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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman
Autoren: Aufbau
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Aufziehmechanismus, wie man die Zahnräder einstellte, welche die Zeiger in Gang setzten und den kleinen Zeiger, der hinterherlief und das Klingeln auslöste. Ich dachte, er wollte ihn als Geschenk für die Inglesa, später wurde mir dann klar, dass ich mich gründlich geirrt hatte. Für sie war es wichtig, einen Wecker zu haben, der ihnen die Müdigkeit und den Schlaf austrieb, um so rasch wie möglich ihre Fahrt zur Hölle fortzusetzen. Schließlich stellte mir das Großmaul einen Vitrola auf die Theke und wollte mich umarmen, was ich abwehrte. Ich verstand seine Euphorie nicht.
    »Dieses Grammophon ist für dein Lokal, Samu. Leg eine Platte auf und lass sie tanzen!«
    Das war das Letzte, was er sagte, bevor er sich davonmachte. Ich weiß noch, wie ich dachte: elender Mistkerl. Was wusste ich schon über die neuen Methoden, mit denen sie jetzt Tresore knackten! Das habe ich auch López-Cuervo II erzählt, doch er beharrte darauf, es müsse jemanden aus ihrer Vergangenheit geben, der sie tot sehen wollte, und dieser Verdächtige könne nur ich sein. Er wollte mich unbedingt hinter Schloss und Riegel bringen, er fand bloß keine schlüssigen Beweise. Ich hatte ein Jahr im Knast gesessen, weil ich der Flor diese Bluse besorgt hatte. Das restliche Geld meines Überfalls wartete geduldig in einer Flasche zwischen den Felsen auf mich, ganz in der Nähe des Felsentors von Antofagasta. Als ich rauskam, habe ich den Fischkarren aufgegeben und die Beute umgehend ins Arche Noah investiert, ein rentables Geschäft,wo die Leute ihre Einsamkeit in der Wüste totschlagen konnten. Deine Großmutter hatte auf mich gewartet, Benito. Sie arbeitete als Serviererin in einer Schenke, aber dann hat sie ihren Job dort geschmissen, um mit mir gemeinsam den Laden aufzubauen. Flor war so warmherzig, dass es eine Freude war, sie zu lieben. Sie kümmerte sich mit einem heiligen Eifer um streunende Hunde, solche, die vom Zug angefahren worden waren oder morgens tot auf der Landstraße lagen. Eines Tages kehrte sie von ihren Mittagsbesorgungen mit einem Hundebaby heim, mein Gott, ein Hündchen, und später noch eins. Sie konnte den Anblick schutzloser Tiere einfach nicht ertragen. »All die verhungerten Straßenkinder, die in den Salpeterlagern um Arbeit betteln, all die Einsamen, die von einem Ort zum anderen ziehen auf der Suche nach etwas zu tun. All das Zeugen und Gebären, nur um sie anschließend auf die Straße zu jagen«, klagte meine Florcita bekümmert, als sie erfuhr, dass sie selbst keine Kinder kriegen konnte.
    Tagsüber betrieben wir das Arche Noah als Schenke, und zu später Stunde kamen dann die Mädchen, um ihre nächtlichen Künste zu beweisen. Meine Aufgabe war es, abends zu öffnen. Ich stand hinter der Theke und freute mich, die Taugenichtse aus dem Süden mit ihren Sandalen hereinströmen zu sehen, ausgelaugt vom Anblick der Wüste und vom Gefühl der brennenden Sonne auf der Haut. Tag für Tag trafen mehr von ihnen ein, enttäuscht und durstig verhökerten sie ihre wenigen mitgebrachtenErsparnisse im Wirtshaus. Die Soldaten, die man abgestellt hatte, um in unserem Dorf für Ordnung zu sorgen, hielten es ebenfalls nicht lange aus und desertierten bei der erstbesten Gelegenheit. Die Niedergestochenen, die man am Morgen nach einer Feier auf der staubigen Straße fand, und der Geierschwarm, der anschließend kreiste und auf ein Stück Fleisch lauerte, waren ein allzu grotesker Anblick für junge Männer, die gerade erst den Wehrdienst hinter sich hatten.
    Aber da gab es noch Pater Alzamora, der alle Gewalttaten absegnete und sich beim Bürgermeister über den Namen unseres Bordells beschwerte. Ich hatte immer die gleiche Ausrede auf Lager.
    »Was soll ich machen, Hochwürden? Daheim hat die Hausherrin das Sagen, und sie liebt nun mal ihre Tiere. Wenn Sie wüssten, wie es bei uns zu Hause aussieht. Daher der Name – Arche Noah . Außerdem ist es ein Zugeständnis an Ihre Freundin Trinidad, eines der beliebtesten Mädchen.«
    Dem Pfaffen stieg die Zornesröte ins Gesicht bei der Erwähnung von Trini, dem Mädchen, das ihm manch eine Nacht zu Willen war. Mir waren Alzamoras Nachstellungen gleichgültig. Jedem Tierchen sein Pläsierchen.

Valparaíso, 1917 – 1920
    Ich lief dicht am Wasser entlang, wo ich auf all die von der Brandung angespülten Äste und Muscheln trat, neugierig, was es mit dem Lumpenbündel auf sich hatte, das weiter hinten trieb. Meine Schritte hinterließen kein Geräusch. Als ich näher kam, sah ich eine
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