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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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Außerdem sei davon auszugehen, dass Tatort und Fundort der Leiche nicht übereinstimmten.
    Mit anderen Worten: Der Mörder hatte Katarina P. im Wald abgeladen.
    Mir gegenüber hatte Stürzenbecher erwähnt, dass es Parallelen zum Fall Benningdorf gab. Die Ermordete sei ebenfalls gefesselt und vergewaltigt worden. Davon stand in den Zeitungsberichten nichts. Wohl um falsche Geständnisse auszuschließen.
    In den nächsten Tagen rutschte der Mordfall Katarina P. im Lokalteil immer weiter nach hinten. Ihr Fahrrad wurde gefunden, und dann ihre lederne Umhängetasche. Es gab widersprüchliche Aussagen über einen blauen Volkswagen, den einige abendliche Spaziergänger in der Nähe des Steiner Sees gesehen haben wollten. Die Mordkommission kam keinen entscheidenden Schritt weiter.
    Dann verschwand Katarina P. aus den Zeitungsspalten. Die Öffentlichkeit hatte sie vergessen. Die Mordkommission würde den Fall nicht so schnell abschließen. Die Akten blieben monate-, manchmal sogar jahrelang geöffnet. Bis der Zufall zu Hilfe kam. Oder auch nicht.
    Franka war enttäuscht. »Und was nützt uns das?«
    »Nichts. Wenn wir wenigstens Katarinas Nachnamen wüssten.«
    »Was machen wir jetzt?«
    »Was ich immer in einem solchen Fall mache: Stürzenbecher anrufen.«
     
    Stürzenbecher grunzte: »Du hast wirklich eine Begabung, zum ungünstigsten Zeitpunkt anzurufen. Kaum glaube ich, dass ich mal eine halbe Stunde Ruhe habe – wer klingelt da? Georg Wilsberg. Was willst du jetzt schon wieder?«
    »Du hast mir neulich von dieser ermordeten Studentin erzählt.«
    »Und?«
    »Wie hieß sie mit vollständigem Namen?«
    »Warum willst du das wissen?« Misstrauisch.
    »Wegen der Parallelen zum Fall Benningdorf. Zitat Stürzenbecher.«
    »Ich denke, der Fall Benningdorf ist erledigt. Oder wie darf ich den Auftritt von Schwarz und dir vor der versammelten Weltpresse verstehen?«
    »Trotzdem. Ich will nur eine Kleinigkeit überprüfen.«
    Er dachte nach.
    »Komm schon!«, bettelte ich. »Es ist auch ein Essen beim Italiener drin.«
    »Hast anständig bei Schwarz abkassiert, was? Plistor. Sie hieß Katarina Plistor. Katarina ohne H.«
    »Und ihre Eltern wohnen in Münster?«
    »Fall bloß nicht den Eltern auf den Wecker! Die sind völlig fertig. Katarina war ihr einziges Kind.«
    »Du weißt, wie sensibel ich sein kann.«
    »Oh ja. Das erlebe ich täglich am eigenen Leib.«
    Ich wartete.
    »Sie wohnen auf der Insel.«
    »Welche Insel?«, fragte ich erstaunt.
    Stürzenbecher lachte. »Es gibt nur eine bewohnte Insel in Münster. Die Kanalinsel in Hiltrup. Und wenn du etwas herausfindest …«
    »… erfährst du es als Erster. Übrigens, wieso brauchst du eine halbe Stunde, um auf Touren zu kommen?«
    Er fluchte und legte auf.
    Franka hatte mitgehört und war schon unterwegs, um den Stadtplan zu holen.
    Wir breiteten ihn auf dem Tisch aus. Südlich von Hiltrup gabelte sich der Dortmund-Ems-Kanal in eine I. und eine II. Fahrt. Mitten durch die künstliche Insel floss der Emmerbach. Und es gab tatsächlich ein paar Häuser.
    Ich zeigte auf den Steiner See. »Die Leiche lag nur ein paar hundert Meter vom Elternhaus entfernt. Der Mörder scheint einen Sinn für makabren Humor zu haben.« Ich schaute auf die Uhr. Kurz vor zehn. »Ein bisschen spät für einen Besuch. Andererseits …«
    »Ich komme mit«, sagte Franka.
    »Das geht nicht.«
    Sie stemmte die Fäuste in die Hüften. »Warum nicht?«
    »Ich möchte die Eltern nicht verschrecken. Sie sind gramgebeugt und vermutlich konservativ in ihren Anschauungen.«
    »Was laberst du für eine Scheiße, Georg?«
    »Ich meine, wenn sie deine löchrige Jeans und deine bunten Haare sehen, könnten sie uns die Tür vor der Nase zuknallen.«
    »Dann verkleide ich mich eben.«
    Ich verdrehte die Augen. »Als was?«
    »Als braves Mädchen. Das wäre nicht das erste Mal. Ich brauche nur fünf Minuten.«
    Es hatte keinen Sinn, mit Franka zu streiten.
     
    Ich wartete im Wagen vor Frankas Wohnung. Eine junge Frau kam aus dem Haus. Sie trug ein beiges Kostüm, hochhackige Schuhe und eine blond gelockte Frisur. Ich stutzte. Ich gaffte. Sie stöckelte zur Beifahrerseite des Saab. Sie setzte sich neben mich.
    »Na, wie sehe ich aus?«
    Ich kriegte einen Lachkrampf.
    »Was ist daran so lustig?«
    Ich biss mir auf die Lippe. »Du siehst aus wie die junge Inge Meysel.«
     
    Wir fuhren auf der Hammer Straße nach Süden. Hinter der ersten Kanalbrücke bogen wir auf einen schmalen, unbeleuchteten Seitenweg ab. Ich
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