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Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers

Titel: Der Mittelstürmer: Die Geschichte eines schwulen Profi Fussballers
Autoren: Julian Altmann
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sich zum Glück nur eingebildet. Marc begrüßte sie alle sehr herzlich. Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Li wurde herumgereicht, und Max kriegte sich gar nicht mehr ein. »So ein hübsches Kind habe ich mein ganzes Leben noch nicht gesehen. Ich stelle mich freiwillig als Kindermädchen zur Verfügung.«
    Alle lachten.
    »Im Ernst, du brauchst jetzt solche Menschen um dich, die dir deine Tochter auch mal abnehmen.«
    Die Überraschung war ein voller Erfolg. In der Runde unterhielten sich alle gut. Marc flüsterte Max ins Ohr, wo denn Tom sein? Der schaute traurig zu Boden und meinte: »Nicht nur du hast dein Leben selbst in die Hand genommen.«
    Willma verstand sich seit Neuestem gut mit Eva, sie verstrickten sich gerade wieder in eine Diskussion über Kindererziehung. Marc musste innerlich lachen, als er diesen beiden so unterschiedlichen Frauen zuhörte.
    Li war zur Aufgabe Nummer eins in Marcs Leben geworden. Sie war der Sonnenschein, der ihm die Rückkehr nach Deutschland versüßte. Max hatte sein Versprechen gehalten und erfüllte die Rolle als Großvater aufs Beste. Aber Marc war bewusst, dass er sich um seine Zukunft kümmern musste. Die erste Hürde war der Agenturvertrag, er musste um sein Geld kämpfen.
    »Sie haben uns ein falsches Image vorgespielt, und daher werden wir nicht zahlen.« Der Agenturchef hörte sich wie immer sehr selbstgefällig an. »Wir haben mit der Kampagne eine komplett falsche Zielgruppe erreicht. Wissen Sie, was das das Unternehmen kostet? Und als Werbeträger hatten Sie auch eine gewissen Verantwortung.«
    »Sind Sie jetzt fertig«, wollte nun Marc und wissen und wunderte sich, warum er mit ihm wieder per Sie war. Der Agenturchef war über Marcs Ruhe ein wenig irritiert und schwieg. »Gut«, meinte Marc. »Tatsache ist, dass Sie mich engagiert haben. Tatsache ist, dass Sie zu mir gekommen sind und mich gebeten haben. Und Tatsache ist, dass Sie mein Privatleben rein gar nichts angeht.«
    »Das sehe ich nicht so«, begann dieser erneut. Doch Marc stand einfach auf und meinte noch beim Hinausgehen: »Wie das gesehen wird, soll das Gericht entscheiden. Aber eines sage ich Ihnen, wenn es so weit kommt, dann schalte ich die Presse ein. Und dann wird jeder erfahren, was für ein homophober Spiegelwichser Sie sind. Dann verstehen Sie vielleicht, was ein Imageschaden wirklich bedeutet.«
    Er knallte die Tür hinter sich zu und fuhr nach Hause. So sehr Marc innerlich kochte, er war stolz auf sich, diesem aufgeblasenen Typ aufrecht gegenübergetreten zu sein.
    Li spuckte den Karottenbrei in alle Richtungen. Sie fand das lustig. Marc versuchte es nochmals. »Mhm, das ist wirklich gut.«
    Er nahm einen Löffel, um ihr zu zeigen, wie gut es schmeckt. Am liebsten hätte er, genau wie sie, den widerlichen Brei in alle Richtungen gespuckt. Also ließ er sich erweichen und brachte ihr ihre geliebte Flasche. Egal, er konnte sich und sie nicht schon wieder umziehen. So schlüpfte er in seine Jacke, legte Li in den Kinderwagen und ging in den Park. Die Karottenflecken auf Marcs Hose und T-Shirt leuchteten schon von Weitem. In diesem Park begegnete er ja meistens Müttern, die sicherlich Verständnis für seine Situation hatten.
    Er setzte sich auf eine Bank und zog wieder einmal die Seiten mit der letzten E-Mail von Rachen hervor. Er hatte erste Zeichnungen für das Hotel anfertigen lassen. Marc konnte sich daran gar nicht sattsehen.
Li war inzwischen eingeschlafen und schlummerte friedlich vor sich hin. Versunken in seine Unterlagen bemerkte er nicht, dass ein Mann sich ihnen näherte. Erst als dieser vor ihnen stand, blickte er auf. Er wollte schon weiterlesen, als er nochmals hochguckte.
    »Christian?« Er spürte einen Stich. Wie lange hatte er Christian nicht mehr gesehen? Marc wusste nicht, wie er reagieren sollte. Idiotischerweise streckte er ihm unsicher seine feucht gewordene Hand entgegen. Christian ignorierte sie und setzte sich neben Marc auf die Bank. Christian blickte lange ins Leere und sagte nichts. Marc, dem es die Stimme verschlagen hatte, rutschte unruhig hin und her. Es dauerte lange, bis Christian zu sprechen begann: »Ich vermisse dich!«
    Marc wurde seltsam ruhig. Er fand sogar den Mut, Christian in die Augen zu blicken.
    »Ich dich auch Christian. Ich dich auch«, sagte er nochmals zu sich selbst. »Aber ich bin nicht mehr der Marc, den du kennst.«
    Christian ignorierte Marcs Worte und beugte sich über den Kinderwagen.
    »Das ist also Li, deine Tochter.«
    Marc
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