, daß die fieberhafte Grippe Ihre Pläne verhindert.“ Tim
hatte nachgedacht.
    „Wenn Sie nicht der Täter sind“, meinte
er, „wer dann?“
    „Seit fünf Jahren grübele ich darüber.
Ich sehe drei Möglichkeiten. Erstens: Röder selbst hat seine Frau so
zugerichtet. Weshalb auch immer. Aber ich muß ehrlich sein. Das halte ich für
wenig wahrscheinlich. Denn ich hatte den Eindruck, daß Krake Röder seine Frau
anbetet. Trotzdem — vielleicht richtete sich seine Eifersucht für einen Moment
gegen sie. Für einen kurzen Moment, den Röder dann sehr bereut hat.“
    „Und zweitens?“ fragte Tim.
    „Ein Unbekannter hat die Tat verübt.
Ein echter Raubtäter, der am Mittag dieses Tages gänzlich unbemerkt dort
rumstrich. Die halbe Straße war am 9. September verwaist. Die meisten Anwohner
befanden sich noch im Urlaub. Es war heiß, sonnig, ein herrliches
Spätsommerwetter.“
    „Also der große Unbekannte“, stellte
Tim fest. „Und drittens?“
    „Zu meiner zweiten Überlegung gehört
noch, daß vielleicht dieser Unbekannte mein Messer gefunden — und dort verloren
oder absichtlich zurückgelassen hat.“
    „Dann wäre Röder ohne jede Schuld.“
    „Was ich aber nicht glaube. Als reine
Theorie muß ich es trotzdem einbeziehen. Denn ich war nicht sehr beliebt in der
Nepomuk-Straße. Weiß der Teufel, weshalb. Vielleicht hat irgendein Anlieger
gedacht: Dreh ein Ding. Leg Flühters Messer hin. Und schon ist der weg vom
Fenster.“
    „Das glaubt Ihnen keiner“, sagte Tim. „Oder
sind die Anlieger Schwerverbrecher?“
    Flühter schüttelte den Kopf. „Alles
brave Bürger. Damals jedenfalls.“
    Oskar schien sich zu langweilen. Er
stieß Tim mit der Pfote an. Tim begann ihn zu kraulen, und der Vierbeiner hielt
wieder still.
    „Dritte Möglichkeit“, sagte Flühter. „Röder
weiß, daß ich der Täter nicht sein kann, benutzt aber trotzdem mein Klappmesser
als Beweisstück, indem er es unterschiebt. Er tut das, weil er sich an mir
rächen will. Tatsächlich aber kennt er den wahren Täter.“
    „Sie meinen, Christine Röder hat — entgegen
ihrer Aussage — erkannt, von wem sie angegriffen wurde?“
    Flühter nickte.
    „Ich denke, sie ist lieb und nett“,
sagte Gaby.
    „Ohne Zweifel.“ Wieder stöhnte Flühter.
„Aber ich weiß doch nicht, was in ihr vorging — damals. Ich weiß nur, daß ich
mit dieser Tat nichts zu tun habe.“
    Schiet! dachte Tim. Leicht macht er’s
uns nicht. Wie sollen wir jetzt entscheiden? Immer noch ist alles drin. Er kann’s
gewesen sein — aber auch nicht. Worte sind geduldig. Besonders, wenn sie nur in
der Luft hängen wie hier. Bindet er uns einen Bären auf? Oder verdient er, daß
wir uns für ihn einsetzen?

7. Begegnung mit der Vergangenheit
     
    Wieder waren die Blumen verwelkt.
    Lutz Röder — der nicht ahnte, daß er
den Spitznamen KRAKE hatte — nahm sie aus der Vase vor dem Grabstein und
stellte den kleinen Strauß, den er mitgebracht hatte, hinein.
    Ein Düsen-Jet donnerte über
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