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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman
Autoren: Aufbau
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wenn ich noch meinen Kater auskotzte. Oder er reinigte mit Hingabe seinen deutschen Revolver. Eines Tages dann erfuhren wir aus dem Atacameño , dass der Satan in Valparaíso vor Gericht geladen war. Der Tod des jungen Dichters José Monteforte aus Antofagasta hatte zwei Carabineros ins Gefängnis gebracht. Aufgeregt wedelte ich mit der Zeitungsseite vor Sofanors Nase herum, aber der Idiot konnte nicht lesen, zumindest konnte er es schlechter als ich. Er setzte zwar ein interessiertes Gesicht auf und ließ dabei den Revolver um seinen Zeigefinger kreisen, doch später musste ich ihm alles noch mal genau erklären.
    »Steck die Knarre weg«, sagte ich. Es machte mich nervös, dass er den ganzen Tag diese Waffe polierte. »Nicht dass sie mit ihrem Glitzern noch die Geier anlockt.«
    »Entspann dich, du Spinner«, sagte er. »In der Hauptstadt gibt es keine Geier.«
    Nach der Neuigkeit, dass López-Cuervo sich offenbar in Valparaíso aufhielt, beschlossen wir, auf der Stelle aufzubrechen. In die nördlichen oder südlichen Provinzen reiste man von der Hauptstadt aus grundsätzlich auf dem Seeweg, auf Dampfern, die die gesamte Westküste Südamerikas entlangschipperten. Von Santiago nach Valparaíso allerdings mussten wir den Zug nehmen. Eine unserer Mitbewohnerinnen auf dem Gelände hatte uns den Namen und die Adresse einer alten Frau gegeben, die in Valparaíso auf dem Markt am Hafen arbeitete. Und tatsächlich ließ die Alte uns drei oder vier Tage in ihrem Lagerschuppen übernachten. Ich erinnere mich noch, dass er vergittert war und ein Schloss hatte, zu dem ein verflixter Schlüssel gehörte, auf den wir gut aufpassen sollten. Und daran, dass wir, als wir keinen Tabak mehr hatten, dauernd auf getrockneten Eukalyptusblättern herumkauten oder auf Blättern von irgendeinem anderen Baum.
    Viele Jahre später sollte ich dich in einer Ecke sitzen sehen, Sofanor, mit fröhlichem Blick, einem spöttischen Lächeln auf deinen erstarrten Lippen, tot mit gerade mal vierunddreißig, aus übertriebenem Stolz. Warum hast du die Inglesa nicht gefragt, was sie in diesen elf Monaten getrieben hat? Was hat dir nur so die Sprache verschlagen, verdammt? Aber du wolltest dich ja lieber weiter mit deinen Zweifeln herumplagen, hast die quälenden Gedanken geschluckt, um deiner Ausländerin mit dem atemberaubenden Körper und dem gebürsteten Haar zu gefallen, verflucht, dabei zerfraß dir die Ungewissheit die Eingeweide.Ich weiß nicht, wer von uns der miesere Krieger war, du wegen der Zeremonie mit den zerfledderten Rosen oder ich, weil ich mich feige von den Raubzügen zu den Geschäften am Hafen zurückgezogen hatte, um schließlich das Arche zu führen. Dieses Bordell war die rettende Idee. Ich gestehe, dass ich für keine der Arbeiten geeignet war, um die ich mich bewarb. Wegen meiner Angst vor der See musste ich selbst die Jobs als Fischer ausschlagen, ich taugte gerade mal dazu, mit dem Fischkarren durch die Gegend zu ziehen.
    Nun, wie gesagt, für drei, vier Nächte machte uns die Alte also Platz in ihrem Lagerschuppen auf dem städtischen Markt. Dort schliefen wir viel besser als zuvor auf dem Gelände, und ihre Fischsuppe richtete uns wieder auf. Manchmal strich sie uns sogar über den Kopf, als wären wir ihre Enkel. Den Schlüssel überließ sie uns, damit wir zum Pinkeln rein- und rausgehen konnten. Und dieser verfluchte Schlüssel war ein wichtiges Detail in dem Plan, den Sofanor heimlich ausheckte. Eines Abends nämlich, es waren genau drei Jahre seit Petronilas Tod vergangen, entdeckte mein Freund den Satan López-Cuervo zufällig in einem Restaurant auf dem Cerro de Concepción. Er folgte ihm auf Schritt und Tritt, bis er herausfand, dass er in einem von Pflanzen und Sträuchern umgebenen Gemäuer mit seiner Frau und seinem fünfjährigen Sohn López-Cuervo II lebte. Doch verriet er mir nichts von seiner Entdeckung, obwohl wir so lange schon an einem gemeinsamen Racheplan feilten.
    Als ich nach unserer dritten durchzechten Nacht in Valparaíso erst spät aufwachte, war er nicht da. Der Mistkerl hatte das Gitter abgesperrt und mich wie einen Gefangenen in dem Schuppen zurückgelassen. Erst am Nachmittag kam er zurück, der Schweiß stand ihm im Gesicht und rann ihm bis in den Hemdkragen.
    »Gehen wir, Samu, es ist Zeit, in den Norden abzuhauen.«
    »He, was ist passiert, du Arschloch?«, fragte ich.
    »Ich habe ein paar Päckchen Colmena besorgt und genug Geld, um aus uns Herumtreibern ehrbare Passagiere zu
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